Die großen haben wir also fast komplett, die kleinen eher nicht. Das ist nicht nur ein Problem der Größe, auch andere Faktoren spielen eine Rolle. Manche Asteroiden befinden sich auf Bahnen, auf denen man sie von der Erde aus nur am Tag beobachten kann. Das geht aber natürlich nicht, weil da das Licht der Sonne zu hell ist. Um die zu finden, braucht man Teleskope im Weltraum. Und die kosten viel Geld und sind meistens mit anderen Aufgaben ausgelastet. Das Problem haben aber auch die Teleskope auf der Erde. Es gibt zwar einige spezielle Beobachtungsprogramme, die explizit auf der Suche nach neuen Asteroiden sind. Und natürlich gibt es die tausenden Hobby-Astronomen die gerade bei der Asteroidensuche wichtige Arbeit leisten und immer wieder neue Objekte entdecken. Aber es gibt keine globale koordinierte Überwachung und besonders auf der Südhalbkugel der Erde ist das Netz noch sehr lückenhaft, wie dieses Bild hier zeigt:
Das ist der gesamte Himmel und die bunten Punkte zeigen an, welche Bereiche davon von welchen Teleskopen beobachten werden. Und gerade im Süden sind da doch noch viele Lücken (hier könnt ihr euch selbst solche Diagramme basteln). Und wenn man die Asteroiden gefunden hat, muss man sie auch noch danach immer wieder beobachten, um die Bahn möglichst exakt bestimmen zu können. Auch das braucht Ressourcen, die momentan nicht immer vorhanden sind.
Man könnte das natürlich ändern. Die Suche nach Asteroiden stellt keine unverhältnismäßig große Schwierigkeit dar. Wie man Asteroiden sucht und findet, haben die Astronomen schon recht gut gelernt. Was fehlt ist das Geld. Die Suche nach Asteroiden ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht sehr “aufregend”; die Suche nach extrasolaren Planeten, nach fernen Galaxien, schwarzen Löchern und all die anderen astronomischen Fachgebieten bringen mehr Prestige. Und natürlich auch mehr Fördergelder. Es gäbe mehr als genug Astronomen, die sich mit der Suche nach Asteroiden beschäftigen würden. Aber mit der Publikation der Entdeckung des 673.287ten Asteroiden kann man im derzeitigen wissenschaftpolitischen System keine Karriere machen. Mein ehemaliger Kollegen von der Uni Wien, der Astronom Siegfried Eggl, der beim Projekt NEOShield arbeitet, hat mir im Januar ein Interview zum Thema gegeben und dabei folgendes zum Thema “Suche nach gefährlichen Asteroiden” gesagt:
“Die finanziellen Mittel dafür sind allerdings überschaubar, um es positiv zu formulieren. Man muss sich immer die Frage gefallen lassen ob es sich überhaupt lohnt Geld in Asteroidendetektion und -abwehr zu investieren? Dabei wird die Bedrohung durch Himmelskörper von politischen Entscheidungsträgern oft als nicht immanent empfunden.”
Vielleicht war das Ereignis in Russland für die Politiker dieser Welt ja ein kleiner Weckruf. Vielleicht wird jetzt endlich mal ein wenig mehr Geld in diesen Bereich der Astronomie investiert. Vielleicht kann man nun endlich größere Teleskope für die Suche nach Asteroiden anschaffen, vielleicht sogar ein eigenes Weltraumteleskop und vielleicht gibt es auch genug Geld, um ausreichend Personal bei den Suchprogrammen zu beschäftigen. Dieses schöne Bild kursiert seit einiger Zeit im Internet. Es existiert schon seit letzten Jahr, hat also mit den aktuellen Ereignissen nichts zu tun, fasst aber die Lage gut zusammen:
Asteroiden stellen keine unmittelbare Gefahr dar. Jedes Jahr fordern Erdbeben, Vulkanausbrüche, Überschwemmungen, Waldbrände und andere Naturkatastrophen wesentlich mehr Todesopfer (von Kriegen, Verkehrsunfällen und anderen menschengemachten Problemen ganz zu schweigen). Aber deswegen sollte man die Asteroiden auch nicht ignorieren. Ich habe schon vor einigen Jahren eine Serie über Asteroidenabwehr geschrieben: Asteroidenabwehr: Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5. Und was ich damals geschrieben habe, gilt heute immer noch:
“Auch wenn Einschläge anderer Himmelskörper ein relativ seltenes Ereignis sind, sind sie doch potentiell so gefährlich, dass wir sie nicht ignorieren dürfen. Vor allem dann nicht, wenn wir prinzipiell die Möglichkeit haben, etwas dagegen zu tun.
Auch wenn man über die mühsame Suche nach Asteroiden keine actionreiche Hollywoodfilme mit Bruce Willis drehen kann, ist sie doch das allerwichtigste bei der Asteroidenabwehr. Asteroidensuchprogramme sind nicht sonderlich aufregend oder prestigträchtig. Trotzdem sollte man hier Geld investieren – und nicht kürzen, so wie das leider immer wieder vorkommt.”
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