Ich selbst verfolge die Vorgänge nur aus der Ferne, die Astronomin Elisabeth Guggenberger ist allerdings vor Ort und hat einen Gastbeitrag verfasst, in dem sie aus ihrer Sicht schildert, was derzeit im Wiener Sternwartepark passiert.
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(Hoffentlich kein) Nachruf an den Sternwartepark
Gastbeitrag von Elisabeth Guggenberger
Ich kann es kaum in Worte fassen wie mir momentan das Herz blutet.
Seit etwa 10 Jahren kenne ich jetzt den Sternwartepark in Wien Währing, erst aus meiner Studienzeit am Institut für Astronomie, jetzt als das Areal das meinen Arbeitsplatz umgibt. Obwohl ich zwar wusste, dass mir dieser Ort etwas besonderes ist, war mir nicht klar wie schlimm es werden würde und wie sehr es mir in der Seele weh tut wenn ich jetzt die Motorsägen höre und das splitternde Holz.
Als Naturdenkmal 713 steht (oder stand?) dieses Areal unter einem besonderen Schutz. Die alten Bäume durften dort vermodern, der Wald war ungestört, in das Ökosystem war seit etwa 130 Jahren - denn etwa so lange gibt es die Sternwarte samt dem umgebenden Areal schon – kaum eingegriffen worden. In diesem kleinen Stück echter Wildnis mitten in Wien lebten Dachse, Füchse, verschiedenste Vögel (deutlich mehr verschiedene Spechtarten als ich benennen kann), und sogar ein Waldkauz!
Meistens wenn ich abends mal länger im Büro blieb, konnte ich nach Einbruch der Dunkelheit draußen vor meinem Fenster den Kauz rufen hören, wie als Erinnerung dass ich es zu spät habe werden lassen. Manchmal konnte ich ihn über mir fliegen sehen wenn ich mich endlich auf den Heimweg machte. Und manchmal wenn es länger dauerte, oder nach einer Nacht am Teleskop, begegnete ich am Heimweg auf dem kaum beleuchteten Weglein dem Dachs.
Das Areal war hinter verschlossenen Mauern. Auch Mitarbeiter durften es nur auf wenigen gekennzeichneten Wegen durchqueren. Und damit sind wir auch schon bei den Problemen.
Vor etwa einem Jahr begann eine Kampagne der Kronenzeitung zur Öffnung des Parkes. Das weckte in vielen Freunden des Sternwarteparks von Anfang an große Sorge. Nicht, weil wir es den Leuten nicht gönnen würden, sich an der ursprünglichen Wildnis zu erfreuen, ganz und gar nicht. Ich würde mir vielmehr sogar wünschen, wenn die Leute in der Stadt sich mehr für Natur interessieren würden, und ich bin sehr dafür, dass man sich dieses Areal ansehen sollte!
Nun ist es aber so, dass wir leider in einer sicherheitsfanatischen Gesellschaft leben, in der uns nicht einmal mehr die Freiheit gegeben ist, in Eigenverantwortlichkeit neben einem morschen Baum vorbeizugehen. Alles muss heute Normen entsprechen und auf Sicherheit geprüft sein. Unter diesem Gesichtspunkt war eines völlig klar: nämlich dass man den Sternwartepark in seinem ursprünglichen, naturnahen Zustand nicht öffnen kann. Zu viele hohle Bäume könnten beim nächsten Sturm umfallen, so viele Äste auf die Wege stürzen. Es regte sich die Sorge, dass es durch Maßnahmen für die Sicherheit der Besucher zu massiven Veränderungen kommen könnte, die das Landschaftsbild und das Ökosystem zerstören. Dass der Urwald umgewandelt werden könnte in einen banalen Landschaftsgarten mit gepflegten Wegen und genormten Baumabständen, zu einem Park wie es sie zu hunderten schon in Wien gibt. Übrigens nicht nur irgendwo in Wien, sondern exakt 130 m neben dem Sternwartepark. Das habe ich gerade selbst noch mal im Stadtplan nachgemessen. Dort liegt nämlich der sogenannte Türkenschanzpark mit seinen Liegewiesen, Teichen, Volleyballplätzen, Spielplätzen, Skateparks, und seinen – sage und schreibe – 150.000 Quadratmetern Fläche. Der Sternwartepark hat nur ein Drittel dieser Größe.
Auch eignet sich der Sternwartepark ja gar nicht für solche Dinge wie zum in der Sonne liegen, denn das Areal ist zum größten Teil dicht bewaldet. Mir reichlich Unterholz wie es die Wildtiere als Versteck und als Behausung lieben, aber wie es die Menschen zum Spazieren gehen gar nicht lieben.
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