Im letzten Jahr haben wir die Antwort auf die zweite große Frage in der Exoplaneten-Forschung gefunden. Die erste Frage lautete natürlich: Gibt es überhaupt irgendwo Planeten, die andere Sterne umkreisen? Und seit 1995 wissen wir, dass die Antwort “Ja!” lautet, denn da wurde der erste extrasolare Planet entdeckt- Die zweite Frage war nun: Sind solche Planeten normal? Und wir wissen nun endlich: Ja, Planeten sind völlig normal!. Im Durchschnitt hat jeder Stern mindestens einen Planeten. Planeten sind also tatsächlich ein stinknormaler Bestandteil des Universum; es gibt sie überall. jetzt müssen wir die dritte große Fragen beantwortet: Gibt es andere Planeten, auf denen Leben existiert? (dicht gefolgt von Frage Nummer vier: Sind Planeten mit Leben normal oder gibt es sie sehr selten?). Es könnte nicht mehr all zu lange dauern, bis wir die Antwort auf diese Frage finden. Wir sind zumindest schon auf einem guten Weg!
Damit auf einem Planeten Leben existieren kann, muss er sich in der richtigen Gegend befinden. Er darf seinem Stern nicht zu nahe sein, denn sonst ist es zu heiß. Er darf aber auch nicht zu weit entfernt sein, denn sonst ist es zu kalt. Nach all dem was wir bis jetzt über das Leben wissen, braucht es flüssiges Wasser und das gibt es nur in der sogenannten “habitablen Zone” um einen Stern, in der die Temperatur genau richtig ist. Natürlich spielt der Abstand zum Stern eine enorm wichtige Rolle, aber es gibt auch jede Menge andere Faktoren, die bestimmen, ob auf einem Planeten Leben existieren kann oder nicht. Der Planet darf nicht zu groß sein; die großen Planeten sind Gasriesen, ohne feste Oberfläche und für Leben wie wir es kennen völlig ungeeignet. Der Planet muss die richtige Atmosphäre haben; nicht so dünn zum Beispiel wie am Mars und nicht so dicht wie auf der Venus. Der Planet muss tektonisch aktiv sein, damit durch Vulkanismus und Plattentektonik bestimmte chemische Elemente wie zum Beispiel Kohlenstoff immer wieder recycelt werden. Und so weiter. All diese potentiellen Eigenschaften von Stern und Planet definieren die Position der jeweiligen habitablen Zone und es ist gar nicht so einfach, herauszufinden, wo sie sich exakt befindet.
Deswegen arbeiten die Wissenschaftler notgedrungen mit Vereinfachungen. Die meisten Berechnungen der habitablen Zone beziehen sich auf ein Modell aus dem Jahr 1993, das sehr simpel ist. Aber man will besser verstehen, wo Leben möglich ist und wo nicht, und deswegen gibt es immer wieder Versuchen, neue und bessere Modelle zu erstellen (hier habe ich zum Beispiel über eine solche Arbeit berichtet). Ravi kumar Kopparapu von der PennState Universität hat sich die Sache nun ebenfalls genauer angesehen (“A revised estimate of the occurrence rate of terrestrial planets in the habitable zones around kepler m-dwarfs”). Kopparapu hat die M-Zwerge untersucht. Das sind kleine, rote Sterne (hier habe ich mehr zu den verschiedenen Sternarten erklärt); die kleinsten Sterne, die es gibt. Und weil sie so klein sind, sind sie auch sehr kühl und das macht sie zu idealen Kandidaten für die Suche nach Leben. Denn wenn der Stern kühl ist, muss ein Planet im sehr nahe sein, damit es dort warm genug sein kann. Je näher ein Planet einem Stern ist, desto schneller bewegt er sich um ihn herum (das ist übrigens das Dritte Keplersche Gesetz). Und je schneller er sich um ihn herum bewegt, desto leichter ist er zu entdecken! Planeten findet man mittlerweile ja fast immer mit der Transitmethode. Das heißt, man beobachtet das Licht der Sterne und schaut nach, ob dieses Licht periodisch schwächer wird. Wenn ja, kann das an einem Planeten liegen, der immer wieder vor dem Stern vorüberzieht und ein wenig von dessen Licht blockiert. Und je schneller er sich um den Stern bewegt, desto mehr solcher Verdunkelungen kann man beobachten. Würde man mit dieser Methode die Erde finden wollen, gäbe es nur eine Verdunkelung pro Jahr (die Erde braucht ja ein Jahr für einen Umlauf um die Sonne). Man müsste die Sonne als auch jahrelang beobachten, um genug Daten zu sammeln. Bei M-Sternen geht das wesentlich schneller.
Und die M-Sterne haben noch einen weiteren Vorteil. Weil sie so kühl sind und vergleichsweise schwach leuchten, besteht die Chance, dass wir die Planeten irgendwann auch direkt beobachten können. Das ist bei den größeren Sternen schwierig, weil die so hell sind und das Licht der Planeten komplett überstrahlen. Aber bei M-Sternen haben wir eine reelle Chance, mit den neuen astronomischen Instrumenten die in den nächsten Jahren entwickelt werden, die Planeten direkt zu sehen – und das ist absolut nötig, um herauszufinden, ob es dort Leben gibt. “Direkt” sehen heißt hier aber nur: Das Licht des Planeten direkt im Teleskop einfangen und analysieren. Wir werden von den Planeten auch in den nächsten Jahrzehnten nie mehr sehr können als einen kleinen Lichtpunkt. Hoffnungen auf Bilder von fremden Kontinenten oder gar den Lichtern außerirdischer Städte gibt es absolut keine. Aber um nachzuweisen, ob es irgendwo zumindest einfaches, pflanzliches Leben gibt, reicht uns auch das bisschen Licht das vom Planeten reflektiert wird.
M-Sterne sind auch enorm zahlreich. 70 Prozent aller Sterne der Milchstraße sind M-Zwerge – wir haben also jede Menge Auswahl. Und gute Chancen, Leben zu finden! Denn Kopparapu hat mit seinen neuen Berechnungen gezeigt, dass es viel mehr Planeten in habitablen Zonen geben könnte, als man bisher dachte. Bei den M-Sternen ist die habitable Zone größer als angenommen und insgesamt könnten dreimal mehr habitable Planeten um diese kleinen Sterne kreisen als bei früheren Berechnungen. Früher ging man von einem Wert von 0,15 habitabler Planeten pro Stern aus; jetzt sind es 0,51 bis 0,61 Planeten pro Stern!
Dieses Bild die potentiell habitablen Planeten, die vom Kepler-Weltraumteleskop gefunden wurden. Die x-Achse gibt an, wieviel Sternenlicht auf den Planeten fällt; im Vergleich zur Erde. Die y-Achse zeigt die Temperatur des Sterns, den der Planet umkreist. Eingezeichnet sind verschiedene Planetenkandidaten die das Kepler-Teleskop gefunden hat Die gelben Planeten haben einen Radius, der kleiner als der 1,4fache Erdradius ist; die grünen sind größer, aber immer noch kleiner als der doppelte Erdradius. Auch der frühe Mars und die frühe Venus sind eingezeichnet. Der Unterschied zwischen “konservativer” und “optimistischer” Grenzziehung bei der habitablen Zone hängt von den Details des Modells ab; davon, welche Atmosphäre der Planet hat und wie die Wolken das Sonnenlicht absorbieren oder reflektieren.
Die Dinge sehen also nicht schlecht aus für das Leben. Zumindest die passende Umgebung dürfte vorhanden sein. Würde man die 10 der Sonne am nächsten gelegenen M-Sterne beobachten, so würden wir rein statistisch etwa 5 Planeten finden, auf denen Leben möglich sein könnte! Der durchschnittliche Abstand zum nächsten bewohnbaren Planeten beträgt nur sieben Lichtjahre! Aber existiert überall Leben, wo Leben existieren kann? Das wissen wir leider nicht. Aber wir werden es definitiv herausfinden und es wird nicht mehr lange dauern! Ich freue mich schon sehr auf die Antwort. Egal wie sie ausfällt – wir werden unseren Platz im Kosmos danach auf jeden Fall ganz anders sehen als heute…
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