Schwarze Löcher sind keine tatsächlichen “Löcher” die einfach irgendwo im Weltall sitzen und darauf warten, dass Zeug in sie hinein fällt. Es sind auch keine Staubsauger die irgendwas “ansaugen”. Schwarze Löcher sind höchst komplexe und dynamische Objekte in deren Nähe äußerst interessante Sachen passieren. Das, was in ein schwarzes Loch fällt verschwindet nicht einfach nur sang- und klanglos sondern macht dabei jede Menge Radau. Gas und Staub fliegen nicht auf gerader Linie zum schwarzen Loch sondern bewegen sich auf einer spiralförmigen Bahn in deren Zentrum das schwarze Loch steht. So entsteht eine Scheibe aus Gas und Staub die sich um das Loch dreht und in der die Teilchen immer schneller werden, je näher sie ihm kommen. Sie interagieren dabei mit dem starken Magnetfeld des schwarzen Lochs und geben Strahlung ab. Die Umgebung eines schwarzen Lochs ist daher nicht schwarz, sondern leuchtet hell; vor allem im Radio- und Röntgenlicht. Und viele der schnellen Teilchen werden auch entlang der Magnetfeldlinien senkrecht zur Rotationsebene der Scheibe wieder ins All hinaus geschleudert. Diese stark fokussierten Teilchenströme nennen die Astronomen Jets und man findet sie nicht nur bei schwarzen Löchern sondern auch fast überall sonst, wo Staub und Gas in einer Scheibe auf ein Objekt fallen – zum Beispiel bei Sternen, die gerade aus einer interstellaren Wolke entstehen. Es wurden schon jede Menge Jets in unserer Milchstraße entdeckt, nur ein Jet hat sich bis jetzt immer der Beobachtung entzogen: Der Jet des zentralen schwarzen Lochs in unserer Galaxie. Amerikanische Astronomen haben ihn nun endlich gefunden.
Damit ein schwarzes Loch sich mit einer Scheibe, der dadurch entstehenden Strahlung und den zugehörigen Jets umgeben kann, braucht es natürlich Material, dass in das Loch fallen kann. In jungen Galaxien schwirrt zwischen den Sternen und vor allem in der dichten Zentralregion jede Menge Gas und Staub herum. Die schwarzen Löchern in den Zentren dieser Galaxien werden ständig gefüttert und leuchten hell. Sie sind so hell, dass man sie auch noch aus großer Entfernung sehen kann. Die Kerne dieser aktiven Galaxien nennt man “Quasar”. Das leitet sich vom Begriff “quasistellar” ab, denn als man sie das erste Mal in den 1960er Jahren das erste Mal entdeckte, wusste man noch nicht, um was es sich wirklich handelt. Man sah nur punktförmige Strahlungsquellen, die im Radioteleskop genau so aussahen wie Sterne, aber keine Sterne sein konnten, weil sie viel zu weit entfernt waren. In den gigantischen Entfernungen in denen man die mysteriösen Objekte beobachtete, konnte ein Einzelstern nicht mehr sichtbar sein. Es waren keine Sterne, sondern “Quasisterne” und erst später fand man heraus, dass es sich um die hell leuchtenden Zentren ferner Galaxien handelte.
Bei diesen Quasaren hat man natürlich auch Jets beobachtet. Zum Beispiel hier:
Das Bild zeigt den Quasar PKS 1127-145 im Röntgenlicht, das knapp 10 Milliarden Jahre gebraucht hat, bis es bei uns angekommen ist. Es ist ein altes Bild und daher tatsächlich noch eine recht junge Galaxie, die wir da beobachten und es ist kein Wunder, dass das schwarze Loch dort so einen Wirbel macht. Das supermassereiche schwarze Loch im Zentrum unserer eigenen Galaxie ist dagegen viel ruhiger. Unsere Galaxie ist alt und es ist kaum noch etwas da, was das Loch verschlucken kann. Es ist nicht mehr aktiv und das ist auch gut so, denn wir würden ungern ständig von Strahlungsausbrüchen überrascht und mit jeder Menge Röntgenstrahlung überzogen werden. Nur ab und zu mal genehmigt sich das Loch noch einen Happen und kann uns dabei nicht mehr gefährlich werden.
Die geringe Aktivität unseres eigenen schwarzen Lochs ist für das Leben in der Milchstraße natürlich äußerst praktisch; für die Wissenschaft aber nicht ganz so optimal. Je aktiver das Loch, desto mehr kann man beobachten und lernen. Aus der Richtung eines Jets kann man zum Beispiel herausfinden, wie genau die Rotationsachse des Lochs und seiner Scheibe ausgerichtet ist. Und wenn man das weiß, dann kann man mehr über die Vergangenheit und die Entwicklung des Lochs und der Galaxie herausfinden. Wenn zum Beispiel immer nur ein stetiger Fluss kleiner Mengen an Material ins Loch fällt, dann wird sich die Orientierung der Drehachse im Laufe der Zeit nicht ändern und sie wird immer parallel zur Drehachse der gesamten Milchstraße liegen. Wenn dagegen irgendwann in der Vergangenheit mal größere Mengen an Zeug auf einen Schlag mit dem schwarzen Loch zusammengestoßen sind, dann würde sich dabei auch dessen Drehachse verschieben. Die Astronomen haben also großes Interesse daran, einen Jet im Zentrum unserer Milchstraße zu beobachten – aber leider nie einen gefunden.
Beziehungsweise fand man schon etwas, was wie ein Jet aussah, konnte aber nie bestätigen, dass es sich wirklich um einen handelt. Das haben Zhiyuan Li von der Universität Kalifornien und seine Kollegen nun geändert (“Evidence for A Parsec-scale Jet from The Galactic Center Black Hole: Interaction with Local Gas”). Sie haben Beobachtungen im Radiolicht mit Röntgenaufnahmen des Chandra-Weltraumteleskops kombiniert und konnten so zeigen, dass der vermeintliche Jet mit dem Gas in der Nähe des schwarzen Lochs interagiert und somit höchstwahrscheinlich real ist.
In der Mitte des Bildes befindet sich das mit “Sagittarius A*” gekennzeichnete supermassereiche schwarze Loch. Die pinken Bereiche sind die, die im Röntgenlicht leuchten; blau sind die Aufnahmen die mit dem Radioteleskop gemacht wurden. Der Jet ist die vom Zentrum des Lochs weg nach außen zeigende pinke Linie, die auf ihrem Weg ein paar blaue Wolken durchquert. Dabei handelt es sich um eine Schockfront die entsteht, wenn der Jet auf Gaswolken in der Nähe des schwarzen Lochs trifft und das Gas zum Leuchten anregt.
Auch im Zentrum unserer Galaxie gibt es also Jets. Und die Auswertung der Daten zeigt, dass die Drehachse des Lochs immer noch parallel zur Drehachse der Milchstraße ausgerichtet ist. Zur Zeit sind die Jets (es müsste eigentlich noch einen genau in die Gegenrichtung geben, der wird aber vermutlich von Staub verdeckt und wir sehen ihn nicht) noch recht schwach. Aber wer weiß: Vielleicht kriegt das Loch ja bald wieder mal Futter und sie werden ein wenig heller…
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