Zuerst war nichts. Danach jede Menge Staub. Und schließlich komische Pseudoplaneten die tote Sterne umkreisen. Aber echte Planeten, Planeten so wie die Erde, die einen ganz normalen Stern umkreisen – die hatte man noch nicht gefunden. Man war sich sicher, dass sie irgendwo da draußen sein müssen. Aber wie findet man sie? Die bisherigen Methoden hatten nicht funktioniert. Es musste etwas Neues her!
Das Neue war die sogenannte Radialgeschwindigkeitsmethode. Im Prinzip geht es auch hier wieder um wackelnde Sterne. Man musste die Planeten ja irgendwie indirekt finden, um sie direkt im Teleskop zu sehen, sind sie zu klein und der Stern zu hell. Aber wenn ein Stern von einem Planet umkreist wird, dann sorgt die Gravitationskraft des Planeten dafür, dass der Stern ein klein wenig hin und her wackelt. Dieses Wackeln wollte man ja schon früher direkt beobachten. Das hatte aber nicht geklappt. Nun probierte man es indirekt, und zwar mit Spektroskopie. Ein Spektrometer empfängt das Licht eines Sterns und spaltet es in seine Bestandteile auf. Man misst, wie viel rotes Licht enthalten ist, wie viel blaues Licht, wie viel grünes Licht, gelbes Licht, und so weiter. Außerdem sieht man in einem Spektrum sogenannte Spektrallinien. Die zeigen an, woraus der Stern besteht. Das Licht des Sterns trifft auf die Atome des Gases, aus dem er besteht. Jedes Atom hat eine Hülle aus Elektronen und wenn ein Lichtteilchen mit genau der richtigen Energie auf das passende Elektron trifft, kann es absorbiert werden. Licht mit genau dieser Energie fehlt dann später im Spektrum und dort erscheint eine dunkle Linie. Und da unterschiedliche chemische Elemente unterschiedliche Elektronenhüllen haben, erzeugen sie auch unterschiedliche Spektrallinien.
Aber noch wichtiger ist: Die Position der Spektrallinien verschiebt sich, wenn sich der Stern bewegt. Das ist der gleiche Effekt, der auch die Tonhöhe der Sirene eines Polizeiautos verschiebt, das an uns vorbei fährt. Kommt es auf uns zu, werden die Schallwellen zusammengedrängt und der Ton wird höher; entfernt es sich, werden die Wellen gedehnt und der Ton tiefer. Genauso ändert sich die Frequenz des Lichts, wenn sich der Stern auf uns zu bewegt oder von uns weg. Kommt er auf uns zu, werden die Spektrallinien zum blauen, also kurzwelligen Ende des Spektrums verschoben. Entfernt er sich, dann verschiebt sich alles Richtung rot. Ein Stern der wackelt, kommt mal auf uns zu und mal entfernt er sich wieder (wenn wir nicht gerade das Pech haben, genau von “oben” oder “unten” auf ihn zu blicken; also senkrecht zur Ebene, in der er hin und her wackelt). Das macht er in periodischen Abständen und die Periode entspricht genau der Umlaufzeit des Planeten, der das Wackeln verursacht. Würde die Sonne nur von der Erde umkreist werden, dann würde die Sonne im Laufe eines Jahres genau einmal hin und her wackeln.
Astronomen haben sich also Ende der 1980er Jahre auf die Suche nach diesem Wackeln gemacht. Sie haben Spektren von Sternen aufgenommen und nachgesehen, ob die Spektrallinien dort hin und her wackeln und sich von blau nach rot und wieder zurück verschieben. Sie rechnete nicht sofort mit Erfolg. Ganz im Gegenteil. Da die Periode des Wackelns der Umlaufzeit der potentiellen Planeten entspricht und man mit der damaligen Technik nur sehr große Planeten finden konnte, die ein starkes Wackeln verursachen, stellte man sich auf eine lange Suche an. Denn große Planeten vermutete man auch in großer Entfernung vom Stern, wo sie auch länger für einen Umlauf brauchen. So war es ja auch bei uns im Sonnensystem und so sagte es die Theorie der Planetenentstehung vorher.
Am Anfang entstehen noch alle Planeten gleich. Aus dem Staub der Staubscheiben (die kannte man ja schon) entstanden zuerst Asteroiden und dann Planeten. Wie es dann weitergeht, hängt davon ab, wo man sich befindet. Nah am Stern ist es warm und leicht flüchtige Elemente wie Helium, Wasserstoff oder Eis konnte nicht lange überleben. Entweder verdampfte das Zeug oder es bewegte sich dank der hohen Temperaturen zu schnell, um an einen der jungen Planeten gebunden zu werden. Aber weiter draußen war es kühl! Hier war das Wasser gefroren und konnte so wie die Felsbrocken zum Bau von Planeten verwendet werden. Die Planetenkerne wuchsen schneller und wurden größer, so groß, dass sie schließlich auch Gase wie Helium und Wasserstoff an sich binden konnte. So entstanden die großen Gasriesen wie Jupiter und Saturn.
Die Astronomen suchten also nach großen Planeten mit langen Umlaufzeiten. Wenn so ein Planet 10 Jahre für einen Umlauf braucht, dann muss man auch mindestens 10 Jahre lang Daten sammeln, bevor man überhaupt irgendwas entdecken kann und noch länger, um die Entdeckung zu bestätigen. Es war also nicht unbedingt nötig, die Daten sofort auszuwerten, man konnte erst mal in Ruhe sammeln. Das aber stellte sich als Fehler heraus. In den 1990er Jahren konkurrierten weltweit verschiedenste Teams und alle wollten als erste einen Planeten finden. Was die Technik anging, waren alle im Wesentlichen gleich auf. Jeder hätte das Rennen gewinnen können. Gewonnen haben es aber dein zwei Astronomen aus der Schweiz mit einem Fund, der alle verblüffen sollte.
Michel Mayor und Didier Queloz machten das, was alle anderen auch machten. Sie namen Spektren von Sternen auf und suchten darin nach dem charakteristischen Wackeln. Aber bei der Datenauswertung hatten die beiden einen Vorteil. Ihre Computerprogramme waren viel schneller als die der Kollegen. Sie konnten die Daten im Wesentlichen sofort nach der Beobachtung auswerten. Und das brachte schließlich den Durchbruch! Denn so konnten sie das finden, mit dem niemand gerechnet hatte.
1995 entdeckten Mayor und Queloz das der Stern 51 Pegasi genau die hin und her schwankenden Spektrallinien zeigte, die alle suchten. Sie konnten berechnen, wie schwer das Objekt ist, das diese Schwankungen verursacht: mindestens halb so schwer wie Jupiter; vermutlich größer. Es musste sich also um einen Planeten handeln. So weit so gut. Dieser Gasriese aber umkreiste seinen Stern nicht in großer Entfernung mit einer langen Umlaufzeit. Der Planet brauchte dafür keine Jahrzehnte, sondern nur wenig mehr als 4 Tage! Damit hatte niemand gerechnet. So eine kurze Umlaufzeit war absurd. Selbst Merkur, der sonnennächste Planet in unserem Sonnensystem, braucht für einen Umlauf 88 Tage. Der Abstand zwischen Stern und Planet betrug nur knapp 8 Millionen Kilometer!
Zuerst glaubten die anderen Astronomen diese Ergebnisse nicht. Dann aber sahen sie in ihren eigenen Daten nach (die immer noch unausgewertet im Archiv lagen) und bestätigten die Ergebnisse. So absurd dieser Planet auch war, er war eindeutig vorhanden. Man hatte den ersten extrasolaren Planet entdeckt, der einen normalen Stern umkreiste und er war anders als irgendwer erwartet hatte. Wie konnte ein großer Gasplanet so nah an seinen Stern gelangen? Er konnte dort ja nicht entstanden sein…
In den folgenden Jahren fand man immer mehr dieser Planeten, die man mittlerweile “Hot Jupiters” getauft hatte. Und man fand heraus, wie sie dort hin gekommen sind, wo sie gefunden wurde. Sie entstanden tatsächlich weiter entfernt von ihrem Stern, dort wo Gasriesen normalerweise entstehen. Aber dann begannen sie zu wandern. Die gravitative Wechselwirkung zwischen dem Planeten und der Scheibe aus Gas, Staub und Trümmern sorgte dafür, dass Planeten näher an ihren Stern rücken können (ich habe das hier ausführlich erklärt).
Die letzten Jahre des letzten Jahrtausends waren eine aufregende Zeit in der Exoplanetenforschung. Endlich hatte man die Planeten gefunden, die man so lange gesucht hatte. Wir waren nicht allein, es gab da draußen auch noch andere Sterne, die von Planeten umkreist wurden. Das war eine großartige Entdeckung; meiner Meinung nach gehört sie zu den größten Entdeckungen der Menschheit (und Mayor und Queloz sollten gefälligst mal einen Nobelpreis bekommen!). Aber ansonsten war die neue Welt der Exoplaneten völlig verwirrend. Die fremden Sonnensysteme waren tatsächlich fremd und überhaupt nicht so, wie man es erwartet hatte. Aber genau deswegen forscht man ja schließlich! Man will neue Dingen entdecken; Dinge mit denen man nicht rechnet. Denn genau diese Dinge sind es, die uns vorwärts bringen und von denen wir völlig neue Sachen lernen können. Und von den ersten Exoplaneten haben wir verdammt viel darüber gelernt, wie Planeten entstehen und wie sich Planetensystem verhalten.
In den Jahren danach wurden die Instrumente der Astronomen besser und je besser sie wurden, desto “normaler” wurden die Planeten, die man damit finden konnte. Obwohl dort draußen eigentlich nichts normal ist…
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