Der Sternenhimmel ist wunderschön. Es gibt kaum etwas, was schöner oder romantischer ist. Ein klarer, dunkler Himmel der mit hellen und funkelnden Sternen übersät ist, ist ein Anblick, der uns Menschen definitiv berührt und intensive Gefühle auslösen kann. Ich bin Astronom und jedes Mal, wenn ich Nachts draußen bin, schaue ich nach oben. Egal ob das irgendwo am Land ist oder mitten in der Stadt, wo man höchstens ein paar Sterne sehen kann. Aber ich freue mich auch über diese paar hellen Punkte am Himmel, die es geschafft haben, all das menschengemachte Licht zu überstrahlen. Und natürlich faszinieren mich die Sterne vor allem deswegen so sehr, weil ich weiß, worum es sich dabei handelt. Jeder der winzigen Punkte am Himmel ist in Wahrheit eine Kugel aus feurigem Gas, die ebenso unvorstellbar weit entfernt ist, wie sie groß ist. Im Inneren der Sterne herrschen gewaltige Temperaturen und es ist heiß genug, um chemische Elemente zu verwandeln. So gut wie all die Materie, aus der wir bestehen und aus der unsere Erde besteht, wurde im Inneren solcher Sterne erzeugt und bei enormen Explosionen ins All hinaus geblasen. Die Sterne sind nicht nur wunderschön, sie sind auch der Grund dafür, warum wir überhaupt existieren. Kein Wunder, dass wir Menschen sie faszinierend finden.
Weil wir Menschen Menschen sind, finden wir die Sterne schön. Und weil wir Menschen sind, probieren wir auch, von dieser Schönheit zu profitieren. Und dazu braucht man viel Fantasie, denn eigentlich ist der Anblick des nächtlichen Sternenhimmels für uns alle kostenlos!
Ja, zum Glück müssen wir nicht dafür bezahlen, um die Sterne betrachten zu können. Das ist ja nicht selbstverständlich. Viele Tiere und Pflanzen können wir nur noch betrachten, wenn wir Eintritt im Zoo oder im botanischen Garten bezahlen denn in der freien Natur existieren sie kaum noch. Die Sterne sind aber zum Glück weit genug von uns Menschen entfernt; wir können ihnen nicht schaden und so leuchten sie weiterhin für uns. Trotzdem gibt es immer wieder Menschen, die es nicht lassen können, mit der kostenlosen Pracht des Himmels Geld zu verdienen. Man kann sich zum Beispiel bei vielen verschiedenen Organisationen einen Stern kaufen. Diesem Stern darf man dann einen Namen geben und man bekommt für sein Geld wichtig aussehende Urkunden und Zertifikate. Natürlich ist das rausgeworfenes Geld; denn die Sterne gehören niemandem und deswegen hat auch niemand das Recht, ihnen einen verbindlichen Namen zu geben. Man kann gerne Geld dafür ausgeben, um einen Stern zu taufen. Aber niemand wird diesen Namen verwenden; schon gar nicht die Astronomen (über die Sinnlosigkeit der Sterntaufen habe ich hier ausführlich geschrieben). Wer einem lieben Mensch ein romantisches Geschenk machen will, kann natürlich gerne einen Stern “taufen” und “verschenken”. Aber dafür muss man kein Geld ausgeben und braucht keine dubiosen Zertifikate noch dubioserer Organisationen… Die Sterne gehören niemandem und damit uns allen!
Aber auch mit dem Licht der Sterne wird Geld verdient. Und damit meine ich nicht das Licht der Sonne, die ja auch ein Stern ist, dass die Grundlage allen Lebens auf der Erde darstellt und damit auch die Grundlage aller Wirtschaft (von der Solarenergierbranche ganz zu schweigen). Sondern das Licht der anderen Sterne, die in der Nacht am Himmel leuchten. Das Licht dieser Sterne soll irgendwie mysteriös sein, irgendwie anders und in der Lage, unseren Körper zu verändern. Es gibt Firmen, die dieses Licht der Sterne sammeln, “veredeln” damit es dann uns Menschen ganz besonders stark beeinflusst (positiv natürlich). Mit astronomischen Teleskopen und Kristallen wird die geheimnisvolle Kraft der Sterne für uns Menschen nutzbar gemacht und dann natürlich für Geld verkauft.
Ich als Astronom habe ein bisschen Ahnung vom Licht der Sterne. Immerhin ist das das einzige, was uns für unsere Arbeit zur Verfügung steht. Wir haben nur das Licht und nicht mehr und daraus müssen wir all unsere Informationen über das Weltall ableiten. Die Astronomen sind also recht kreativ, wenn es darum geht, dem Licht seine Geheimnisse zu entlocken. Was also stecken da für “geheimnisvollen” Kräfte im Sternenlicht?
Nun, “geheimnisvoll” ist da erst mal wenig. Das Licht der Sterne ist auch nur Licht. Und Licht ist eine elektromagnetische Welle. Licht ist Licht, egal ob es aus der Glühbirne im Wohnzimmer kommt oder von einer riesigen Gaskugel in ein paar tausend Lichtjahren Entfernung. Das sichtbare Licht ist eine Mischung von elektromagnetischen Wellen mit bestimmten Wellenlängen. Je nach Wellenlänge nehmen wir es unterschiedlich wahr. Rotes Licht hat eine längere Wellenlänge als grünes Licht und das wiederum eine längere Wellenlänge als blaues Licht. Und all diese Wellen unterschiedlicher Wellenlänge entstehen in Sternen. Wenn dort im Kern des Sterns Wasserstoff zu Helium fusioniert, wird auch Energie frei, die in Form von Licht den Stern verlässt. Nicht nur sichtbares Licht übrigens, auch alle anderen Arten von elektromagnetischen Wellen. Radiowellen, Mikrowellen, Röntgenstrahlung, Infrarotstrahlung: All das ist nichts anderes als Licht, das wir mit unseren Augen nicht sehen können.
Sterne erzeugen also Licht. Das Licht der Sterne unterscheidet sich durch nichts von dem Licht der Sonne. Die verschiedenen Anteile des Lichts können unterschiedlich gemischt sein; je nach Temperatur des Sterns – heiße Sterne leuchten blau und kühle Sterne leuchten rot (siehe hier) – und Zusammensetzung. Aber das Licht selbst ist immer gleich und nicht mysteriöser wenn es von den Sternen kommt als wenn es aus einer Glühbirne oder der Sonne stammt. Es macht also meiner Meinung – und der der restlichen Astronomen – nicht viel Sinn, wenn man gerade dem Sternenlicht irgendeine “mysteriöse” Bedeutung zuschreibt, die uns Menschen beeinflussen soll. Wir mögen das Licht der Sterne schön finden oder interessant – aber würde es unsere DNA beeinflussen, wie in einschlägigen Publikationen behauptet wird (“Denn das Licht der Sterne aktiviert das verborgene Potenzial unserer DNA und vereint uns wieder mit der schöpferischen Energie des Universums.”), dann müsste das Licht der Glühbirne oder das der Sonne die gleichen Veränderungen hervorrufen.
Ich halte es auch nicht für sonderlich praktikabel, das Licht der Sterne durch Teleskope oder Kristalle zu “veredeln”. Ein Teleskop verändert das Licht eines Sterns nicht. Ein Teleskop ist ein optisches Instrument das aus Linsen oder Spiegeln besteht, die das Licht nur umleiten. Ein Teleskop ändert die Richtung des Lichts, das durch seine Öffnung fällt. Eine Öffnung, die größer ist als die des Auges und das ist es, worum es beim Teleskop geht: Viel mehr Licht kann im Teleskop gesammelt werden als im kleinen Auge und weil die Lichtstrahlen im optischen Instrument von einer großen Fläche gesammelt und zu einer kleinen Öffnung geleitet werden, durch die dann das Auge oder ein anderes Instrument, zum Beispiel eine Kamera, blicken kann, können Teleskope das leisten, was sie tun. Aber ein Teleskop verändert weder das Licht, noch wird es verstärkt (sonst müsste man die schwachen Himmelskörper ja nicht so lange belichten, um sie in der Kamera sichtbar zu machen).
Man kann es sich also sparen, das Licht der Sterne durch ein Teleskop zu schicken. Wer Lust hat, sich vom Sternenlicht “aufladen” zu lassen, kann sich einfach in der Nacht unter den Himmel stellen und sich beleuchten lassen. Das Licht wird einen genauso erreichen wir durch das Teleskop. Es ist das gleiche Licht; unverändert.
Es ist technisch außerdem ziemlich schwer, nur das Licht eines einzigen Sterns zu empfangen. Sternenlichtjuwelen kann man sich in speziellen Editionen für spezielle Sterne kaufen. Um nur das Licht eines einzelnen Sterns zu empfangen reicht es allerdings nicht, das Teleskop nur in die richtige Richtung zu drehen. Blickt man durch ein Teleskop oder macht man ein Foto, sieht man immer mehrere Sterne. Man sieht einen kleinen oder größeren Ausschnitts des Himmels mit jeder Menge Lichtpunkte darin. Denn im Teleskop bleibt ein Stern immer ein Punkt, egal wie gut das Teleskop ist. Die Sterne sind einfach zu weit weg. Das Teleskop sucht ja keinen Stern aus, sondern bildet einfach die Region des Himmels ab, auf die es gerichtet ist. Dieses Bild fällt dann ins Auge oder auf die Kamera. Das Licht das dort ankommt ist eine Mischung aus allem: Sternenlicht, Licht von fernen Galaxien, Streulicht von Straßenlampen oder vorbeifahrenden Autos – es sammelt sich dort alles.
Wenn Astronomen sich also mit einem speziellen Stern beschäftigen wollen, müssen sie die Rohdaten am Computer noch lange und aufwendig bearbeiten, damit sicher gestellt wird, das sie wirklich nur die Informationen aus dem Licht eines einzigen Sterns haben. Manchmal wird auch ein großer technischer Aufwand getrieben. Als man Ende der 1990er Jahre den Sloan Digital Sky Survey (SDSS), eine große Himmelsdurchmusterung, startete, stand man im Wesentlichen vor dem gleichen Problem, das auch die Hersteller von “Sternenlichtjuwelen” haben. Man hatte einen Himmel voller Sterne, wollte aber nur die Information eines bestimmten Sterns haben. Denn beim SDSS wollte man nicht nur die Position der Sterne bestimmen, sondern auch ihr Spektrum aufnehmen. Man wollte also, in einem völlig unesoterischem Sinn, die “versteckten” Informationen aus dem Licht der Sterne holen. Bei einem Spektrum untersucht man die Zusammensetzung des individuellen Sternenlichts und kann so herausfinden, woraus der Stern besteht, wie alt er ist, und noch viel mehr. Dazu muss man das Licht aber auch isoliert betrachten und keine Mischung.
Bei SDSS machte man folgendes. Zuerst bestimmte man einfach nur die Position der Sterne. Dann nahm man große Platten, die genau aufs Teleskop passten. Überall dort, wo nun das Licht der Sterne auf die Platten trifft (die Position hatte man ja schon bestimmt) schnitt man ein Loch. Hinter jedes Loch kam ein Glasfaserkabel und all diese Kabel führten zu einem Spektrometer, das das Licht der Sterne nun einzeln und getrennt voneinander untersuchen konnte.
Wie gesagt, es ist aufwendig, das Licht der Sterne zu isolieren. Astronomie ist nicht umsonst nicht nur ein Hobby, sondern auch eine Wissenschaft, die große, komplexe und teure Geräte braucht. In den letzten Jahrhunderten und durch den Einsatz all dieser Instrumente haben wir enorm viel über die Sterne und ihr Licht herausgefunden. Wir wissen, woraus Sterne bestehen; wie sie ihr Licht erzeugen; wie sie sich entwickeln und welche Rolle sie im Universum spielen. Wir wissen, was das Licht der Sterne kann und was nicht. Wir wissen, dass Sternenlicht nicht die DNA der Menschen verändert. Wir wissen, dass das Licht Sterne Dinge nicht mehr oder weniger “energetisieren” kann als das Licht der Sonne oder das Licht aus der Glühbirne. Wir wissen, dass Sterne faszinierend und wichtig und schön sind und dass wir uns diese Schönheit nicht kaufen müssen!
Die Sterne sind für alle da. Das Licht der Sterne fällt auf uns alle und welche Eigenschaften man diesem Licht auch immer zuschreibt: Man muss für dieses Licht nicht bezahlen. Licht ist Licht und Licht bleibt Licht und auch Teleskope änderen daran nichts. Genießt also das Licht der Sterne und lasst euch von niemandem einreden, ihr müsstet Geld bezahlen, um in diesen Genuß zu kommen!
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P.S. Die Hersteller besagter “Sternenlicht-Juwelen” waren mit meinem letzten Artikel zu diesem Thema so unzufrieden, dass sie mir mit juristischen Schritten gedroht haben, sollte ich den Artikel nicht entfernen. Das lag unter anderem auch an den Kommentaren – für die ich als Bloginhaber leider auch voll verantwortlich bin. Ich würde euch also SEHR bitten, in einer Diskussion höflich zu bleiben, niemanden persönlich anzugreifen oder zu beleidigen oder andere Dinge zu sagen, die eventuell strafrechtlich relevant sind. Man muss es den Leuten ja nicht so einfach mit den Klagen und Abmahnungen machen…
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