Nun ja. Am besten wir verlassen den Tatort kurz wieder und besuchen die verständlichere Welt des Noether-Theorems. Da gibt es nämlich noch mehr schöne Symmetrien. Da ist zum Beispiel die Homogenität des Raums. Das bedeutet, dass der Standort keine Rolle spielt. Es spielt keine Rolle ob ich ein Experiment in Deutschland durchführe, in Argentinien oder auf dem fünften Mond des Uranus: Die Physik ist immer gleich. Aus dieser kontinuierlichen Symmetrie folgt laut Noether-Theorem eine weitere Erhaltungsgröße und das ist der Impuls. Diese physikalische Größe ist das Produkt aus der Masse eines Objekts und der Geschwindigkeit mit der es sich bewegt. Und in einem abgeschlossen physikalischen System muss der Impuls immer erhalten bleiben. Wenn zum Beispiel eine sich bewegende Billiardkugel auf eine ruhende trifft und dabei stehen bleibt, dann muss sich nun die vorher ruhende Kugel bewegen da der Gesamtimpuls nicht verschwinden kann. Der Impuls spielt immer eine Rolle, wenn sich massereiche Objekte bewegen. Zum Beispiel die Hand eines Menschen, die sich mit einer gewissen Geschwindigkeit auf den Kehlkopf eines anderes Menschen zu bewegt. Der Impuls der sich bewegenden Hand geht auf den Kehlkopf über. Der kann sich aber nicht einfach wie eine Billiardkugel weg bewegen sondern muss den Impuls anderweitig an die Umgebung abgeben was unangenehme Folgen für den Besitzer des Kehlkopfes hat.
Beim Tatort war dieser Besitzer Florian Holzer und der professionelle Schlag auf den Kehlkopf die Todesursache. Ansonsten geht es aber ähnlich verwirrend chaotisch weiter wie bisher. Im Haus von Magda Holzer hängt eine Fahne der kroatischen faschistischen Ustascha. Die Frau des Eventmanagers hat seherische Fähigkeiten und sieht einen “Schatten” in der Zukunft von Kommissar Batic. Und ihr Mann rast mit seinem Geländewagen in den Laden eines Frisörs der als Stylist für die Eventmanagementfirma gearbeitet hat. Außerdem schießt er auf den Typ von der Bürgerinitiative der auch zufällig gerade in der Gegend ist. Der Frisör ist tot; allerdings nicht durch den Landrovervorfall sondern wurde vergiftet. Der Eventmanager fährt nach Hause, ballert in der Gegend rum, hat seltsamen Sex mit seiner Perückenfrau und schießt sich dann selbst in den Kopf. Der Frisör wollte offensichtlich Geld von den Holzers, die Perückentussi macht Yoga beim Verhör mit der Polizei, die Audioaufnahme vom Anfang enthält ein Streitgespräch zwischen Florian Holzer und seinem Bruder und der kroatische Hausdiener der Holzers singt in einem Casino kroatische Lieder vor Kommissar Batic…
Ich hab zwischendurch ein paar Mal gezwinkert und deswegen vermutlich noch ein paar weitere Handlungsstränge verpasst. Aber am Ende tauchte dann noch ein gewisser Kovac auf, ein Kunde des Frisörs der ebenfalls Kroate und früher bei der Ustascha war. Er kam nach dem 2. Weltkrieg mit einem SS-Offizier nach München. Dieser SS-Typ wurde dann von der Mutter von Magda Holzer umgebracht damit ihre Familie dessen große Villa erben können. Das wusste Florian Holzer, der deswegen abhauen und die Familie verlassen wollte und darum von seinem Bruder irgendwie aus versehen umgebracht worden ist (irgendwas mit einem “missglückten Denkzettel”; hab ich nicht ganz kapiert). Das wusste auch Kovac (warum der weiter bei der Mörderfamilie geblieben ist hab ich auch irgendwie verpasst) und der hat es seinem Frisör erzählt und dem kroatischen Hausdiener. Der Frisör wollte die Holzers erpressen und starb deswegen und der Diener wollte alles aufliegen lassen und wird deswegen von der Perückenfrau – die übrigens ein Verhältnis mit ihm hatte – erstochen. Batic und Leitmayr probieren alle zu retten; am Ende ist es aber ein Erdbeben (?!) dass das Haus halb einstürzen lässt und den Tatort beendet.
Uffz. Ich hab mich ja schon letzte Woche beschwert dass der Tatort zu viel Handlung in 90 Minuten packt. Aber im Vergleich zu dieser Folge war das damals ja noch harmlos. Wahrscheinlich hat das irgendwelche zutiefst künstlerischen oder gesellschaftskritischen Gründe warum man das so machen muss und nicht einfach nur einen simplen, spannenden Fall erzählen kann – aber ich bin zu faul jetzt das Feuilleton zu durchblättern und nachzulesen warum das ein grandioser Tatort war. Ich finde es einfach nur doof, wenn die Lösung die in den letzten 10 Minuten eines Krimis präsentiert wird keinerlei Verbindung zu der gesamten Handlung davor hat. Also gehe ich am besten wieder zurück zum Noether-Theorem. Denn uns fehlt noch eine wichtige Symmetrie.
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