Natürlich ist auch das nichts Außergewöhnliches. Ketten, Absperrbänder, Schnüre, Leitungen: Andauernd hängt irgendwo irgendwas. Aber wenn man genauer darüber nachdenkt, warum die Dinge hängen, kann man einiges über das Universum lernen.
Mathematisch wird die Form so einer hängenden Kette (wenig überraschend) als “Kettenlinie“ bezeichnet. Man kann ihre Form mathematisch exakt beschreiben; die entsprechende Ableitung möchte ich hier jetzt aber nicht präsentieren – mit ein wenig physikalisch-mathematischen Grundlagendwissen kann man das aber auch selbst machen. Am Ende zeigt sich, dass die Kettenlinie durch den Kosinus Hyperbolicus (cosh) beschrieben wird. Wer es genau wissen will – so sieht die Formel aus:
Historisch gesehen haben sich erstaunlich viele berühmte Mathematiker mit dem Thema beschäftigt. Galileo Galilei glaubte, die Kurve wäre eine Parabel; im 17. Jahrhundert zeigte aber Joachim Jungius dass dies nicht korrekt war. Robin Hooke, Gottfried Leibnitz und Christian Huygens beschäftigten sich damit und fanden schließlich die Formel, die die Kettenlinie beschreibt, nachdem Jakob Bernoulli dazu aufgerufen hatte, das Problem endlich zu lösen.
Im 18. Jahrhundert war es dann schließlich der große Leonard Euler, der das zeigte, was ich an dieser Kurve so beeindruckend finde. Rotiert man die Kettenlinie um die x-Achse, erhält man eine Form, die man Katenoide nennt. Und Euler zeigte, dass es sich dabei um eine Minimalfläche handelt, also eine Fläche, die unter vorgegebenen Rahmenbedingungen den geringst möglichen Flächeninhalt einnimmt.
Das ist auch irgendwie logisch, denn die Kette hängt ja einfach nur passiv zwischen zwei Pfosten. Dabei nimmt sie natürlich auch automatisch den Zustand geringst möglicher Energie ein. Wollte man, dass die Kette zum Beispiel in der Mitte nicht nach unten, sondern nach oben zeigt, dann müsste man auf die eine oder andere Art Energie reinstecken (sie zum Beispiel schwingen). Und wenn die Energie wieder weg ist, dann hängt die Kette wieder durch. In diesem Zustand hat sie die geringste potentielle Energie. Aus dem gleichen Grund fließt auch Wasser immer nach unten. Um Wasser (oder sonst irgendwas) nach oben zu heben, braucht man Energie. Wasser weiter oben hat also mehr potentielle Energie als Wasser weiter unten. Also fließt es, sich selbst überlassen, immer nach unten, in den Zustand geringster Energie. Aus dem gleichen Grund ist die Wasseroberfläche (wenn wir mal von Dingen wie Oberflächenspannung absehen) immer eben. Ein Buckel im Wasser hätte eine höhere potentielle Energie und gleicht das aus, in dem er zerfließt.
Und ebenfalls aus dem gleichen Grund, sind Sterne und Planeten rund. Die Kugel ist die Form, die bei vorgegebenen Volumen die kleinste Oberfläche hat. Die Oberfläche einer Kugel ist also, so wie die Katenoide, ebenfalls eine Minimalfläche. Bei einer Kugel sind alle Punkte gleich weit vom Mittelpunkt entfernt, überall wirkt die gleiche gravitative Anziehungskraft. Wäre es anders, wäre die potentielle Energie nicht minimal und solche Zustände mag das Universum nicht. Das ist der Grund, warum Himmelskörper wie die Sonne oder die Erde rund sind: unter ihrer eigenen Gravitationskraft nehmen sie den Zustand ein, der die größte Gravitationsbindungsenergie hat. Das bedeutet, die Kugel ist die Form, bei der man am meisten Energie aufwenden muss, um sie zu verformen und damit auch die Form, die von selbst entsteht, wenn man von außen keine Energie reinsteckt (Natürlich ist die Erde keine exakte Kugel, weil hier noch andere Faktoren eine kleinere Rolle spielen; aber in erster Näherung ist sie eine sehr exakte Kugel mit minimalen Abweichungen).
Die herumhängenden Stromleitungen und Ketten zeigen uns also quasi die fundamentale Faulheit des Universums und seinen Wunsch, immer den energetisch günstigsten Zustand einzunehmen. Die Leitung hängt aus dem gleichen Grund genau so in der Gegend herum, aus dem auch die Erde rund ist!
So gehts weiter
Eigentlich wäre der morgige Tag für eine Tour über die Thüringer Stauseen reserviert gewesen. Aber diesen Teil habe ich ja nun schon übersprungen und vermutlich hätten mir die Seen bei dem Mistwetter eh keinen Spaß gemacht. Wenn schon See, dann mit Sonne und der Möglichkeit irgendwo gemütlich am Seeufer Pause machen zu können. Die nächste Etappe wird mich nun also von Saalfeld an der Saale entlang nach Jena führen. Dort werde ich zuhause einen Ruhetag einlegen und erstens auf besseres Wetter hoffen und zweitens darauf, dass meine Erkältung endlich verschwindet. Ich bin nach meiner Krankheit letzte Woche doch nicht so fit wie ich dachte und das Radfahren strengt mich doch mehr als, als es das sonst tut. Vor allem bei diesem Mistwetter! Wenn sich das nicht ändert, werde ich die Tour vielleicht auch komplett unterbrechen. Ich hab keine Lust, mich bei Kälte und Regen auf dem Fahrrad abzuquälen. Mal sehen, wie das Wetter morgen wird. Wenn es wieder mies ist, dann fahr ich vielleicht gleich mit dem Zug weiter nach Jena und hoffe auf wärmere Temperaturen, wenn ich am Wochenende weiter Saaleabwärts radle. Zu entdecken gibt es sicher auch vom Zug aus etwas!
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