In den folgenden Jahren hat man die Detektoren verbessert und Silizium statt Germanium benutzt (da man nicht weiß, welche Masse die Teilchen der dunklen Materie haben, probiert man verschiedene Elemente aus – bei bestimmten Massen gibt Silizium ein besseres Signal als Germanium). Und auch das CDMS-II Experiment hat interessante Daten geliefert (“Dark Matter Search Results Using the Silicon Detectors of CDMS II”). Die im April veröffentlichten Ergebnisse zeigen drei Signale, die zu einem Dunkle-Materie-Teilchen mit einer Masse von 8,9 GeV passen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass die drei Signale auf das Hintergrundrauschen zurück zu führen sind, beträgt 0,2 Prozent. Mit 99,8 Prozent stammen sie von einem bisher unbekannten Teilchen, dass sich genau so verhält wie es dunkle Materie tun sollte.
Das klingt beeinddruckend, reicht aber nicht aus, um als “Entdeckung” zu gelten. Die Physiker setzen hier viel strengere Maßstäbe an. So eine Wahrscheinlichkeit nennen die Teilchenphysiker “3 Sigma” und für eine Entdeckung braucht man mindestens 5 Sigma. Ich habe die Sache mit den Sigmas und den Wahrscheinlichkeiten hier ausführlich erklärt. Erst wenn man sich zu 99,9999 Prozent sicher sein kann, dass die Detektion nichts mit dem Hintergrund zu tun hat, kann man eine Entdeckung verkünden. Aber die Ergebnisse sind vielversprechend. Denn auch andere Experimente kommen zu ähnlichen Daten.
Man kann nämlich nicht nur unter der Erde nach der dunklen Materie suchen, sondern auch im Weltall. Dort probiert man, Antimaterie zu detektieren. Die dunkle Materie soll ja aus sogenannten WIMPs, den Weakly Interacting Massive Particles, bestehen. So wird eine hypothetische Art von Elementarteilchen bezeichnet, die sich nicht nur wie die dunkle Materie verhalten, sondern auch noch ein paar andere besondere Eigenschaften haben. Unter anderem sind WIMPs ihre eigenen Antiteilchen. Stoßen also zwei davon zusammen, dann zerstören sie sich gegenseitig und es wird Energie frei. Aus dieser Energie entstehen diverse andere, kurzlebige Teilchen, die selbst wieder zerfallen und am Ende bleiben stabile Positronen übrig. Das sind die Antiteilchen des Elektrons und eigentlich sollte es davon im Universum keine mehr geben. Alle Positronen, die damals beim Urknall entstanden sind, sollten schon längst mit normaler Materie kollidiert und zerstört worden sein. Positronen, die heute noch existieren, müssen also vor nicht allzu langer Zeit (astronomisch gesehen) erzeugt worden sein. Zum Beispiel bei Pulsaren oder Supernova-Explosionen. Oder eben durch die Kollision von WIMPs.
Man kann nun also messen, wie viele Positronen durchs All schwirren. Wenn sie aus den normalen, astronomischen Quellen stammen, dann sollte das vor allem niedrigenergetische Positronen sein. Und zwar um so weniger, je höher ihre Energie ist, da diese von den konventionellen astronomischen Quellen seltener erzeugt werden. Solche Messungen wurden vom AMS-Experiment durchgeführt. Der AMS-Detektor befindet sich auf der Internationalen Raumstation und hat zwischen Mai 2011 und Dezember 2012 jede Menge Positronen registriert. So sehen die Daten aus:
Man sieht die Menge an Positronen die bei bestimmten Energien gefunden wurden. Im linken Bereich verhält sich die Kurve so, wie erwartet. Je höher die Energie, desto weniger wird registriert. Aber bei ungefähr 10 GeV steigt die Kurve wieder an! Das ist ein deutlicher Hinweis auf eine weitere Quelle im Universum, die hochenergetische Positronen erzeugt. AMS hat außerdem gemessen, dass diese nicht erwarteten Positronen gleichmäßig aus allen Richtungen am Himmel kommen. Das ist genau das, was die Positronen tun würden, die durch die Kollision dunkler Materie entstehen. Denn die befindet sich ja überall. Außerdem passen diese Daten sehr gut zu früheren Positronen-Messungen und den Messungen des FERMI-Gammastrahlenteleskops (bei der Kollision von WIMPs wird auch Gammastrahlung frei).
Auch hier ist noch nicht eindeutig geklärt, ob es sich wirklich um die Auswirkungen dunkler Materie handelt. Wenn es so ist, dann sollte die Kurve bei sehr hohen Energien wieder abfallen. Man hat in diesem Bereich aber noch nicht genug Messungen, um das bestätigen oder widerlegen zu können. Momentan weiß man nur, dass es im Universum eine bisher unbekannte Quelle an Positronen gibt. Ob es sich dabei um kollidieren WIMPs handelt oder nicht, werden die zukünftigen Daten von AMS zeigen.
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