Letzte Woche war ich in einer Grundschule und habe dort etwas über Astronomie erzählt. Und wieder einmal festgestellt, wie leicht man Kinder für Wissenschaft begeistern kann. Kleine Kinder sind Forscher; sie wollen alles wissen, alles verstehen und alles herausfinden. Sie stellen ständig Fragen und haben keine Hemmungen, auch “dumme” Fragen zu stellen. Und wenn sie Glück haben, dann finden sie kompetente und vernünftige Lehrer, Eltern oder andere Erwachsene, die ihnen kompetente und vernünftige Antworten auf ihre Fragen geben. Wenn sie aber Pech haben, dann geraten sie an Leute, die ihnen mit voller Ernsthaftigkeit großen Unsinn einreden. Das ist vor einiger Zeit in Münster passiert.
Der “Künstler” Thomas Nufer hat dort das Projekt “Kammerton Aa” ins Leben gerufen. Die Aa ist ein Fluss in Münster und Nufer wollte bei einem
“(…) Massenhappening untersuchen, ob durch Gesang und Musik die Wasserqualität der Aa verbessert werden kann.”
Hintergrund ist der übliche esoterische Wasser-Unsinn von “Schwingungen” und dem “Gedächntnis” des Wassers. Thomas Nufer “erklärt”:
“Schwingungen von Sprache und Klang, die durch die Luft weitergeleitet werden, beeinflussen das Wasser stärker als jedes andere Element. Wasser besitzt Bewusstsein und Gedächtnis, es ‘merkt’ sich, was mit ihm passiert.”
Soll man da noch groß erklären, dass das nichts mit irgendeiner Realität zu hat? Dass Wasser kein “Bewusstsein” hat? Dass so ziemlich alles mehr Einfluss auf Wasser hat, als die durch Sprache ausgelöste Schwingungen der Luft? Das würde vermutlich nicht viel bringen. Wer auch nur ein bisschen Ahnung von Naturwissenschaften hat, der weiß selbst, was das für Unsinn ist. Und wer an Zauberwasser glaubt, dem ist mit rationalen Argumenten auch nicht zu helfen – vermutlich handelt man sich nur einen Verweise auf die “wissenschaftliche” “Forschung” des Politikwissenschaftlers Masaru Emoto ein, der “erforscht” hat, dass Wasser Adolf Hitler nicht leiden kann…
Aber ok, wen stört es, wenn “Künstler” komische Sachen machen? Das ist ja immerhin der Job von Künstler. Wenn Thomas Nufer am Ufer der Aa stehen und dem Wasser Musik vorspielen will, ist das seine Sache. Wir leben in einem freiem Land und jeder soll machen können, zu was er Lust hat; auch wenn andere das doof finden. Aber leider ist “Kammerton Aa” kein private Spielerei von Thomas Nufer. Das Projekt steht “unter der Schirmherrschat des Umwelt- und Gesundheitdezernenten der Stadt Münster Thomas Paal”. Gut, auch Politiker sollen schon das eine oder andere Mal dumme Sachen gemacht oder unterstützt haben. Das kommt vor und damit muss man leben. Aber leider geht es noch weiter. Denn Nufer will nicht alleine an der Aa stehen und dem Fluss etwas vorsingen:
“Erwartet werden über 150 SchülerInnen der Sekundarschule Roxel, der Hauptschule Coerde und der Gesamtschule Münster-Innenstadt.”
Und da hört der Spaß dann auf! Es ist eine Sache, wenn sich ein “Künstler” bei seinem Projekten von esoterischem Unsinn inspirieren lässt. Es ist aber etwas ganz anderes, wenn dieser Esoterik-Kram dann in Kooperation mit Schulen durchgeführt wird. Wenn man Kinder zu einem spaßigen Nachmittag mit Musik und Party schickt, und ihnen ganz nebenbei esoterischen Unsinn eintrichtert. Kinder haben es verdient, dass man sie nicht verarscht. Kinder haben ein Recht darauf, die Welt verstehen zu dürfen. Die echte Welt, nicht irgendein Fantasieland mit Zauberwasser, das ein Bewusstsein hat und dem man Lieder vorsingen kann! Es ist sowieso schon schwer genug, den natürlichen Wissensdrang der Kinder und die natürliche Faszination für Natur und Universum bis ins Erwachsenalter zu erhalten. Es gäbe so viele schöne Projekte, die man an einem Fluss durchführen kann. Als ich in der Schule war, haben wir mit unserem Biologielehrer auch ein entsprechendes Projekt gemacht und das hatte damals durchaus einen Einfluss auf meine Entscheidung, Wissenschaftler zu werden (ich bin der hinter dem Mikroskop):
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