Aber natürlich muss es nicht immer Naturwissenschaft sein. Es gäbe auch jede Menge vernünftige künstlerisch-musikalische Projekte; am besten wäre es überhaupt, Wissenschaft und Kunst zu verbinden – so erreicht man die Kinder am besten. Aber Pseudowissenschaft zu benutzen um mit dem natürlichen Drang der Kinder nach Wissen, Kunst und Kreativität einem Projekt mehr Öffentlichkeit zu verleihen: Das macht mich ärgerlich. Noch ärgerlicher werde ich, wenn ich die Resonanz in den lokalen Medien lese. Kein kritisches Denken, kein Nachfragen, sondern nur die plumpe Wiederholung der absurden Behauptungen des “Künstlers”.
Noch deprimierender ist ein Video der Aktion:
Fröhliche und begeisterte Kinder. Und natürlich sind sie fröhlich und begeistert. Es gibt Spaß, es gibt Musik, es gibt Fernsehkameras vor denen man Blödsinn machen kann. Und die Lehrer haben ihnen erzählt, dass sie hier mit ihrer Musik etwas gutes für die Umwelt tun und ihren Fluss sauber machen. Ob ein Lehrer oder eine Lehrerin dabei war, die mit den Schülern vorher besprochen hat, wie das mit dem Gedächtnis des Wassers wirklich ist? Ob die Schüler irgendwann gelernt haben, wie ein richtiges Experiment aussieht und wie man Behauptungen überprüfen kann? Ob Lehrer oder Eltern Kritik an der Aktion geübt haben? Keine Ahnung – aber es würde mich wundern, wenn es so wäre. Denn gute Lehrer sollten eigentlich erkennen, dass man mit Musik kein Wasser säubern kann (Besonders, weil es ein Fluss ist, verdammt noch mal! Selbst wenn der Kram funktioniert ist das saubere Wasser sofort flussabwärts verschwunden!). Und ihre Schüler mit so einem Unsinn verschonen.
Das Projekt hat schon letztes Jahr im September stattgefunden. Ich habe erst kürzlich davon erfahren, mich aber trotzdem entschieden, darüber zu berichten. Denn es macht mich wütend, wenn Kinder so verarscht werden. Leser Andreas, der mich über diese Sache informiert hat, hat übrigens beim Umweltamt nachgefragt, das die Wasserproben prüfen musste. Natürlich konnte absolut kein Unterschied festgestellt werden. Andreas hat aber auch beim Schulamt nachgefragt und wollte wissen, ob die Schüler das Projekt außerhalb der Schulzeit besucht haben, oder nicht. Und ob es eine Nachbereitung gab, in der über die Wirksamkeit (bzw. Nicht-Wirksamkeit) der “Behandlung” gesprochen wurde. Zwei Emails an das Schulamt blieben unbeantwortet, eine Mail an den Oberbürgermeister ebenfalls.
Esoterik und Pseudowissenschaft haben in der Schule nichts zu suchen, zumindest nicht ohne ausreichend kritische Betrachtung des Phänomens. Kinder haben es nicht verdient, verarscht zu werden.
Nachtrag 17.01.2012: Die Westfälischen Nachrichten haben über meine Kritik an der Aktion berichtet (WebCite). Auch Thomas Nufer wurde nochmal dazu befragt. Leider zieht er sich mit einer für die Esoterik-Szene typischen Ausrede aus der Affaire: Man müsse das alles noch “genauer untersuchen”. Nein, muss man nicht. Das Umweltamt Münster hat – wie schon oben im Artikel erwähnt – die Wasserproben geprüft und es konnte “kein wissenschaftlich signifikater Unterschied in der Wasserqualität” festgestellt werden. Es gab also keine “geringfügige Verbesserung” wie Nufer im Artikel behauptet.
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