Für die Anrainer geschieht diese Öffnung des Parks also nicht. Wenn die ins Grüne wollten, mussten sie entweder nur einen Schritt vor ihre Villa in ihr Anwesen setzen (ja richtig, der Sternwartepark liegt in einem Villenviertel) oder sie gingen die zwei Minuten zum Türkenschanzpark .
Als sich der Widerstand gegen die Öffnung formierte, waren es aus diesem Grund sogar die Anrainer, die den Verein “Rettet des Sternwartepark” gründeten, den Verein der sich für den Erhalt des Naturdenkmals in seinem ursprünglichen Zustand einsetzte und jeden Eingriff ablehnte! Und wer sich für den Sternwartepark im Speziellen interessierte, hat ihn bei ohnedies immer schon bei den regelmäßig abgehaltenen Führungen besichtigen können oder konnte während der Uni-Öffnungszeiten einfach hineingehen, so wie es Mitarbeiter, Studenten, Lieferanten etc ja auch taten.
Von offizieller Seite wurde die Sorgen jedenfalls immer wieder beschwichtigt: “Die Grünflächen sollen in einem ursprünglichen, naturnahen Zustand bleiben, also nicht umgestaltet werden”, sagt BIG-Pressesprecher Ernst Eichinger zur Tageszeitung Standard, und “Die Anlage bleibt im naturnahen Zustand erhalten, es wird keine Asphaltierungen oder Rodungen geben”. Heißt es auf der offiziellen Homepage der Stadtregierung.
Also verstummte nach und nach der Protest. Bis vor wenigen Tagen jedenfalls, als ohne jede Ankündigung die Forstarbeiter kamen. Seither wird jetzt, mitten in der Hauptbrutzeit der Vögel, geschlägert und gefällt. Das Röhren der Motorsägen begleitet seither den Büroalltag, hin und wieder unterbrochen vom Splittern der stürzenden Bäume. Große Maschinen fahren durch den Wald, zerkleinern Baumstämme, transportieren Totholz ab. Auf Anfrage teilte man uns mit, dass 46 Bäume gefällt werden weil sie zu nahe an den Wegen stünden. Eine Sicherheitsmaßnahme natürlich. Auch die Kronenzeitung – in die Defensive gedrängt (das erlebt man selten!) – schreibt beschwichtigend, gar nichts wäre zerstört worden, es wären ja eh nur Baumleichen gefällt worden.
Nun muss man aber wissen, warum denn das Sternwarteareal eigentlich Naturdenkmal ist. Was unterscheidet denn diesen Wald von anderen, so dass er einen Schutzstatus bekommen hat, und andere nicht? Auch das kann man auf der Homepage der Stadt Wien nachlesen:
Landschaftsschutzgebiet Währing Parkanlagen (Teil C)
Schutzziel:
Erhaltung und Förderung naturnaher Strukturen im Rahmen der historischen Parkanlage des Türkenschanzparks, die Erhaltung von Altholz und Hohlbäumen im Bereich des Naturdenkmales “Sternwartepark”.
Die Erhaltung von Altholz und Hohlbäumen also. Und genau diese beiden Dinge werden jetzt umgeschnitten, zerlegt und mit schweren Maschinen hinausgeschafft. Ironischerweise passiert das, obwohl auch die Österreichischen Bundesforste seit einigen Jahren für den Erhalt von Totholz mobil machen (siehe Presseaussendung ”Kein Leben ohne Totholz”) und obwohl wir in Wien derzeit zum ersten Mal eine rot-grüne Koalition in der Stadtregierung haben, sodass man hätte meinen könnte, die Wiener Natur wäre in guten Händen.
Man kann diesen Faden natürlich auch weiterspinnen, wenn man möchte. Was ist denn, wenn jetzt alles, was die Besonderheit des Areals ausmacht und einen Schutz rechtfertigt, erfolgreich beseitigt wird? Was würde passieren, wenn dann jemand den Status als Naturdenkmal in Frage stellt und ein Gutachten einfordert? Wie weit ist es von hier noch bis zu einer Umwidmung des Areals? Lecken sich schon potentielle Interessenten die Lippen? Ich bin ja eigentlich keine Freundin von Verschwörungstheorien, aber momentan schlägt sich wohl die Zerstörung aufs Gemüt, die ich seit Tagen unfreiwillig mit ansehen muss.
Ich hoffe jedenfalls, dass die Maßnahmen die jetzt gesetzt wurden kein fataler Schritt weg vom Biotop und hin zum begehrten Baugrund waren, und dass dieser Artikel kein Nachruf an das Wiener Naturdenkmal 713 sein wird, sondern das bleibt was er jetzt ist: ein Hilferuf um weiteren Wahnsinn zu stoppen.
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