Wissenschaftler im Allgemeinen und Astronomen im Speziellen müssen viel reisen und sehen dabei oft spektakuläre Orte. Bei Konferenz- und Forschungsbesuchen sieht man die großen und interessanten Städte dieser Welt und bei Beobachtungsaufenthalten an den wichtigen Sternwarten erreicht man Orte, an die man sonst nie kommen würde. Die großen Teleskope stehen in der chilenischen Atacama-Wüste, in der südafrikanischen Savanne, im australischen Busch oder auf den Vulkanbergen von Hawaii. Als theoretischer Astronom hatte ich leider nie Gelegenheit, an diese Plätze zu reisen – die paar Nächte in denen ich dann doch mal Beobachtungen gemacht habe, habe ich 10 Kilometer außerhalb von Jena in Großschwabhausen verbracht. Und auch bei den Konferenzbesuchen hatte ich irgendwie immer Pech – die “exotischsten” Ort an die ich gereist bin waren Budapest, Belgrad und Berlin. Aber gut, es war ja ein Job und kein Urlaub und da kann man sich die Ziele halt nicht immer aussuchen. Aber wenn ich es könnte, dann würde ich wahnsinnig gerne mal nach Grönland fahren. Denn auch dort betreibt man Astronomie – bald jedenfalls…
Im unwirtlichen Summit Camp, mitten auf dem höchsten Punkt des grönländischen Eisschild bei 3216 Metern Meereshöhe wohnen zwischen 5 und 55 Personen (hier gibt es eine Webcam). Wenn es dort “warm” ist, beträgt die Temperatur -15 Grad und wenn es im Winter kalt wird, hat es -48 Grad. Bewohnt wird die Station von Wissenschaftlern und vielleicht sind in Zukunft auch ein paar Astronomen darunter. Denn eine Kooperation der Academia Sinica aus Taiwan und einigen amerikanischen Sternwarten will dort ein Teleskop bauen. Das Greenland Telescope (GLT) wird eine 12 Meter große Radioantenne sein. Eine Antenne, wie sie auch beim europäischen Radioobservatorium ALMA in Chile (über das ich hier schon geschrieben habe) verwendet wird. Damit kann man Radio- und Submillimeterstrahlung beobachten und dafür ist Grönland ein guter Platz. Diese Art von Strahlung wird vom Wasser in der Erdatmosphäre leicht absorbiert und deswegen muss man die Teleskope möglichst hoch oben und in möglichst trockenen Gebieten aufstellen. Auf einem Berg in der chilenischen Wüste wie bei ALMA – oder eben auf über 3000 Meter in Grönland, wo zwar viel Schnee am Boden liegt, die Luft aber trotzdem meistens sehr trocken ist.
[Ich würde euch jetzt gerne ein Bild des Summit Camp zeigen aber die guten Bilder stammen alle von amerikanischen Forschungseinrichtungen und weil die Politiker in den USA gerade ziemlich dumm sind, kann man auf keine dieser Seiten zugreifen]
Grönland ist aber auch noch aus einem anderen Grund ein guter Standort für ein Radioteleskop. Denn die Insel ist verdammt weit weg von den anderen Standorten und das ist zwar anstrengend, wenn man dorthin reisen will, aber sehr praktisch, wenn man Interferometrie betreiben möchte. Diese Technik habe ich hier schon mal genauer beschrieben. Es geht darum, die Daten von weit entfernten Teleskopen zu kombinieren um so die Genauigkeit der Beobachtungen zu erhöhen. Das geht um so besser, je weiter sie voneinander entfernt sind.
In einer kürzlich erschienenen Arbeit (“Greenland Telescope (GLT) Project: A Direct Confirmation of Black Hole with Submillimeter VLBI”) haben sich die Astronomen überlegt, was sie mit diesem Teleskop anstellen könnten. Ihr Vorschlag: Schwarze Löcher beobachten! Natürlich kann man die nicht direkt sehen. Aber man könnte ihre “Schatten” sehen, denn die Umgebung schwarzer Löcher kann sehr hell leuchten. Das gilt vor allem für die großen schwarzen Löcher in den Zentren der Galaxien in die immer noch jede Menge Material fällt. Das Material sendet dabei jede Menge Radio- und Röntgenstrahlung aus und die können wir jetzt schon beobachten. Mit ausreichender Auflösung könnten wir aber auch die Region sehen, aus der keine Strahlung kommt, weil dort eben das schwarze Loch sitzt.
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