“Mit einem Fernglas oder einem Teleskop kann man den verschwommenen Fleck auflösen und erkennt eine wunderbare Spiralgalaxie, die ungefähr zwei Millionen Lichtjahre entfernt ist. Wenn sie Andromeda anschauen, sehen Sie das Licht, das von ihren Sternen vor mehr als zwei Jahren ausgeschickt wurde (…)”

Aber diese Häufung wie in “Elefanten im All” ist nicht normal (hier hat jemand noch ein paar andere Fehler im Buch aufgelistet).

Hinzu kommt, dass dem Buch ein roter Faden fehlt. Moore will über alles sprechen und das auf knapp 350 Seiten. Zuerst kommt eine Einführung in die Geschichte der Menschheit und die Entwicklung der Wissenschaft, dann wird erklärt, wie man die Zeit misst oder das Alter der Erde und der Sterne bestimmt und Urknall und dunkle Materie haben in Kapitel 2 auch noch Platz. Dann kommt in Kapitel drei nochmal der Urknall dran und Kapitel 4 erklärt wie Planeten und Sterne entstehen. In Kapitel 5 wird dann nochmal die komplette Entwicklung des Universums vom Urknall bis heute erzählt, diesmal allerdings auf der oft verwendeten 24-Stunden-Skala wo um Mitternacht das Universum entsteht und dann, fast 24 Stunden später, eine Zehntelsekunde vor Mitternacht, die modernen Menschen erscheinen. Kapitel 6 handelt dann plötzlich vom Gehirn, Neurophysik und Informatik und in Kapitel 7 geht es um Aliens und die Entstehung des Lebens während Kapitel 8 und 9 über die Zukunft der Erde und des Universums spekulieren. Kapitel 10 erläutert die Quantenmechanik und Kapitel 11 spekuliert nochmal über das Ende des Universums und den Sinn des Lebens. Und am Anfang eines jeden Kapitels findet man eine kurze autobiografische Anekdote die meistens von Moores Klettertouren in der Schweiz und den USA erzählt.

Wie gesagt. Die Geschichten selbst sind nicht schlecht. Moore schreibt gut und verständlich, wenn man von den Fehlern absieht. Aber es geht alles drunter und drüber und kreuz und quer und eine Geschichte wird selten zu Ende erzählt. Viele wichtige Konzepte werden nur kurz erwähnt und unerklärt gelassen. Die Inflation im frühen Universum (der eigentliche Urknall) wird mit dem Satz “Es gibt die Mutmaßung, eine Instabilität in der Vakuumenergie habe nun eine unglaublich rasche Expansion des Raumes angetrieben, die sogenannte Inflation.” abgehandelt – und der Leser darf selbst herausfinden, was “Vakuumenergie” sein soll und warum eine Instabilität dort den Raum expandieren lässt. Im Kapitel über das Gehirn tauchen “NAND-Logikgatter” genauso schnell auf wie sie wieder verschwinden und die Entstehung des Lebens auf der Erde wird in vier Sätzen (nicht wirklich) erklärt.

Vermutlich wäre das Buch besser geworden, wenn Moore sich auf ein Thema konzentriert hätte oder zumindest einen halbwegs verständlichen roten Faden für die Geschichten gefunden hätte. Es spricht ja absolut nichts dagegen, viele verschiedene Geschichten in einem Buch zu erzählen. Aber wenn man alle Geschichten erzählen will, muss man entweder ein sehr dickes Buch schreiben – oder man endet dann eben mit ein paar guten Stories und ein paar unbefriedigenden Andeutungen wie in “Elefanten im All”. Ich hatte ja eigentlich gehofft, in Moores Buch etwas über seine eigentliche Arbeit zu lesen. Die großangelegten kosmologischen Simulationen die zeigen, wie sich nach dem Urknall die ersten Sterne und Galaxien bilden. Die Geschichte, wie er sich gemeinsam mit seinem Kollegen Joachim Stadel selbst einen Supercomputer zusammengebastelt hat (die zBox, damals der schnellste Rechner in der Schweiz). Ein Buch über die Rolle der Computersimulationen für das Verständnis des Universums – angefangen von den ersten simplen Versuchen bis hin zu den riesigen Simulationen von heute. Naja, ich kann es Moore nicht vorwerfen, dass er das Buch geschrieben hat, das er schreiben wollte und nicht das, das ich gerne gelesen hätte. Und vielleicht bin ich auch zu streng. Wie gesagt, die Geschichten selbst sind nicht schlecht. Und Moore hat dieses Buch ja auch nicht für Astronomen geschrieben, wie er in diesem Interview sagt:

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Kommentare (16)

  1. #1 knorke
    19. November 2012

    Ich frage mch ob da womöglich auch nur schlampig übersetzt wurde?
    Wenn Moore sowas weiß wird er es doch nicht so fehlerhaft formulieren können?! Oder hat er da einfach den Hivi oder Doktoranden mal schreiben lassen und selbst gar nicht gegengelesen?

  2. #2 Chintamani Chary
    19. November 2012

    Hast du schon was über pflanzen nach einen Mondkalender geschrieben? Ich habe noch keine klare Wiederlegung gefunden, und ich glaube es wäre schon dein Ding.

  3. #3 Florian Freistetter
    19. November 2012
  4. #4 Oliver Debus
    19. November 2012

    “Mit einem Fernglas oder einem Teleskop kann man den verschwommenen Fleck auflösen und erkennt eine wunderbare Spiralgalaxie, die ungefähr zwei Millionen Lichtjahre entfernt ist.

    Man braucht schon ein ziemlich großes Teleskop um die Andromedagalaxie als schön aufgelöstet Spiralgalaxie zu sehen. Oder einen sehr dunklen Himmel. Im Fernglas bleibt es ein Fleck und selbst in meinem 12″ Spiegelteleskop mit 1500 mm Brennweite bleibt es ein Nebelfleck mit einem hellen Zentrum.

  5. #5 Der Optimierer
    19. November 2012

    Auf dem Bild ist eine Rakete zu sehen beim ersten Buch mir scheint so als wäre diese von Tim und Struppi kopiert worden im Cartoon landen sie mit so einer Rakete auf dem Mond

  6. #6 Paul
    19. November 2012

    “Beim Urknall selbst entstanden Wasserstoff und Helium (plus ganz wenig Lithium). Der ganze Rest kam aus den Sternen.”

    Wurde nicht auch bereits Beryllium beim Urknall gebildet? Oder war der nicht stabil? Ist der aktuellste Stand der, dass Beryllium ausschliesslich bei Supernovae-Explosionen entstanden ist (ähnlich wie alle Elemente schwerer als Fe)? Danke für den guten Artikel, übrigens.

  7. #7 Alderamin
    19. November 2012

    @knorke

    Viele Fehler passieren bei der Übersetzung solcher Bücher, weil die Übersetzer sich zwar im Allgemeinen gut in den beiden Sprachen zurecht finden, aber nicht notwendigerweise auch im behandelten Thema.

    Wie oft wurden aus “billions” schon Billionen? Ich hab’ Nachrichtensprecher im Öffentlich-Rechtlichen schon ohne mit der Wimper zu zucken vorlesen hören, dass der Saturn 1,5 Millionen km weit weg sei (Milliarden wären es gewesen, hier wurden aus billions dann gleich Millionen).

  8. #8 Florian Freistetter
    19. November 2012

    @Alderamin, knorke: Selbst wenn es an der Übersetzung liegt – ist durchaus möglich – bestätigt das nur meinen Eindruck, dass dieses Buch enorm schlampig gemacht ist. Und es wundertmich wirklich, wo die ganzen überschwenglichen Reviews herkommen…

  9. #9 JaJoHa
    19. November 2012

    @Paul
    Be-8 ist Instabil, nur Be-9 ist stabil. Das heißt einfach nur, das du Beryllium nicht einfach durch Fusion von zwei Heliumkernen bekommen kannst. Andere Prozesse (vorallen Spallation, für Neutroneneinfang etc müsste ich eine Nukleidkarte für suchen) können dir das erzeugen.

  10. #10 Paul
    19. November 2012

    @JaJoHa: Danke für deine Antwort. Ich bin ja kein Naturwissenschafter, aber einfach sehr interessiert. Was ist der Unterschied zw. den beiden Be-Varianten, ausser dass die eine stabil und die andere instabil ist? Um welches Beryllium handelt es sich bei jenem in unserer Erdkruste? Um das Be-9?

  11. #11 JaJoHa
    19. November 2012

    Ich hoffe die etwas längere Erklärung darf ich hier posten
    @Paul
    Es handelt sich um Isotope desselben Elements.
    Welches Element es ist sagt dir die Kernladungszahl, auch Ordnungszahl genannt. Das ist die Anzahl an Protonen im Atomkern. Für Wasserstoff zum Beispiel ist die 1, für Helium 2 und bei Beryllium 4.
    So ein Atomkern enhält aber (fast) immer auch Neutronen. Die sind etwa genau schwer wie Protonen, aber ohne elektrische Ladung. Für die chemischen Eigenschaften spielen die praktisch keine Rolle. Aber Neutronen halten den Kern zusammen, weil sie bei der Kernkraft mit zählen (die Kraft, die den Atomkern zusammenhält), aber nicht bei der elektrischen Wechselwirkung, die die Protonen auseinanderdrückt.
    Ob jetzt ein Atom stabil ist kannst du in solchen Tabellen nachschlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Nuklidkarte).
    Ob es stabil ist oder nicht hängt von mehreren Faktoren ab. Das geht allerdings etwas komplizierter.
    In der Erdkruste wirst du vorallen das stabile Isotop finden, Be-10 ist, wahrscheinlich vorallen aus Spontanspaltungen und Clusteremission, minimal enthalten
    Ich hoffe das war einigermaßen verständlich

  12. #12 Olaf aus HH
    19. November 2012

    Zu Anna Frebel: Das Video ist wunderbar, herrlich erklärt, sehr sympathisch !
    “Ja – die Astronomie ist eine schöne Wissenschaft.”
    12:20: “…und genau das haben wir gemacht. Wir konnten also diesen Stern dann auf äh ungefähr 13,2 Milliarden Jahre datieren – und das ist schon ganz schön alt.” und sie lacht – herrlich !
    Herzlichen Dank für dieses Video.

  13. #13 bewitchedmind
    21. November 2012

    Wo wir beim Thema Lektorat sind, ein kurzer besserwisserischer Zwischenruf: Ich lese die Buchrezensionen in diesem Blog immer mit großem Interesse – und würde mich freuen, wenn, wie bei Besprechungen üblich, die bibliographischen Daten erwähnt würden, also Verlag, Seitenzahl, und, nicht ganz unwichtig, der Preis.
    (Sorry, Berufskrankheit. ^^)

  14. #14 ZeT
    23. November 2012

    Mein letztes Buch war Hawkings/Mlodinovs “der grosse Entwurf”. Gut erklärt und anschauliche Bilder.

    Zu empfehlen. 🙂

  15. #15 Florian Freistetter
    23. November 2012

    Zur Information: Ben Moore hat mir heute eine Email mit einigen Klarstellungen geschickt. Ich habe dem Text einen Nachtrag hinzugefügt.

  16. […] Video mit Erklärungen von Anna Frebel, die auch an der Entdeckung beteiligt war und zu dem Thema auch ein Buch geschrieben […]