Man sieht deshalb immer wieder den selben Astrophysiker im Fernsehen, weil der es sich leisten kann, ins Fernsehen zu gehen. Harald Lesch – ich nehme mal an, er ist gemeint – hat seit 1995 eine Professur an der Uni München. Als er 1998 damit begann, die Serie “Alpha Centauri” zu moderieren, musste er sich keine Gedanken mehr über seine wissenschaftliche Karriere machen und war frei, diverse Projekte im Fernsehen zu verfolgen. Ein Wissenschaftler, der erst am Beginn seiner Karriere steht, könnte sich dieses Engagement vermutlich nicht leisten, selbst wenn er wollte.
Eine Einrichtung wie das NaWik ist sicherlich eine gute Idee und es ist gut, dass es nun existiert. Aber das Problem ist viel grundlegender; es ist ein politisches Problem. Solange in der Wissenschaftsförderung und bei der Beurteilung wissenschaftlicher Karrieren weiterhin nur die Forschungsarbeit und die Publikationen eine Rolle spielen, kann man noch so viele Kurse in Wissenschaftskommunukation anbieten: Die Wissenschaftler werden es sich nicht leisten können, sie zu absolvieren. Es werden weiterhin nur die Idealisten und Naturtalente “den Dialog mit der Öffentlichkeit wagen”. Natürlich könnte man das leicht ändern. Man müsste den Forschern nur die Möglichkeit geben, Öffentlichkeitsarbeit zu machen, ohne dabei ihre Karriere zu beschädigen. Engagement in Lehre und Öffentlichkeitsarbeit sollte bei der Beurteilung eines Wissenschaftlers genauso viel wert sein wie die Forschungsarbeit. Das ist keine unvernünftige Forderung, denn meiner Meinung nach ist Wissenschaft mehr als nur reine Forschung. Wenn diese Forschung nicht auch weitergetragen und kommuniziert wird, ist sie sinnlos. Kommunikation über die Forschung sollte genau so wichtig sein wie die Forschung selbst.
Wenn heute irgendwo eine Stelle an einer Uni ausgeschrieben wird, dann beinhaltet die meistens auch die Verpflichtung, ein paar Stunden pro Woche zu lehren. Als ich zum Beispiel an der Uni Jena gearbeitet habe, waren es bei mir 4 Stunden pro Woche; mein Chef, der eine Professur innehatte, musste 8 Stunden Lehre pro Woche leisten. Was würde dagegen sprechen, Stellen auszuschreiben, die 20 oder 30 Stunden Lehre pro Woche beinhalten? Die Wissenschaftler die gut darin sind, zu lehren und Spaß daran haben, könnte sich auf so eine Stelle bewerben und den Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Wissensvermittlung legen. Und wer keinen Bock auf Vorlesungen hat, der bewirbt sich um eine Forschungsstelle. Gleiches könnte man auch mit der Wissenschaftskommunikation machen (wie es nebenan auch Markus Pössel in einem lesenswerten Artikel fordert).
Ein Wissenschaftler sollte sich nicht schämen müssen, wenn er weniger Publikationen vorzuweisen hat, als sein Kollege, wenn er als Ausgleich dazu Erfolge in Lehre und Öffentlichkeitsarbeit nachweisen kann! Wenn es sich lohnt, Wissenschaftskommunikation zu betreiben, wenn das Engagement dafür die eigene Karriere fördern kann und ihr nicht schadet, dann werden Institute wie das NaWik sich vor Teilnehmern kaum retten können. Aber so lange die Situation so bleibt wie jetzt, werde sich vermutlich auch am NaWik nur die Leute treffen, die sich sowieso schon auf diesem Gebiet engagieren (Ich hab dazu keine Infos auf der Homepage gefunden, aber: Wer zahlt die Kurse eigentlich? Sind die für die Teilnehmer kostenlos? Wer zahlt die Reisekosten, usw? Die meisten Arbeitsgruppen haben schon zu wenig Geld, damit ihre Leute auf alle relevanten wissenschaftlichen Konferenzen fahren können. Da wird man kaum Geld ausgeben, um jemand zu einer Interview-Schulung nach Karlsruhe zu schicken?).
Ich weiß nicht, wie man das Problem lösen könnte. Das NaWik ist ja keine politische Lobby-Organisation und es ist nicht seine Aufgabe, solche Themen zu behandeln. Aber irgendjemand bzw. irgendeine Organisation müsste diese Überzeugungsarbeit leisten. Aber das wird vermutlich nicht passieren. Wenn Universitäten Stellen ausschreiben, dann werden sie weiter ausschließlich “exzellente und international anerkannte Forschung” fordern, und ob jemand Kurse am NaWik absolviert hat oder nicht wird keine Rolle spielen. Wenn Fördergemeinschaften wie die DFG Projekte begutachten, dann wird weiterhin die Länge der Publikationsliste eine wichtige Rolle spielen und die Liste der populärwissenschaftlichen Vorträge kann noch so lang sein, sie wird eine kürze Publikationsliste nicht wett machen können.
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