Sich über Facebook aufzuregen ist nicht schwer. Datenschutz. Social-Media-Overkill. “Freunde”. Und natürlich Zensur. Gerade wieder wird über einen Text von Radio-Moderator Jürgen Domian diskutiert. Er hatte kritisch über den Autritt eines Katholiken bei Markus Lanz berichtet und Domians Bericht wurde von Facebook danach gelöscht (SciLogger Boris Hänßler hat die Geschichte hier zusammengefasst). Einfach so die Texte von Benutzern zu löschen, die diese auf ihrer eigenen Facebookseite veröffentlichen ist natürlich nicht in Ordnung. Aber das Problem ist nicht nur die Zensur. Das Problem ist die “eigene” Facebookseite. Denn man mag zwar glauben, sie würde einem gehören und man hätte das Recht, dort alles zu schreiben, was man will. Aber es ist eine Facebookseite. Die Seite von Facebook. Und über das was man dort schreibt, hat man keine Kontrolle mehr. Facebook ist ein Medium mit dem man viele interessante Sachen machen kann. Aber wenn ihr der Welt etwas sagen wollt, sagt es in eurem Blog!
Facebook, Twitter, Google+ und die anderen sozialen Netzwerke haben den Blogs in letzter Zeit ein wenig den Rang abgelaufen. Vor allem wenn es darum geht, kurze Nachrichten oder Notizen zu publizieren oder einfach nur auf interessante Inhalte anderswo im Netz hinzuweisen, macht man das mit Facebook oder Twitter. Das eigene Blog scheint vielen für solche “einfachen” Inhalte zu wertvoll oder zu “wichtig” zu sein. Eine Einstellung, die ich persönlich nicht verstehe (ich habe darüber schon in meinem Blogleitfaden gesprochen). Ein Blog ist nicht nur zwingend für lange und aufwendig geschriebene Texte da. Ein Blog wird nicht weniger wert, wenn man manchmal einfach nur eine kurze Notiz postet. Ein Blog wird nicht unseriös, wenn man manchmal einfach nur einen Link oder Hinweis zu einer anderen Seite postet. Natürlich kann sowas auch bei Twitter oder Facebook machen. Aber dann gibt man die Kontrolle über seine Texte auf!
Hätte Jürgen Domian seinen Text in einem eigenen Blog veröffentlicht, wäre er immer noch da (was übrigens nicht als Rechtfertigung für die Löschung von Facebook zu verstehen ist!). Aber selbst wenn Facebook hier nicht gelöscht hätte: Wer weiß, ob Facebook nächstes Jahr noch existiert? Oder in 5 Jahren. Ich kann mich noch sehr gut an die Zeit erinnern, als ich vor Computer gesessen bin und niemand in Deutschland wusste, was Facebook ist. Solche sozialen Netzwerke können quasi über Nacht entstehen und auch wieder über Nacht verschwinden (erinnert sich noch jemand an StudiVZ?). Wer weiß, welcher Firma Facebook in 5 Jahren gehört? Und was diese Firma mit den Texten, Bildern und Daten ihrer User anstellt?
In meinem Blog habe ich die Kontrolle über meine Texte. ICH entscheide, was mit ihnen passiert; nicht irgendwelche Vorstandsmitglieder von Internetfirmen. Ich habe auch kein Problem, irgendwelche meiner alten Texte zu verlinken oder mit einer Suchmaschine zu finden (was bei Facebook oder Twitter schwer bis unmöglich ist). Diskussionen über meine Texte sind im Kommentarbereich meines Blogs viel einfacher zu führen und zu verwalten als bei Facebook (wo sich jeder Kommentator selbst entschließen kann, alle seine Kommentare wieder zu löschen und so die Diskussion nicht mehr nachvollziehbar macht) oder bei Twitter (wo man Diskussionen sowieso so gut wie gar nicht komplett rekonstruieren kann).
Das heißt nicht, dass man Facebook oder Twitter nicht verwenden soll. Ich verwende beides seit einigen Jahren und weiß, dass diese Dienste viele Vorteile haben. Facebook ist eine tolle Sache, wenn man sich mit anderen Menschen vernetzen will, wenn man ein Publikum für seine Inhalte sucht oder wenn man seine eigenen Inhalte verbreiten will. Aber es ist absolut nicht geeignet, um Inhalte zu veröffentlichen! Wenn ihr der Welt etwas sagen wollt, sagt es in eurem Blog! Den Blogeintrag kann man dann ja immer noch bei Facebook, Twitter und den restlichen sozialen Netzwerken verbreiten. Aber behaltet die Kontrolle über euren Text! Es ist ein klein wenig bedenklich, dass immer mehr Inhalte direkt an Facebook, Google & Co abgegeben werden, ohne das sich jemand Gedanken darüber macht, was mit diesen Inhalten in der Zukunft passieren wird. Facebook ist keine Bibliothek und Datenkuration gehört nicht zu den Aufgaben eines sozialen Netzwerks. Vielleicht sind all diese Dienste in ein paar Jahren verschwunden und mit ihnen die ganzen Inhalte die dort ohne Gedanken an die Zukunft eingestellt worden sind.
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