Die horizontale Achse zeigt oben den Durchmesser des Asteroiden an und unten die freiwerdende Energie der Boliden. Die vertikale Achse gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der uns Objekte entsprechender Größe pro Jahr treffen (beide Achsen sind logarithmisch). Die Datenpunkte sind Ergebnisse verschiedener Beobachtungskampagnen.
Mit einem Ereignis wie dem in Russland ist also statistisch alle 100 Jahre zu rechnen. Aber Achtung! Die Statistik ist hinterhältig. Das heisst jetzt nicht, dass wir nun 100 Jahre Ruhe haben werden, bevor wieder etwas passiert. Es heisst auch nicht, dass die Wahrscheinlichkeit eines ähnlichen Airburst um so größer wird, je mehr Zeit vergeht. Asteroideneinschläge können nicht “überfällig” sein. Vielleicht kommt nächstes Jahr schon wieder ein ähnliches Ereignis, vielleicht auch erst in 1000 Jahren. “Einmal in 100 Jahren” bedeutet in diesem Fall nur, dass in jedem Jahr eine Wahrscheinlichkeit von 1/100 für so ein Ereignis besteht. Und dann muss man noch einen wichtigen Faktor berücksichtigen: Die Wahrscheinlichkeit gilt für die ganze Erdoberfläche. Die besteht aber größtenteils aus Ozean, aus Wüste, aus Wald und anderen unbewohnten Gebieten. Nur ein kleiner Teil der Erdoberfläche ist tatsächlich von Menschen besiedelt und die Wahrscheinlichkeit, dass der Asteroid genau über besiedeltem Gebiet runter kommt ist deswegen natürlich viel geringer!
Was hat das mit dem anderen Asteroid zu tun?
Viele Leuten haben natürlich einen Zusammenhang zwischen dem Meteor in Russland und dem Vorbeiflug des Asteroiden 2012 DA14 am gleichen Tag vermutet. Es scheint ja auch irgendwie nahe zu liegen: Da hört man jahrelang nichts über Asteroiden in den Medien und dann finden gleich zwei dramatische Ereignisse an einem Tag statt. Das kann doch kein Zufall sein. Doch, kann es. Ich habe oben schon erklärt, wie schnell sich die Asteroiden im All bewegen. Der eine kam am Morgen, der andere am Abend und dazwischen haben sich sowohl Asteroiden als auch die Erde sehr weit bewegt. Beide kamen auch aus unterschiedlichen Richtungen auf die Erde zu. Die beiden Objekte hatten also völlig unterschiedliche Bahnen und Michael Khan von der ESA hat auch sehr schön vorgerechnet, dass zwischen beiden Ereignissen kein Zusammenhang besteht.
Hier schlägt wieder einmal die selektive Wahrnehmung zu. Wie ich hier erklärt habe, fliegen immer wieder mal Asteroiden an der Erde vorbei (und meistens berichten die Medien nicht darüber) und wie wir oben gesehen haben, gibt es täglich Boliden und Meteore am Himmel zu sehen. Es ist also nicht so unwahrscheinlich wie man denken mag, dass einmal beides davon fast gleichzeitig passiert.
Warum hat man das Ereignis nicht vorhergesehen?
Warum konnten die Astronomen nicht vorhersehen, dass ein Asteroid über Russland auseinanderbrechen wird? Sie haben ja auch vorhergesehen, dass 2012 DA14 am Abend an der Erde vorbei fliegen wird? Dafür gibt es zwei Gründe: Größe und Geld!
Der russische Asteroid war nur 15 Meter groß, 2012 DA14 hatte einen Durchmesser um die 60 Meter. Und je größer ein Asteroid ist, desto heller erscheint er uns auch am Himmel und desto leichter ist er im Teleskop zu finden. Es ist daher logisch, dass man die großen Asteroiden zuerst finden. Der erste Asteroid, der 1801 entdeckt wurde, war gleichzeitig auch der größte Asteroid im Asteroidengürtel mit einem Durchmesser von fast 1000 Kilometern. Die wirklich großen Asteroiden – alles mit einem Durchmesser von mehr als einem Kilometer – haben wir mittlerweile fast alle entdeckt. Hier sind kaum überraschende Annäherungen zu erwarten. Bei den kleinen Objekte wird es aber natürlich schwieriger. Dieses Bild zeigt, wie es aussieht:
Das sind die Ergebnisse der Beobachtungen des WISE-Satelliten. Die gezeichneten Asteroiden zeigen die Menge an, die wir momentan kennen (ein Bild entspricht 100 Objekte). Die grün gefüllten Umrisse zeigen die noch unbekannten Himmelskörper an, die leeren, dunkelgrünen repräsentieren die unbekannten Asteroiden eines alten Modells, bevor man die WISE-Daten hatte. Für den Bereich der Asteroiden zwischen 500 bis 1000 Metern kennen wir zum Beispiel momentan 1200 Objekte (12 gezeichnete Asteroiden). 300 davon (3 grün gefüllte Umrisse) haben wir noch nicht entdeckt. Die alten Modelle haben allerdings vorhergesagt, dass es noch 1200 unentdeckte Asteroiden gibt (3 grün gefüllte plus 9 dunkelgrüne leere Umrisse).
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