In den ersten sechs Teilen dieser Serie (Teil 1, Teil 2, Teil 3, Teil 4, Teil 5, Teil 6) ging es um all die Beobachtungen, die uns im Laufe der letzten Jahrzehnte zu der Erkenntnis geführt haben, dass es im Universum mehr gibt, als nur die Materie, die man sehen kann. Da draußen ist auch noch dunkle Materie; Materie, die nicht leuchtet und auch kein Licht reflektiert. Materie, die fundamental anders ist als die “normale” Materie, aus der wir bestehen und all die Dinge, die wir um uns herum sehen können. Aber wenn wir auch wissen, dass die dunkle Materie da ist, wissen wir noch nicht, aus was sie besteht. Aber die Chancen stehen gut, dass man dieses Rätsel in den nächsten Jahren lösen kann…

Wie identifiziert man etwas, was man nicht sehen kann? Das ist schwer, aber nicht unmöglich. Wenn man davon ausgeht, dass die dunkle Materie aus bisher noch unbekannten Elementarteilchen besteht, dann muss man diese Teilchen nur mit entsprechenden Experimenten nachweisen oder erzeugen. Oder besser gesagt: Man muss sie “nur” nachweisen oder erzeugen. Wie langwierig so eine Suche nach unbekannten Teilchen sein kann, hat man ja beim Higgs-Boson gesehen. Aber bei der dunklen Materie ist man schon auf einem guten Weg. Hier stehen den Wissenschaftlern drei grundlegende Wege offen und zumindest zwei davon sehen derzeit so aus, als würden sie zum Ziel führen.

Der erste Weg besteht in einer Detektion der Teilchen mit entsprechenden Detektoren auf der Erde. Ungefähr so ähnlich, wie das auch mit den Neutrinos passiert. Wie ich im letzten Teil erklärt habe, SIND Neutrinos ja dunkle Materie – nur eben leider nicht die Sorte, die wir suchen. Neutrinos existieren überall im All und interagieren dabei so gut wie nie mit normaler Materie. Ständig sausen unzählige Neutrinos durch die Erde und bemerken sie dabei nicht mal. Man muss gewaltige Neutrinodetektoren bauen, um zumindest ein paar der Billiarden Teilchen einzufangen, die ständig durch die Erde sausen. Dabei kann man sie aber nicht direkt sehen, sondern nur dann, wenn sie doch mal eine Ausnahme machen und mit einem Teilchen der normalen Materie zusammenstößt. Das kommt extrem selten vor, aber ab und zu passiert es. Genau so müsste sich auch die dunkle Materie verhalten, die wir suchen. Sie befindet sich überall im Universum; die Teilchen sausen durch die Erde und mit etwas Glück und den richtigen Detektoren lassen sich vielleicht ein paar davon finden. Ab und zu wird ein Teilchen der dunklen Materie mit einem normalen Atom zusammenstoßen. Dadurch wackelt das Atom ein bisschen und gibt Wärme ab – und das kann man messen.

Das unterirdische CDMS-Labor (Bild: Ben Edwards CC-BY-NS-SA 2.0)

Das unterirdische CDMS-Labor (Bild: Ben Edwards CC-BY-NS-SA 2.0)

Wie die großen Neutrinodetektoren müssen auch die Geräte zum Aufspüren der dunklen Materie tief unter der Erde aufgestellt werden. Denn an der Erdoberfläche existiert zu viel störende Strahlung aus anderen Quellen, die ebenfalls das gesuchte Signal verursachen würde. Nur tief unter der Erde ist das Hintergrundrauschen gering genug.

Solche Experimente gab es im Laufe der Zeit schon einige uns bis jetzt waren sie nie so richtig erfolgreich. Man sah zwar Signale, aber nicht in ausreichender Anzahl, um sich wirklich sicher sein zu können, dass sie von dunkler Materie stammen. Schon im Jahr 2009 hat das CDMS (Cryogenic Dark Matter Search) Experiment vielversprechende Hinweise entdeckt (ich habe damals darüber gebloggt). In einer ehemaligen Mine in Minnesota standen Detektoren, mit Germanium gefüllt. Wenn die dunkle Materie auf die Germaniumatome trifft, dann sollten dabei beobachtbare Signale entstehen. Das immer noch schwach vorhandene Hintergrundrauschen der Störstrahlung sollte ungefähr 0,8 Signale pro Kilogram Germanium erzeugen. Gemessen hat man aber zwei Signale! Das ist mehr als erwartet, aber leider nicht gut genug um wirklich sicher sein zu können. Das Hintergrundrauschen kann fluktuieren und vielleicht hatte man gerade Pech und überdurchschnittlich viel Rauschen gemessen.

In den folgenden Jahren hat man die Detektoren verbessert und Silizium statt Germanium benutzt (da man nicht weiß, welche Masse die Teilchen der dunklen Materie haben, probiert man verschiedene Elemente aus – bei bestimmten Massen gibt Silizium ein besseres Signal als Germanium). Und auch das CDMS-II Experiment hat interessante Daten geliefert (“Dark Matter Search Results Using the Silicon Detectors of CDMS II”). Die im April veröffentlichten Ergebnisse zeigen drei Signale, die zu einem Dunkle-Materie-Teilchen mit einer Masse von 8,9 GeV passen würde. Die Wahrscheinlichkeit, dass die drei Signale auf das Hintergrundrauschen zurück zu führen sind, beträgt 0,2 Prozent. Mit 99,8 Prozent stammen sie von einem bisher unbekannten Teilchen, dass sich genau so verhält wie es dunkle Materie tun sollte.

Das klingt beeinddruckend, reicht aber nicht aus, um als “Entdeckung” zu gelten. Die Physiker setzen hier viel strengere Maßstäbe an. So eine Wahrscheinlichkeit nennen die Teilchenphysiker “3 Sigma” und für eine Entdeckung braucht man mindestens 5 Sigma. Ich habe die Sache mit den Sigmas und den Wahrscheinlichkeiten hier ausführlich erklärt. Erst wenn man sich zu 99,9999 Prozent sicher sein kann, dass die Detektion nichts mit dem Hintergrund zu tun hat, kann man eine Entdeckung verkünden. Aber die Ergebnisse sind vielversprechend. Denn auch andere Experimente kommen zu ähnlichen Daten.

Man kann nämlich nicht nur unter der Erde nach der dunklen Materie suchen, sondern auch im Weltall. Dort probiert man, Antimaterie zu detektieren. Die dunkle Materie soll ja aus sogenannten WIMPs, den Weakly Interacting Massive Particles, bestehen. So wird eine hypothetische Art von Elementarteilchen bezeichnet, die sich nicht nur wie die dunkle Materie verhalten, sondern auch noch ein paar andere besondere Eigenschaften haben. Unter anderem sind WIMPs ihre eigenen Antiteilchen. Stoßen also zwei davon zusammen, dann zerstören sie sich gegenseitig und es wird Energie frei. Aus dieser Energie entstehen diverse andere, kurzlebige Teilchen, die selbst wieder zerfallen und am Ende bleiben stabile Positronen übrig. Das sind die Antiteilchen des Elektrons und eigentlich sollte es davon im Universum keine mehr geben. Alle Positronen, die damals beim Urknall entstanden sind, sollten schon längst mit normaler Materie kollidiert und zerstört worden sein. Positronen, die heute noch existieren, müssen also vor nicht allzu langer Zeit (astronomisch gesehen) erzeugt worden sein. Zum Beispiel bei Pulsaren oder Supernova-Explosionen. Oder eben durch die Kollision von WIMPs.

Man kann nun also messen, wie viele Positronen durchs All schwirren. Wenn sie aus den normalen, astronomischen Quellen stammen, dann sollte das vor allem niedrigenergetische Positronen sein. Und zwar um so weniger, je höher ihre Energie ist, da diese von den konventionellen astronomischen Quellen seltener erzeugt werden. Solche Messungen wurden vom AMS-Experiment durchgeführt. Der AMS-Detektor befindet sich auf der Internationalen Raumstation und hat zwischen Mai 2011 und Dezember 2012 jede Menge Positronen registriert. So sehen die Daten aus:

Man sieht die Menge an Positronen die bei bestimmten Energien gefunden wurden. Im linken Bereich verhält sich die Kurve so, wie erwartet. Je höher die Energie, desto weniger wird registriert. Aber bei ungefähr 10 GeV steigt die Kurve wieder an! Das ist ein deutlicher Hinweis auf eine weitere Quelle im Universum, die hochenergetische Positronen erzeugt. AMS hat außerdem gemessen, dass diese nicht erwarteten Positronen gleichmäßig aus allen Richtungen am Himmel kommen. Das ist genau das, was die Positronen tun würden, die durch die Kollision dunkler Materie entstehen. Denn die befindet sich ja überall. Außerdem passen diese Daten sehr gut zu früheren Positronen-Messungen und den Messungen des FERMI-Gammastrahlenteleskops (bei der Kollision von WIMPs wird auch Gammastrahlung frei).

Auch hier ist noch nicht eindeutig geklärt, ob es sich wirklich um die Auswirkungen dunkler Materie handelt. Wenn es so ist, dann sollte die Kurve bei sehr hohen Energien wieder abfallen. Man hat in diesem Bereich aber noch nicht genug Messungen, um das bestätigen oder widerlegen zu können. Momentan weiß man nur, dass es im Universum eine bisher unbekannte Quelle an Positronen gibt. Ob es sich dabei um kollidieren WIMPs handelt oder nicht, werden die zukünftigen Daten von AMS zeigen.

Am besten wäre es natürlich, wenn man ein WIMP direkt in einem Teilchenbeschleuniger erzeugen und nachweisen könnte. Neue Teilche zu erzeugen ist ja einer der Gründe, warum man die Beschleuniger überhaupt baut. Man lässt normale Materie bei enorm hohen Geschwindigkeiten kollidieren und sieht sich an, was aus der bei der Kollision freigesetzten Energie entsteht. Meistens sind es ganz normale Teilchen, aber ein paar davon können auch unbekannt sein. Auf diese Art hat man das Higgs-Teilchen am LHC-Beschleuniger entdeckt und so könnte man auch die dunkle Materie entdecken. Es gibt sogar eine Hypothese der Teilchenphysik, die ein exakt passendes Teilchen vorhersagt. Dabei geht man davon aus, dass Masse und Kräfte (und die ihnen zugeordneten Teilchen) unter bestimmten Umständen vertauscht werden können. Damit das klappt, braucht es aber eine spezielle Symmetrie. Diese Supersymmetrie-Hypothese sagt also vorher, dass jedes Teilchen ein noch bisher unbekanntes supersymmetrisches Partnerteilchen haben sollte. So wie jedes Teilchen ein Antiteilchen hat, muss es auch ein supersymmetrisches Pendant haben. Viele dieser supersymmetrischen Teilchen wären nicht lange stabil und würden gleich wieder zerfallen. Eines davon, das sogenannte “Neutralino”, wäre aber stabil. Das interessante an der Sache sind seine Eigenschaften: Berechnet man, wie viele Neutralinos laut Supersymmetrie im frühen Universum entstanden sind und multipliziert das mit seiner vermuteten Masse, dann kommt man der Menge an vorhandener dunkler Materie ziemlich nahe. Man hätte also nicht nur Beobachtungen, die zeigen, dass im Universum ein Haufen unbekannter Masse herumschwirrt, sondern auch noch eine völlig unabhängige Hypothese, die genau diese Menge an unbekannter Masse vorhersagt.

Bild: DESY

Bild: DESY

Das Neutralino wäre eine schöne und elegante Lösung für das Problem der dunklen Materie. Wenn es denn existiert… Bis jetzt hat man nämlich noch keine Hinweise darauf gefunden, dass die Supersymmetrie auch tatsächlich richtig ist. Neben der Suche nach dem Higgs-Boson ist die Suche nach der Supersymmetrie eine der Aufgaben, für die der LHC gebaut wurde. Bis jetzt hat man nichts gefunden. Diverse einfache Version der Supersymmetrie-Hypothese kann man mittlerweile schon ausschließen, denn man hätte die neuen Teilchen schon sehen müssen, wenn sie da wären.

Aber wer weiß… der LHC lief ja bis jetzt auch nur mit halber Kraft. Zur Zeit wird er gewartet und umgebaut und im Jahr 2015 soll er dann wieder laufen und zwar mit voller Kraft! Vielleicht findet man das Neutralino ja doch noch. Oder vielleicht findet man etwas ganz Neues; etwas, mit dem niemand gerechnet hat. Dafür macht man diese Experimente ja.

Die Geschichte der Dunklen Materie ist noch nicht zu Ende. Wir wissen, dass es im Universum mehr Materie gibt, als wir sehen können. Wir haben ein paar gute Vermutungen, worum es sich dabei handelt. Und wir haben Experimente und Beobachtungen, die diese Vermutungen zu bestätigen scheinen. Die Chancen stehen gut, dass wir in nicht allzuferner Zukunft tatsächlich wissen werden, was die dunkle Materie ist. Ich freue mich schon darauf!

Kommentare (59)

  1. #1 Wolfgang S.
    25. Juni 2013

    Moin,

    (siehe auch meine Frage #2 zum letzten Teil der Artikelserie)

    Also ich hab jetzt selbst mal ein bißchen recherchiert. Die italienische Gruppe, die ich meine ist DAMA im Gran Sasso. Dort wird publiziert, man hätte WIMP’s detektiert und würde sogar ein Signal in Abhängigkeit von der Jahreszeit messen. Ist jetzt also der Äther zurück?

    siehe auch: https://arxiv.org/pdf/1306.1411v2.pdf

  2. #2 H.M.Voynich
    25. Juni 2013

    “Unter anderem sind WIMPs ihre eigenen Antiteilchen.”

    Läßt sich auf Laienniveau erklären, warum WIMPs diese Eigenschaft haben müssen?

  3. #3 CM
    25. Juni 2013

    Ist jetzt also der Äther zurück?
    Wieso folgt das aus der Jahreszeitabhängigkeit? DM muß doch in unserer Galaxis, unserem Spiralarm, nicht absolut homogen verteilt sein und darf auch eine präferentielle “Strömungsrichtung” haben – im Grunde ist das sogar zu erwarten, oder? Schließlich unterliegt sie der Gravitation. Somit kann die Statistik mit einem apparenten Äther übereinstimmen, aber der prä-einsteinsche Äther hätte doch fundamental andere Eigenschaften – vor allem würde ein Raumschiff zwischen der Milchstrasse und Andromeda diesen “DM-induzierten” Schein-Äther nicht bemerken, weil dieser “Äther” sich in den Gravitationszentren bei den Galaxien konzentrieren würde.
    Kannst Du uns Deinen Gedankengang näher bringen – oder haben wir nur ein begriffliches Missverständnis? Danke.

  4. #4 PDP10
    25. Juni 2013

    @Florian:

    Ich bin jetzt ein bischen verwirrt was das CDMS-II Experiment angeht.
    Von den 3 Signalen hatte ich schon mal an anderer Stelle gelesen. Was mich jetzt verwirrt ist deine Formulierung zum CDMS Experiment weiter oben:

    “Das immer noch schwach vorhandene Hintergrundrauschen der Störstrahlung sollte ungefähr 0,8 Signale pro Kilogram Germanium erzeugen. Gemessen hat man aber zwei Signale! “

    Heisst das, die 3 Signale sind auch 3 / Kg Silizium?
    Oder insgesamt 3?
    (letzteres erschien mir schon die ganze Zeit etwas merkwürdig …)

  5. #5 PDP10
    25. Juni 2013

    @Wolfgang S.

    “Ist jetzt also der Äther zurück?”

    Abgesehen von den Ausführungen von CM:

    Sowas wie ein Äther müsste eine 24h Abhängigkeit zeigen, da sich mit jeder Erddrehung auch das Experiment einmal um die eigene Achse dreht.

  6. #6 CM
    25. Juni 2013

    @#5, PDP10: Nicht unbedingt: Das dürfte eine Frage der absoluten Messdauer sein. Angesichts der geringen Zahl der Ereignisse, muß man wohl sehr lange warten … mal so ins Blaue überlegt.

  7. #7 Florian Freistetter
    25. Juni 2013

    @PDP10: Müsste eigentlich pro kg sein…

  8. #8 PDP10
    25. Juni 2013

    @Florian:

    “Müsste eigentlich pro kg sein…”

    Dann wäre auf jeden Fall die 3 Sigma für mein Verständnis von Fehlerrechnung plausibel … 🙂

  9. #9 Wolfgang S.
    25. Juni 2013

    @CM
    war glaube ich blöde formuliert. Wollte nicht implizieren, dass das der gleiche Äther ist wie bei der historischen Licht-Äthertheorie.
    Sondern nur an die damaligen (negativen) Experimente zum Ätherwind erinnern, die auch eine Jahreszeitenabhängigkeit vorraussagten. (https://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84ther_(Physik))

  10. #10 CM
    25. Juni 2013

    Ach so. Sorry, für die heiße Luft.

  11. […] letzte Teil meiner Serie über dunkle Materie hat sich mit der experimentellen Suche nach ihrer wahren Natur […]

  12. #12 HFS
    25. Juni 2013

    Mich würde auch interessieren, warum man weiß, wie sich die WIMPs verhalten sollten (sind ihre eigenen Antiteilchen und produzieren Positronen mit hoher Energie). Ist WIMP in diesem Zusammenhang ein Synonym für das Neutralino von dem Du schreibst und diese Eigenschaften ergeben sich aus der SUSY? Es könnte doch auch WIMPs geben, die nichts mit SUSY zu tun haben?

  13. #13 Florian Freistetter
    25. Juni 2013

    @HFS: Ja, es gibt verschiedene Theorien. Z.B. Axionen, die haben nix mit Susy zu tun.Die grundlegenden Eigenschaften der WIMPS (interagieren nur per schwacher Kraft und Gravitation, etc) sind aber über all gleich.

  14. […] Teil 7: Dunkle Welten VII: Die Suche nach der dunklen Materie nähert sich dem Ende. Die Geschichte wird erst dann zu Ende sein, wenn man auch die Natur der dunklen Materie enträtselt hat, und genau weiß, woraus sie besteht. Die Ergebnisse der bisherigen Experimente sind aber recht vielversprechend. […]

  15. #15 Swage
    Germany
    26. Juni 2013

    @Wolfgang #1:

    Kannst du getrost vergessen, hat sich als Fehlfunktion der Messgeräte raus gestellt. Neutrinos (“Neutralionos”) und Supersymmetrie kannst du so ziemlich abhaken, so wie Herr Freistädter es auch im Artikel korrekt beleuchtet hat.

    Die Neutrino Theorie sah gut aus bis sie widerlegt wurde.

    Was mich stört ist das sie zwar einen Positronenanstieg UNBEKANNTER Quelle gemessen haben, aber dies DM zuzuschreiben und dann als Definition für die Spezifikationen der vermuteten Teilchen zu verwenden, obwohl die Quelle noch nicht mal gesichert ist (und da beißt sich die Schlange in den Schwanz, denn wäre die Quelle nachweislich DM bräuchte man auch die Spezifikationen für den Detektor nicht) ist… hanebüchen.

    Selbst wenn die Spezifikationen zu 100% erfüllt wären, wüssten wir ja nicht mal ob es die richtigen Spezifikationen sind.

    Die Erklärung das das Signal aus allen Richtungen kommt ist KEIN Hinweis auf ein DM Quelle.

    Erstmal die Kurve durch genau Messungen weiterverfolgen, schauen ob das überhaupt passt und DANN über erwartete Spezifikationen nachdenken.

    Das ist so als ob man einen Kuchen backt und mit dem Überzug anfängt. Sehr vertrauenerweckend sieht das für mich nicht aus.

  16. #16 Swage
    Germany
    26. Juni 2013

    Das Auftreten von Positronen könnte genauso gut ein Hinweis auf die massive Verwendung vom FTL Technologie (“Alcubierre Drive”) in der nähren Umgebung sein und das ist wenigstens ein Szenario das zum Auftreten exotischer Materie passt.

  17. #17 Florian Freistetter
    26. Juni 2013

    @Swage: “Neutrinos (“Neutralionos”) und Supersymmetrie kannst du so ziemlich abhaken, so wie Herr Freistädter es auch im Artikel korrekt beleuchtet hat.”

    Ich heiße Freistetter. Und ich habe nicht behauptet, das die Supersymmetrie abgehakt ist. Und Neutrinos und Neutralinos sind zwei völlig unterschiedliche Sachen.

    “Was mich stört ist das sie zwar einen Positronenanstieg UNBEKANNTER Quelle gemessen haben, aber dies DM zuzuschreiben und dann als Definition für die Spezifikationen der vermuteten Teilchen zu verwenden, obwohl die Quelle noch nicht mal gesichert ist”

    Ich kann dir nur nochmal empfehlen, dir zuerst mal die Grundlagen anzusehen. Dann kannst du auch die entsprechenden Fachartikel und Kommentare dazu lesen – und verstehst dann vielleicht, dass das was du schreibst nicht richtig ist.

  18. #18 Swage
    Germany
    26. Juni 2013

    Herr Freistetter, verzeihung. Natürlich haben Sie nicht behauptet das die Supersymetrie abgehakt ist. Das ist ja ein weites Feld, die Stringtheorie. ich glaube wir sind mittlerweile bei elf Dimensionen, obwohl ich mir da nicht 100%ig sicher bin.

    Ich behaupte das ^^

    Der Kommentar bezieht sich in dem Zusammenhang eher auf den Abschnitt über Neutrinos, die, wie Sie sehr richtig bemerkt haben, nicht das sind was wir suchen, obwohl wir bereits dachten wir wären ganz dicht dran.

    Ich beziehe mich da auf https://en.wikipedia.org/wiki/Faster-than-light_neutrino_anomaly.

    Es ist eben nicht der Fall und wie Sie sehr richtig bemerkt haben gibt es KEINE Hinweise darauf das die Supersymetrie Theorie richtig ist. Wenn man es mal ganz objektiv betrachtet würde man zugeben müssen das sich leider die Theorie nicht mit den Beobachtungen deckt. Also kommen sie mir nicht fehlendem Fachwissen, denn im Moment weiß absolut niemand irgendetwas mit den Beobachtungen anzufangen. Die Idee von zugehörigen Antiteilchen ist mir durchaus geläufig, auch wenn Sie da vermutlich weitaus versierter sind als ich, aber man muß kein großer Experte sein um die Probleme der Theorie zu erkennen.

    Und der Positronenanstieg kann alles mögliche bedeuten und weist keinesfalls schlüssig auf das Vorhandensein Dunkler Materie Hin.

    Ich empfehle dazu folgendes Dokument:
    https://ntrs.nasa.gov/archive/nasa/casi.ntrs.nasa.gov/20110015936_2011016932.pdf

  19. #19 Swage
    Germany
    26. Juni 2013

    Das dürfte in diesem Zusammenhang ebenfalls interessant sein, besonders im bezug auf die Daten die Kepler über Exoplaneten gesammelt hat:https://science.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/2011/11jan_antimatter/

    Es gibt viele gute Erklärungen für das Auftreten von Positronen.

  20. #20 Steffmann
    26. Juni 2013

    @Florian:

    Ich glaube, du hast hier die Frage von HMS nicht richtig beantwortet:


    25. Juni 2013

    @HFS: Ja, es gibt verschiedene Theorien. Z.B. Axionen, die haben nix mit Susy zu tun.Die grundlegenden Eigenschaften der WIMPS (interagieren nur per schwacher Kraft und Gravitation, etc) sind aber über all gleich

    Hmm, korrigiert mich, aber IMO ging es nicht darum, ob WIMPS schwach interagieren, sondern wie sie sich in einem Collector bemerkbar machen. Oder anders gefragt, sind die Signaturen tatsächlich so vorhersehbar ? Kann mich auch irren, aber so habe ich die Frage verstanden.

  21. #21 Florian Freistetter
    26. Juni 2013

    @Swage: “Es gibt viele gute Erklärungen für das Auftreten von Positronen.”

    UNd du wirst es nicht glauben: Die Wissenschaftler sind nicht ganz dumm und berücksichtigen das bei ihren Untersuchungen… Positronen haben z.B. unterschiedliche Energien, je nachdem aus welcher Quelle sie kommen. Um irgendwelche Gewitter-Positronen gehts hier nicht.

    P.S. Exoplaneten haben mit Positronen so überhaupt nichts zu tun…

  22. #22 Swage
    26. Juni 2013

    Ich habe nicht behauptet, das die Wissenschaftler dumm sind, davon möchte ich mich doch distanzieren. Was haben Exoplaneten mit Positronen zu tun? Nun, wenn es in deren Atmosphäre Gewitter gibt, eine ganze Menge. Aber gut, dann anderst rum: wie bestimmt man den Dunkler Materie zugehörigen Positronentyp?

  23. #23 Florian Freistetter
    26. Juni 2013

    @Swage: “Aber gut, dann anderst rum: wie bestimmt man den Dunkler Materie zugehörigen Positronentyp?”

    Die Theorie sagt einen bestimmten Typ vorher. Genau den Typ misst man.

  24. #24 Swage
    27. Juni 2013

    Jedenfalls gebe ich zu das es mit Gewittern wenig zu tun hat, da deren Energie bei ~500 KeV (jaahaa, ich habe nachgeschlagen) liegt, also weit unter dem von den Modellen vorhergesagten Bereich. Wenn ich mir so die momentanen Messungen ansehe haben wir etwas im ~350 GeV Bereich Das ist nicht wirklich genug und deckt sich (noch?) nicht mit den Vorhersagen. Laut Vorhersage (Dynamic Dark Matter Model, da gibt es mehrere – auch das habe ich nachgeschlagen ^^) sollten sich die Positronen bei ~1 TeV (10^12) einpendeln, dann wären einige bekannte Positronenquellen ausgeschlossen (z.B. Pulsare). Die Kurve die wir bis jetzt haben zeigt aber alles andere als ein gleichmäßiges Signal. Natürlich ist der interessante Bereich überhaupt nicht vorhanden, was bedeutet das dieses gleichbleibende Signal nicht auszuschließen ist, aber auch schwerlich dessen Existenz beweist. Es zeigt lediglich die Notwendigkeit für weitere Messungen im Hochenergiebereich auf.

    Um das Ganze auf den Punkt zu bringen:
    Herr Freistetter…
    …das ist noch nicht auzuschließen.

    Jedenfalls habe ich etwas über die zu durchschnittliche Energie von Gewitterpositronen gelernt, ist ja auch ein Schritt in die richtige Richtung ^^

  25. #25 Florian Freistetter
    27. Juni 2013

    @Swage: “Herr Freistetter… …das ist noch nicht auzuschließen. “

    Meine Güte – jetzt tu nicht ständig so, als hätten die Astronomen schon die Entdeckung der DM verkundet. Haben sie nicht. Hab ich auch nicht gesagt. Du könntest ja mal lesen, was ich geschrieben habe: “Auch hier ist noch nicht eindeutig geklärt, ob es sich wirklich um die Auswirkungen dunkler Materie handelt. Wenn es so ist, dann sollte die Kurve bei sehr hohen Energien wieder abfallen. Man hat in diesem Bereich aber noch nicht genug Messungen, um das bestätigen oder widerlegen zu können. Momentan weiß man nur, dass es im Universum eine bisher unbekannte Quelle an Positronen gibt. Ob es sich dabei um kollidieren WIMPs handelt oder nicht, werden die zukünftigen Daten von AMS zeigen.”

    Ich kann nur wieder darauf hinweisen, dass sich die Beschäftigung mit den astronomischen Grundlagen lohnt. Dann verstehst du vielleicht besser, worum es hier geht und worum es nicht geht.

  26. #26 Borg
    11. Juli 2013

    “Wir wissen, dass es im Universum mehr Materie gibt, als wir sehen können.”
    Woher wissen “wir” das denn? Welcher wissenschaftliche Beweis existiert denn, um diese Vermutung zu untermauern?

  27. #27 Florian Freistetter
    11. Juli 2013

    @Borg: “Woher wissen “wir” das denn? Welcher wissenschaftliche Beweis existiert denn, um diese Vermutung zu untermauern?”

    Falls es dir nicht aufgefallen ist: Du kommentierst hier gerade Teil 7 einer Serie über dunkle Materie. Und in den ersten 6 Teilen habe ich lange und ausführlich erklärt, welche Beobachtungen diese Behauptung untermauern. Die anderen Teile sind auch am Beginn des Textes verlinkt.

  28. #28 Thomas
    21. Juli 2013

    Hallo zusammen,

    Ich würde gerne mal eine absolute Laienfrage stellen, die mich beschäftigt, seit ich mal etwas über die allgemeine Relativitätstheorie gelesen habe.

    Mit der Aussage, dass Masse den Raum krümmt, habe ich mich gefragt, dass dies doch auch gleichzeitig heißt, dass der Raum “aus etwas besteht”. So wie das Wasser, indem sich die Fische bewegen, wir uns in diesem Raum bewegen. Vergleichbar mit einer Äthertheorie? Und dieses etwas, aus dem der Raum besteht, zum Teil eine DM erklären könnte?

    Ich hoffe, diese Frage ist nicht zu “dumm” gedacht.

    LG, Tom.

  29. #29 Alderamin
    4. November 2013

    Schlechte Nachrichten:

    Das neue LUX-Experiment schließt mit bisher nicht erreichter Messgenauigkeit DM-Teilchen im Bereich von 5-20 GeV/c² praktisch aus. Damit wären andere Experimente, die genau solche Teilchen gesehen haben wollen, Messfehler gewesen.

    https://profmattstrassler.com/2013/10/30/breaking-news-two-great-new-measurements/

    https://luxdarkmatter.org/papers/LUX_First_Results_2013.pdf

    (Links aus Daniel Fischers Skyweek 2.0 vom 30.10.)

  30. #30 Alderamin
    6. November 2013

    Noch mehr zur Nicht-Detektion von DM durch LUX. Wenn die drei Events von CDMS-II real gewesen wären, dann hätte LUX 1550 sehen müssen. Es sah jedoch kein einziges.

    Fermi sieht außerdem keine DM-Annihilationsstrahlung in 25 nahen Zwerggalaxien.

    Es ist ein Auf und Ab.

  31. #31 PR aus R
    10. Mai 2014

    gibt es sowas wie schwarze Löcher aus dunkler Materie?

  32. #32 Florian Freistetter
    10. Mai 2014

    @PR aus R: Da dunkle Materie nicht zusammenklumpt, wird sich da kaum ein schwarzes Loch bilden können…

  33. #33 Physik-Fan
    23. Mai 2014

    @PR aus R
    gibt es sowas wie schwarze Löcher aus dunkler Materie?

    Etwas polemisch könnte man antworten: Wie kann es Schwarze Löcher von etwas geben, das nicht existiert? Aber natürlich ist die Sache noch nicht ausgemacht. Die DM soll ja ganz gut außerhalb von Galaxien passen, allerdings innerhalb nicht gut. Befunde von Spiralgalaxien und Zwerggalaxien sind widersprüchlich zu Teilchenmodellen.

    Das Hauptproblem von DM ist die Postulierung einer hypothetischen Materie. Auch nach Jahrzehnten hat sie sich noch nicht konkretisiert. Jagd man vielleicht einem Phantom nach?

    Betrachten wir die heißesten Kandidaten, das Axion und die SUSY-Teilchen. Das Axion ist zur Lösung eines Problems mit dem Neutron postuliert worden. In der heutigen Teilchensystematik mit den Familien von Quarks und Leptonen kommt das Axion aber nicht vor. Warum sollte es dann existieren? Sehr plausibel ist das nicht.

    Anders ist es für die SUSY. Die ist als eine generelle Erweiterung der Teilchenwelt gut theoretisch fundiert. Mit der SUSY lassen sich einige Probleme elegant lösen, z.B. betreffend der Vakuumfluktuationen. Aber damit ist das Positive an der SUSY ziemlich abgehandelt. Sehr unschön ist, dass für jedes Standardmodellteilchen ein neues Teilchen als supersymmetrischer Partner eingeführt werden muss, es gibt keine solchen Partner im Standardmodell. Damit verbunden ist eine heftige Vermehrung der freien Parameter von ca. 20 beim Standardmodell auf über 100! Man kann das durchaus als Overkill betrachten. In den Experimenten hat sich noch kein SUSY-Teilchen gezeigt. Man hatte zunächst das Energieniveau der SUSY im Bereich der elektroschwachen WW und des Higgs-Bosons erwartet. Dann hätten sich aber im LHC bereits SUSY-Teilchen zeigen müssen. Somit hat jetzt die SUSY den ersten ernsthaften Knacks weg. Man kann sie jedoch so anpassen, dass die SUSY-Teilchen höhere Massen haben (stärkere Symmetriebrechung). Heute erwartet man sie im Bereich von 1 TeV. Ich frage mich aber, ob der LHC mit seiner bisherigen Schwerpunktsenergie von 7 TeV nicht bereits Befunde hätte liefern sollen. Ganz gleich wie, wenn der LHC mit doppelter Energie läuft, werden wir mehr wissen. Zeigt sich wieder nichts, ist die SUSY noch nicht widerlegt, man kann die Symmetriebrechung weiter erhöhen, aber sie wird immer unplausibler.

    Summarum, mit den Hauptkandidaten für die DM sieht es nach Lage der Dinge nicht sehr rosig aus.

    Übrigens, an der SUSY hängt die ST, denn diese enthält inhärent die SUSY, sprich ohne SUSY keine ST …

  34. #34 Hubert Rehberger
    18. Januar 2015

    Hallo,

    Ich bin durch Suche im Internet auf diesen Artikel gestossen.
    Als interessierter Laie würde mich interessieren wie der derzeitige Forschungsstatus zum Thema:
    dunkle Materie nun ist.
    Ist dessen Existenz eigentlich schon so gut wie bewiesen ?
    Falls ja, welche Eigenschaften vermutet man in der dunklen Materie bzw. kann sich diese auch im Atom selbst befinden ?

    mit freundlichen Grüßen,
    Hubert Rehberger

  35. #35 Florian Freistetter
    18. Januar 2015

    @Hubert Rehberger: Hast du die komplette Serie gelesen? Dieser Artikel ist ja nur der letzte Teil. Wenn dann nch Fragen offen sind, antworte ich gerne!

  36. #36 Hubert Rehberger
    18. Januar 2015

    Ja habe ich.
    Es klingt für mich so als würde sich hinter dem Begriff ´dunkle Materie´ mehrere Teilchenarten verstecken.
    Zum 1. ´dunkle Materie´ die sich im Raum frei ausbreitet -> Neutrinos (Hot Dark Matter)

    Zum 2. ´dunkle Materie´ die homogen im Raum verteilt ist und dadurch die Umlaufgeschwindigkeit
    der Erde ´Jahreszeitlich´ variieren lässt. (ebenfalls Hot Dark Matter ?)
    Zitat – https://www.spektrum.de/news/der-sog-der-sonne/1220855
    >>Die Dunkle Materie soll aus schwer nachweisbaren Elementarteilchen bestehen,
    >>die sich wie ein feiner Nebel zwischen den Sternen verteilen.
    >>Auf seinem Weg um das galaktische Zentrum sollte unser Sonnensystem ständig durch diesen unsichtbaren Nebel tauchen;

    Und 3. ´dunkle Materie´ die im Atom selbst fest gebunden ist. –> Cold Dark Matter ?
    >>Am besten wäre es natürlich, wenn man ein WIMP direkt in einem Teilchenbeschleuniger erzeugen und nachweisen könnte.
    >>Neue Teilche zu erzeugen ist ja einer der Gründe, warum man die Beschleuniger überhaupt baut.
    >>Man lässt normale Materie bei enorm hohen Geschwindigkeiten kollidieren und sieht sich an, was aus der bei
    >>der Kollision freigesetzten Energie entsteht. Meistens sind es ganz normale Teilchen, aber ein paar davon können auch unbekannt sein.
    Wenn man mittels eines Teilchenbeschleunigers dunkle Materie nachweisen kann, dann heisst das doch
    das dieses sich auch im Atom selbst befindet, oder ?

    Für mich scheint sich also hinter der ´dunklen Materie´ doch eine ´mixed dark matter´ zu verbergen.

    mfg,

  37. #37 PDP10
    18. Januar 2015

    @Hubert Rehberger:

    “Wenn man mittels eines Teilchenbeschleunigers dunkle Materie nachweisen kann, dann heisst das doch
    das dieses sich auch im Atom selbst befindet, oder ?”

    Nee.

    Zum Einen:
    Atome werden im wesentlichen von zwei Kräften zusammengehalten: Der elektromagnetischen Wechselwirkung (bindet die negativ geladenen Elektronen an den positiv geladenen Atomkern) und der starken WW (der “Kleber” der die Kernbausteine zusammen hält).

    Nach allem, was wir über dunkle Materie wissen, wechselwirkt die aber eben gerade nicht über diese beiden Kräfte. Deswegen würde sie ein Atom einfach so durchqueren und nicht irgendwie drin stecken bleiben oder so – es sei denn sie landet zufällig einen Volltreffer und trifft auf ein Proton oder Neutron. So weist man Neutrinos nach.

    Zum Zweiten:
    Das man im LHC Protonen oder Blei-Atomkerne aufeinander prallen lässt und dabei Teilchen entstehen hat nichts damit zu tun, dass die Teilchen da “schon drin waren”.
    Bei den hohen Energien im LHC werden die Kernbausteine zerstört, so dass unter anderem kurzzeitig freie Quarks und Gluonen durch die Gegend fliegen und sich daraus neue Teilchen bilden können.

    Man hofft dann eben, dass bei irgendeinem Prozess bei sowas auch Teilchen der dunklen Materie entstehen.

  38. #38 Jens
    18. Januar 2015

    Florian du sagst dunkle Materie würde nicht klumpen und deshalb würden sich daraus kaum schwarze Löcher bilden. Was ist der Grund dafür, dass dunkle Materie nicht klumpt?

  39. #39 Alderamin
    18. Januar 2015

    @Hubert Rehberger

    Man weiß nicht, ob die DM ein oder mehrere Teilchenarten sind, dazu müsste man zuerst mal welche nachweisen. Neutrinos sind, wie Du sagst, Hot Dark Matter, sie sind schnell unterwegs (deswegen “heiß”) und können sich deswegen nicht zu großen Strukturen verdichten. Sie sind immer schneller als die Fluchtgeschwindigkeit unterwegs. Deswegen erklären sie nicht die beobachteten Effekte bei der wechselseitigen Anziehung in Galaxienhaufen und bei der Rotation von Spiralgalaxien. Da muss also noch etwas anderes unterwegs sein, das sich langsamer bewegt, eben die Kalte Dunkle Materie.

  40. #40 PDP10
    18. Januar 2015

    @Jens:

    “Was ist der Grund dafür, dass dunkle Materie nicht klumpt?”

    Dunkle Materie wechselwirkt nur über zwei kräfte mit ihrer Umgebung:

    Der Gravitationskraft. Die ist aber viel zu schwach damit sich zwei einzelne Teilchen der DM gegenseitig anziehen. Die würde einfach unbeeindruckt aneinander vorbeifliegen …

    Und mittels der sog. schwachen Kernkraft.
    Deren Reichweite ist aber kürzer als der Radius eines Atomkerns. Zwei DM Teilchen müssten sich also sehr nahe kommen um zusammenzuklumpen was aber sehr unwahrscheinlich ist.

    Ganz abgesehen davon geht man heute davon aus, dass die Teilchen der “kalten” DM ihre eigenen Antiteilchen sind.
    Dh. wenn sich zwei wirklich so nahe kommen, dass sie sich per schwacher WW “anziehen” würden sie sich gegenseitig vernichten.

  41. #41 Alderamin
    18. Januar 2015

    @Jens

    Dazu muss man zunächst einmal verstehen was passiert, wenn normale Materie klumpt. Zunächst mal formen Kernteilchen und Elektronen bereitwillig Atome. Wenn ein Elektron von einem Atom eingefangen wird, strahlt es überschüssige Energie als ein Photon ab. Das ist eine elektromagnetische Wechselwirkung.

    Atome untereinander bilden Moleküle. Die Elektronen der äußersten Schalen der beteiligten Atome bewegen sich dann zwischen den Atomen hin und her, die Schalen verschmelzen (zwei “Valenzlelektronen” verschiedener Atome bilden dann jeweils ein Paar, das sich die gleiche Schale teilt: Elektronenpaarbindung). Das ist energetisch günstiger, also wird auch hier beim Verschmelzen der Atome Energie freigesetzt. Verbrennung ist ein Beispiel. Freie Radikale (z.B. einzelne neutrale Wasserstoffatome) reagieren noch heftiger miteinander. Die Energie wird als Licht und Wärme frei, also elektromagnetische Strahlung.

    Moleküle oder Ionen können sich in größeren Strukturen zusammenfügen, die dann von Van-der-Waals-Kräften oder eben der Ionenbindung zwischen positiven und negativen Ionen zusammengehalten werden. Bei den Van-der-Waals-Kräften stoßen sich die Elektronen benachbarter Teilchen ab, wodurch sie polar werden, ein positveres und ein negativeres Ende, und die ziehen sich untereinander an. Wieder elektromagnetische Kräfte.

    Eine solche permanente Haftung entsteht nur, wenn sich die Teilchen mit geringer Geschwindigkeit begegnen und sich nicht gleich wieder losreißen. Die Bewegungsenergie, die sie haben, bringen sie mit ins entstehende Gitter, wo sie dann heftig zittern, das ist Wärmebewegung (das Gitter wirkt wie Gummibänder, das die Atome/Moleküle in die Mitte zurückziehen will, aber die Bewegungsenergie hät sie in Schwingung um diese Mitte). Durch diese Bewegung (bewegte Ladung!) strahlen sie Wärme ab, also elektromagnetische Strahlung, so dass sie abkühlen und langsamer werden.

    Staubteilchen, die sich im Weltraum begegnen, können sich verhaken und ebenfalls durch Van-der-Waals-Kräfte oder statische Aufladung aneinander haften bleiben. Größere Objekte können zusammenstoßen und dabei durch die Aufprallwärme teilweise aufschmelzen und so Ionenbindungen, Elektronenpaarbindungen oder Van-der-Waals-Bindungen eingehen. Die Wärme wird wieder als elektromagnetische Strahlung abgestrahlt.

    In allen Fällen ist also wesentlich, dass die Bewegungsenergie irgendwie als Licht oder Wärme abgestrahlt wird, sonst würde die eingegangene Bindung wieder aufreißen können. Genau das kann Dunkle Materie aber nicht. Sie wechselwirkt nur über die Schwerkraft (und eventuell über die schwache Wechselwirkung). Zwei Teilchen der DM ziehen sich zwar durch die Schwerkraft untereinander minimal an, werden dabei schneller, können aber kein energetisch günstigeres Paar bilden, sondern fliegen einfach aneinander vorbei (wenn sie sich nicht durch die Schwache Wechselwirkung, die auf kürzeste Distanz wirkt, gegenseitig “annihilieren”, d.h. zerstrahlen: bei diesem Prozess lösen sie sich komplett in Strahlung auf; nach dieser sucht man, aber es ist nicht sicher, ob DM das tut, man weiß ja nicht, was für Teilchen das überhaupt sind).

    Da die DM ihre Energie nicht abstrahlen kann und sich nur minimal durch die Schwerkraft gegenseitig anzieht, bildet sie eine Art Gas, das bei Kompression wärmer wird, die Teilchen werden schneller und lassen sich so nicht weiter verdichten (sie sind irgendwann schneller als die Fluchtgeschwindigkeit der Wolke aus dunkler Materie; sie kühlt nur ab, indem die schnellsten Teilchen entweichen, wie bei der Verdunstungskühlung). Deswegen klumpen sie nicht.

  42. #42 PDP10
    19. Januar 2015

    Hui … kleiner Erklärbär – Wettbewerb hier … 😉

  43. #43 Alderamin
    19. Januar 2015

    @PDP10

    Nö, Du warst einfach schneller. Weil ich immer Romane schreibe. Das dauert…

  44. #44 krypto
    19. Januar 2015

    @Alderamin:
    Das hast Du dem Jens und anderen super erklärt!
    Ein wenig aus dem Zusammenhang gerissen ist nur die Kernfusion, die nicht ganz in den Kontext der chemischen Reaktionen passt.
    Zur “Verdunstungskühlung” könnte m.E. noch eine Art “Annihilationskühlung” hinzukommen, was auf den ersten Blick paradox erscheinen mag. Wenn man jedoch bedenkt, dass es keine EM-Wechselwirkung geben kann, würde auch über so einen Mechanismus eine Kühlung erreicht; falls CDM ihr eigenes Antiteilchen ist.

  45. #45 Alderamin
    19. Januar 2015

    @krypto

    Ich hatte überlegt, die Kernfusion und die starke Kernkraft auch noch zu erwähnen, aber die findet nur in Sternen statt, wenn die Materie durch die anderen beschriebenen Prozesse schon hinreichend komprimiert ist, was die DM ja gar nicht erst hinbekommt. Außerdem war der Post schon so lang, da hab’ ich sie mir dann gespart.

    Andreas Müller hat übrigens irgendwann mal erklärt, dass die DM sich durchaus im Inneren von Sternen in gewissen Mengen ansammeln kann (ich nehme an, durch schwache WW mit der normalen Materie dort), aber sie schafft es halt nicht von sich aus, sich zu massiven Objekten zu verdichten.

    “Annihilationskühlung”

    Hmm, würden nicht eher die langsamsten Teilchen gegenseitig annihilieren, weil sie am ehesten lange genug in Kontakt kommen? Dann würde das den Temperaturdurchschnitt eher anheben und man hätte eine Annhiliationsheizung. Wer kann was dazu sagen?

  46. #46 krypto
    19. Januar 2015

    Ich denke eher -Kühlung: zu einer Kollision gehört eine Mindestmenge an kinetischer Energie.
    Zumindest würde über einen solchen Mechanismus der Druck verringert, da die Teilchen sich inklusive ihrer Energie ohne weitere WW verflüchtigen würden.

  47. #47 Alderamin
    19. Januar 2015

    @krypto

    zu einer Kollision gehört eine Mindestmenge an kinetischer Energie.

    Warum sollte das so sein? Coulomb-Abstoßung wie bei der Kernfusion gibt’s bei DM ja keine. Nur Gravitation und Schwache WW, die aber nicht abstoßend wirkt, sondern im Gegenteil (oder?).

  48. #48 krypto
    19. Januar 2015

    Die von Dir genannten WW´n sind dermaßen schwach, dass Kollisionen doch nur über Relativbewegung zustande kommen können.
    Ob ein solcher Kühleffekt tatsächlich möglich ist, sei natürlich dahingestellt, weil
    1) gegenseitige Annihilation nicht erwiesen ist
    2) wegen mangelnder WW Volltreffer nötig sind
    Interessanter wäre der damit einhergehende Druckabbau.

  49. #49 Alderamin
    19. Januar 2015

    @krypto

    Interessanter wäre der damit einhergehende Druckabbau.

    Dafür kommt es aber eben darauf an, ob es eher langsame Teilchen erwischt (dann steigt die mittlere Geschwindigkeit der verbliebenen), eher schnelle (dann sinkt sie) oder aller gleich (dann bleibt sie gleich und nur die verbleibende Masse wird insgesamt geringer; damit ginge eine Abnahme der Gravitation einher, was den Druck mindern würde).

  50. #50 HR
    19. Januar 2015

    Für mich zeigt sich das Thema der dunklen Materie doch etwas komplizierter. Schon das Wort ´Materie´ ist eigentlich irreführend finde ich.
    Denn bis dato hat man ja gar keine Materie oder dessen Signatur (eine abgestrahlte Energie) gemessen.
    Alles was man bisher gemessen hat sind Gravitations- Effekte welches auf ein Masse-Teilchen unbekannter Herkunft schliessen lässt. Was natürlich auch bedeuten kann dass die Formel: E = m*c^2 möglicherweise nur für baryonische Materie gilt aber nicht für dunkle ´Materie´. sprich man kann diese mit einem Teilchenbeschleuniger direkt nie finden.
    Liege ich hier mit meiner Überlegung komplett falsch ?

  51. #51 Steffmann
    19. Januar 2015

    @Alderamin:

    ich bin gestern im Bett gelegen (ohne Sch..) und hab verzweifelt überlegt, wie denn ausgerechnet Neutrinos ( nicht zwischen 5-20 GeV/c², sondern >2,0 und <=2,1 GeV/c²) es zustande bringen sollen, na ja, einfach da zu sein ?

    Irgendwann habe ich es aufgegeben. Egal wie man den Scheiss durchdenkt, das macht keinen Sinn. Das Huhn gackert noch vor dem ersten Ei ? Nö. Nachdem Neutrinos auch für mich lange Zeit DER Favorit waren, gebe ich diese These mal vorerst in den Ausschuss.

  52. #52 Steffmann
    19. Januar 2015

    myself:

    Korrektur:

    es zustande bringen sollen, na ja, einfach vor genügend stattgefundenen Sternengeburten und -toden da zu sein ?

    Anders gesagt, eigentlich hätten alle Systeme, nicht nur Galaxien schon von Anfang an auseinander fliegen müssen. Was sie nicht taten. Also war die Verteilung baryionische und dunkle Materie von Anfang an ähnlich.

  53. #53 Steffmann
    19. Januar 2015

    Bevor ich jetzt Schelte kriege. Ja ich weiss, dass das eine Astropysische Binsenweisheit ist. Deswegen verstehe ich aber eben nicht, wie die Astrophysiker Neutrinos als Ursache für DM überhaupt in Betracht ziehen können.

  54. #54 Alderamin
    19. Januar 2015

    @Steffmann

    Deswegen verstehe ich aber eben nicht, wie die Astrophysiker Neutrinos als Ursache für DM überhaupt in Betracht ziehen können.

    Zum einen sind Neutrinos Dunkle Materie, aber zum anderen nicht die Dunkle Materie, nach der die Kosmologen suchen. Die muss nämlich kalt sein, d.h. aus Teilchen bestehen, die langsam genug sind, dass sie durch die Schwerkraft zusammenrücken können. Neutrinos sind als heiße Dunkle Materie mit (fast) Lichtgeschwindigkeit unterwegs, die entwischen jedem Schwerefeld (wenn’s kein Schwarzes Loch ist).

    Und diese DM entstand zusammen mit der normalen baryonischen Materie aus der Strahlung des Urknalls, sie war also lange vor den Sternen schon da. Neutrinos übrigens auch, obwohl die auch in den Sternen bei der Fusion entstehen..

  55. #55 PDP10
    19. Januar 2015

    @HR:

    “Liege ich hier mit meiner Überlegung komplett falsch ?”

    Ja .. 😉

    Elektronen zB sind keine Baryonen sondern Leptonen und mit sie können sich zB mit ihrem Anti-Teilchen, dem Positron vernichten und dabei entstehen dann zwei Gamma-Quanten der Energie 511KeV.
    Da gilt ganz eindeutig E = m * c^2.

    Wie Alderamin oben schon geschrieben hat, sind auch Neutrinos dunkle Materie, da sie nicht elektromagnetisch wechselwirken – dh. sie wechselwirken auch nicht mit Licht jeglicher Wellenlänge. Deswegen eben “dunkel”.

    Die sind aber nicht was wir suchen – aus den von Alderamin genannten Gründen.

    “Für mich zeigt sich das Thema der dunklen Materie doch etwas komplizierter. Schon das Wort ´Materie´ ist eigentlich irreführend finde ich.
    Denn bis dato hat man ja gar keine Materie oder dessen Signatur (eine abgestrahlte Energie) gemessen.”

    Doch.
    Auch Wechselwirkung per Gravitation ist in dem Sinne eine “Signatur”.

    Mit “abgestrahlte Energie” meinst du wahrscheinlich elektromagnetische Wellen?
    Das ist aber eben nicht die einzige Form des Nachweises von Materie (siehe oben).

    Auch Neutrinos werden übrigens in Teilchenbeschleunigern erzeugt und nachgewiessen – oder ganz profan beim Beta-Zerfall.
    Deshalb sollten sich die Teilchen der dunklen Materie die wir suchen auch in Beschleunigern erzeugen und nachweisen lassen … wenn nicht, haben wir allerdings ein Problem …

  56. #56 HR
    20. Januar 2015

    @PDP10
    >>Deshalb sollten sich die Teilchen der dunklen Materie die
    >>wir suchen auch in Beschleunigern erzeugen und
    >>nachweisen lassen … wenn nicht, haben wir allerdings ein Problem …
    Habe gelesen dass in diesem Jahr der LHC auf ´max. Leistung´ gebracht wird.
    In welchem ´Leistungsbereich´ erwartet man eigentlich dass ein Nachweis der dunklen Materie gelingen müsste. Gibt es dazu konkrete Berechnungen oder handelt sich hier einfach um systematische Blindversuche. D.h. man weiss nicht in welchem Bereich das Teilchen auftreten müsste und erhöht deshalb Schritt für Schritt die Leistung in der Hoffnung irgendwann mal doch etwas zu finden ?

  57. #57 Krypto
    20. Januar 2015

    @HR: Es gibt gewisse Anhaltspunkte aus diversen Experimenten; allerdings nicht mit der für eine Entdeckung geforderten Signifikanz von 5 sigma.
    Durch die Leistungserhöhung um 90% wird der LHC nicht nur mögliche, neue Teilchen erzeugen können, sondern auch die Signifikanz für Teilchen geringerer Energien erhöhen.

  58. #58 HR
    22. Januar 2015

    >>Es gibt gewisse Anhaltspunkte aus diversen
    >>Experimenten; allerdings nicht mit der für eine Entdeckung
    >>geforderten Signifikanz von 5 sigma.
    >>Durch die Leistungserhöhung um 90% wird der LHC nicht
    >>nur mögliche, neue Teilchen erzeugen können, sondern
    >>auch die Signifikanz für Teilchen geringerer Energien erhöhen.
    berühmte Manager-Frage:
    Wann kann man mit den ersten Ergebnissen rechnen ? 😉

  59. #59 krypto
    22. Januar 2015

    @HR: Der LHC geht voraussichtlich im Mai wieder in Betrieb.
    Mit Ergebnissen ist in den kommenden Jahren zu rechnen.
    Vielleicht werden Anhaltspunkte bestätigt und erreichen die nötige Signifikanz, vielleicht entdeckt man auch komplett Neues.