In den 1960er Jahren entdeckten Astronomen Radioquellen am Himmel, die wie Sterne aussahen, aber keine Sterne sein konnten. Dafür waren sie viel zu weit weg. Später stellten sich diese “quasistellaren Objekte” oder “Quasare” als Zentren von aktiven Galaxien heraus. Dort sitzen gigantische schwarze Löcher und sorgen dafür, dass die Quasare heller leuchten als Milliarden Sterne. Wie das funktioniert, erklärt die aktuelle Folge der Sternengeschichten.
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Transkription
Sternengeschichten Folge 52: Was sind Quasare?
Über Sterne und Galaxien haben ich in den bisherigen Folgen des Podcasts schon sehr viel erzählt. Es gibt aber auch Galaxien, die so aussehen wie Sterne und die gehören zu den interessantesten Objekten des Universums…
In den 1960er Jahren hatte man noch nicht all zu viel Erfahrung mit der Radioastronomie. Die klassische Astronomie, bei der man das ganz normale Licht der sterne untersucht haben die Menschen schon seit Jahrtausenden betrieben. Aber mit dem Rest des elektromagnetischen Spektrums hatte man wenig Erfahrung. Das ist auch nicht verwunderlich, denn das meiste davon wird durch die Atmosphäre der Erde blockiert. Kosmische Röntgenstrahlung, Gammastrahlung, Mikrowellenstrahlung und der ganze Rest kann nur vom Weltall aus beobachtet werden. Und die ersten brauchbaren Raketen wurden erst während des zweiten Weltkriegs entwickelt. Die Radiostrahlung kann die Atmosphäre zwar teilweise durchdringen, aber auch hier hatte man die nötige Technik zur Beobachtung erst Mitte des 20. Jahrhunderts.
Anfang der 1960er Jahre entdeckten die Astronomen jedenfalls einige sehr starke Radioquellen am Himmel. Natürlich waren das keine Radiosender wie wir sie heute mit unserer Unterhaltungselektronik empfangen. Sternen und Galaxien senden kein Musikprogramm ins All und auch keine Nachrichten und keinen Wetterbericht. Sondern eben einfach nur ganz normale Radiowellen; genau so wie sie auch Lichtwellen aussenden. Das Sterne neben Licht auch Radiowellen und diverse andere elektromagnetische Strahlung ins All schicken, wusste man damals schon. Radioquellen am Himmel waren also keine riesige Überraschung. Es war allerdings überraschend, dass man NUR Radioquellen sehen konnte. Im Radioteleskop war die Strahlung deutlich nachweisbar. Aber wenn man die gleiche Region des Himmels dann mit einem normalen Teleskop beobachtet hatte, konnte man dort nichts sehen. Das, was die Radiosignale aussendet, war offensichtlich unsichtbar. Oder extrem lichtschwach.
Mit besseren Instrumenten konnte man dann aber bald doch etwas sehen. Einige der Radiosignale schienen von sehr schwach leuchtenden Sternen auszugehen. Genauer konnte man es nicht sagen, weil die Dinger kaum zu sehen waren. 1962 gelang es dann aber doch, Messungen zu machen mit denen sich die Entfernung zu einer dieser Radioquellen bestimmen ließ. Die Ergebnisse waren überraschend: Der Stern war unvorstellbar weit weg; das Licht war mehrere Milliarden Jahre lang zu uns unterwegs gewesen. Einen Stern in dieser Entfernung konnte man eigentlich nicht sehen können. Sterne sind zwar groß, aber auch wieder nicht so groß, dass sie aus solchen Entfernungen noch sichtbar sind. Trotzdem zeigten die Messungen, dass es so sein musste.
Einige Forscher waren der Meinung, dass man die Ergebnisse vielleicht falsch interpretierte. Vielleicht waren die sterne gar nicht so weit weg, sondern vergleichsweise nahe, aber enorm massereich. Ihr starkes Gravitationsfeld würde das Licht dann so stark schwächen, dass es nur so aussieht, als seien sie weit weg. Dieser Effekt der sogenannten gravitativen Rotverschiebung existiert tatsächlich – kann aber in diesem Fall nicht funktioniern. Díese Sterne müssten SO enorm massereich sein, dass sie nicht mehr stabil wären und sofort explodiern würden.
Es dauerte noch ein wenig, bis man wirklich herausfand, was hinter diesen mysteriösen Objekten steckte. Sie sahen aus wie Sterne, konnten aber keine Sterne sein. Deswegen haben sie auch den Namen Quasar bekommen, der sich aus quasistellar ableitet. Als die Teleskope im Laufe der Zeit immer besser wurden, konnte man auch immer mehr dieser Quasare nicht nur im Radiolicht sondern auch im normalen Licht beobachten. Und fand heraus, dass es sich nicht um mysteriöse Objekte handelte, sondern um Galaxien. Um die Zentren von Galaxien, um genau zu sein. Quasare waren die Kerne von Galaxien und aus irgendeinem Grund strahlten sie besonders viel Radiostrahlung aus.
Das muss nicht so sein. Die Sonne gehört zur Milchstraßengalaxie und das Zentrum dort ist definitiv kein Quasar. Würden aus dem Zentrum unserer Galaxie die gleichen Mengen an Strahlung ins All hinaus gelangen wie es bei den fernen Quasaren der Fall ist, dann würden wir das definitiv bemerken! Oder besser gesagt: Wir würden es nicht bemerken, weil diese riesigen Strahlungsmengen die Entstehung von Leben vermutlich verhindert hätten. Die Quasare sind Teil von sogenannten AKTIVEN Galaxien und unsere Milchstraße ist so gut wie gar nicht aktiv. Und um zu verstehen, warum das so ist, muss man sich ein wenig genauer mit dem beschäftigen, was in den Zentren von Galaxien vorgeht.
In der Mitte jeder großen Galaxie sitzt ein supermassereiches schwarzes Loch. Es ist so schwer wie ein paar Millionen Sterne und trotzdem normalerweise nicht weiter gefährlich. Wie ich in früheren Folgen schon erklärt habe, sind schwarze Löcher keine fiesen Staubsauger die alles einfach so ansaugen. Nur was ihnen zu nahe kommt, kommt nicht mehr weg. So lange das schwarze Loch also einfach nur da in der Mitte der Galaxie sitzt, passiert nicht viel. Interessant wird es erst dann, wenn es in der Nähe noch anderes Zeug gibt. Große Gaswolken zum Beispiel, die sich überall in einer Galaxie finden, aber besonders oft in den Zentren wo alles ein wenig dichter aneinandergedrängt ist.
Wenn sich das Gas aus so einer Wolke einem schwarzen Loch nähert, dann kann es nicht auf direktem Weg und einer geraden Linie in es hinein fallen. Das verbietet die Drehimpulserhaltung. Das Material bewegt sich UM das schwarze Loch herum. Aber weil es sich um ziemlich viel Material handelt und die Gasteilchen miteinander zusammenstoßen, verlieren sie Energie und wandern auf spiralförmigen Bahnen immer weiter auf das Loch zu bis sie irgendwann hinein fallen. Ein schwarzes Loch ist also von einer großen Scheibe aus Gas und Staub umgeben und diese Scheibe leuchtet enorm hell.
Die ganze Energie, die die Teilchen auf den Spiralbahnen verlieren wird ins All abgegeben und auch die Wechselwirkung dieser Teilchen mit dem Magnetfeld des schwarzen Lochs erzeugt Srahlung. Obwohl das schwarze Loch selbst also dunkel ist und kein Licht abgibt, leuchtet die Scheibe um das Loch herum umso heller. Sie leuchten heller als Millionen oder Milliarden Sterne und es kein WUnder, dass man sie noch aus sehr großer ENtfernung sehen kann. Quasare gibt es also nur, wenn die Galaxie noch ausreichend Gas enthält, dass in das schwarze Loch fallen kann. Unsere Milchstraße ist schon eine alte Galaxie und hat nicht mehr viel Gas übrig. Das meiste davon wurde schon für die Entstehung von Sternen verbraucht. Aber auch Quasare selbst sorgen dafür, dass das Gas schneller verschwindet als es normalerweise der Fall wäre.
Denn das Gas fällt nicht nur in das schwarze Loch hinein. Ein Teil davon wird entlang der Magnetfeldlinien in zwei großen Strömen mit hoher Geschwindigkeit ins All hinaus geschleudert. Diese Ströme nennt man Jets und sie können Millionen Lichtjahre lang sein. Auf ihrem Weg hinaus ins All preschen sie durch die ganze Galaxie und fegen dabei das ganze Gas weg, dass noch vorhanden ist. Eine aktive Galaxie mit einem starken Quasar in ihrem Zentrum wird also nach einer gewissen Zeit wesentlich weniger Sterne hervorbringen als früher weil ein Großteil des dafür nötigen Gases hinaus geblasen wird.
QUasare sind aber nicht nur sehr faszinierende Himmelsobjekte von denen wir viel über die Entwicklung von Galaxien lernen können. Ihre Beobachtung hat auch ganz praktische Anwendungsmöglichkeiten. Sie sind enorm weit entfernt und das bedeutet, dass sie sich von der Erde aus gesehen kaum zu bewegen scheinen. Sie bewegen sich natürlich schon, aber weil sie eben so weit weg sind, bekommen wir von dieser Bewegung nichts mit. Gleichzeitig sind sie enorm hell und trotz dieser Entfernung gut zu sehen. Deswegen werden sie als Referenzpunkte für das International Celestial Reference System verwendet, ein Koordinatensystem in dem die Positionen von Sternen und Planeten gemessen wird und das überall dort benötigt wird, wo man im Weltraum genaue Positionsangaben benötigt. Wenn wir einen Satelliten in eine Umlaufbahn um die Erde schicken oder eine Raumsonde zum Mars, dann helfen uns die schwarzen Löcher ferner Galaxien und ihre strahlenden Zentren dabei, nicht die Orientierung zu verlieren!
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