Als die Europäische Raumfahrtagentur ESA im April 2010 den Satellit CryoSat-2 ins All geschossen hat, war ich live dabei (naja, zumindest live im ESA-Satellitenkontrollzentrum wo der Start übertragen wurde). Aber nicht nur deswegen verfolge ich die Arbeit dieses Erdbeobachtungssatelliten seit dem mit besonderer Aufmerksamkeit. CryoSat-2 hat auch eine besonders wichtige Aufgabe: Er untersucht das Eis auf der Oberfläche unseres Planeten und die Art und Weise wie es sich verändert. Wenn der Klimawandel immer weiter geht, wird das Eis immer weniger werden und der Meeresspiegel ansteigen. Und das bedroht unseren Lebensraum und betrifft uns Menschen dann ganz direkt…
Kürzlich veröffentliche Daten von CryoSat-2 zeigen, wie sich die Dicke des arktischen Eises im Laufe der letzten Jahre verändert hat. Die Messungen wurden zwischen Oktober 2010 und April 2013 durchgeführt und zeigen, dass das Eis langsam dünn wird.
Dieses Bild zeigt, wie dick das Eis der Arktis im Frühling der letzten drei Jahre war. Man erkennt, dass es immer dünner wurde (rot/gelb zeigt dickes Eis an; blau/grün ist dünneres Eis). Besonders an der Ostküste von Grönland und in der Region um den Nordpol ist die Abnahme des Eisvolumens deutlich zu sehen. Professor Andrew Shepherd von der University of Leeds sagt dazu:
“The volume of the sea ice at the end of last winter was less than 15 000 cubic km, which is lower than any other year going into summer and indicates less winter growth than usual. While it seems unlikely that a record minimum of sea-ice extent will be set this September, the thinner ice at the start of summer could mean that the actual volume of ice may reach a new low.”
Das Volumen des arktischen Meereseis war am Ende des letzten Winters also so gering wie nie und wenn man im September auch nicht mit einem Minimum der Ausdehnung des Eis rechnet, sieht es doch ganz so aus, als würde man auf ein neues minimales Rekordniveau beim Volumen des arktischen Eis zusteuern. Die CryoSat-2-Daten die im Oktober gewonnen werden, werden es zeigen – denn dann beginnt das Eis dort wieder zu frieren.
Auch früher gewonnene Daten des amerikanischen Satelliten Icesat zeigen, dass das Eis dünner wird. Die Dicke der im Herbst gemessenen Eisschicht betrug zwischen 2003 und 2008 ungefähr 11.900 Kubikkilometer. Zwischen 2010 und 2012 waren es nur noch 7600 – ein Unterschied von 4300 km³. Im Winter waren es zwischen 2003 und 2008 16.300 km³ die zwischen 2010 und 2012 auf 14.800 km³ gefallen sind – ein Unterschied von 1500 km³. Diese Zahlen zeigen auch, wie komplex das System ist. “Wärmer” heißt nicht einfach “dünneres Eis”. Dünnes Eis wächst im Winter zum Beispiel stärker als dickes Eis, da eine dünnere Eisschicht das Meerwasser schlechter isoliert und so mehr Wärme entkommen kann. Das Wasser wird schneller kälter und kann schneller und stärker frieren. Deswegen ist der Dickeverlust in der Wintereisdecke geringer als in der Herbsteisdecke. Aber die Daten von CryoSat-2 zeigen, dass das nicht ausreicht, um den Eisverlust des Sommers auszugleichen. Das Eis in der Arktis verschwindet…
Vielleicht fragt sich der eine oder die andere, wie man überhaupt die Dicke von Eis vom All aus messen kann? Das macht CryoSat-2 mit SIRAL. Das steht für “Synthetic Aperture Interferometric Radar Altimeter” und ist das wichtigste Instrument an Bord des Satelliten. Es handelt sich um ein Höhenmessgerät das mit Radarstrahlen arbeitet und exakt bestimmen kann, wie hoch sich CryoSat-2 über der Erde befindet. Mit SIRAL kann man zwar nicht direkt bestimmen, wie dick eine Eisschicht ist. Aber man kann herausfinden, wie weit sie über den Meeresspiegel hinausragt. Und wenn man weiß, wie weit das Eis aus dem Wasser ragt, dann kann man daraus berechnen, wie weit es unter Wasser reicht (Man kennt das ja von Eisbergen, die sich zu sieben Achtel unter Wasser befinden. Aus dem Unterschied in der Dichte von Wasser und Eis lässt sich die untergetauchte Eismenge leicht bestimmen):
Bis jetzt hat CryoSat-2 erst zwei komplette Winter analysiert. Aber der Satellit ist noch gut in Schuss und schafft hoffentlich noch ein paar mehr Beobachtungen. Denn die Daten sind wichtig: Unsere Erde verändert sich und wenn wir schon nicht willens beziehungsweise in der Lage sind, etwas dagegen zu tun, dann sollten wir zumindest wissen, was da abläuft…
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