Im 26. Jahrhundert v.u.Z. waren die Pharaonen in Ägypten gerade damit beschäftigt jede Menge große Pyramiden zu bauen. Cheops und Chephren erbauten die heute nach ihnen benannten Pyramiden und die Sphinx von Gizeh. Aber nicht nur in Ägypten passierten große Dinge; auch im Universum ging es rund. Vor 4600 Jahren erreichte das Licht einer Supernova die Erde. Sie fand im Sternbild Zirkel (Circinus) statt und in Ägypten wird man davon nichts mitbekommen haben, da dieses Sternbild von dort nicht zu sehen ist sondern nur der südlichen Hälfte der Erde. Was vor 4600 Jahren im Zirkel zu sehen war, haben die Astronomen erst in der Gegenwart herausgefunden.
Heute beobachtet man in dieser Region einen sogenannten Röntgendoppelstern beziehungsweise “X-Ray-Binary”. Dabei handelt es sich um Doppelsternsysteme, bei denen einer der Sterne ein Neutronenstern beziehungsweise ein schwarzes Loch ist. Wenn die Sterne in einem Doppelstern ursprünglich nicht gleich schwer sind (was sie nicht sein müssen), dann wird der massereichere von ihnen zuerst sterben und, wenn er massereich genug ist, zu einem kompakten Neutronenstern oder schwarzem Loch werden. Der Partnerstern lebt vorerst weiter, so lange, bis auch er das Ende seines Lebens erreicht. Dann beginnt er sich langsam aufzublähen und vorausgesetzt die beiden Objekte sind sich nahe genug wird irgendwann Material vom noch lebendigen Stern auf den Neutronenstern oder das schwarze Loch gelangen können. Während das Gas von einem Stern zum anderen wandert, heizt es sich auf und sendet Röntgenstrahlung aus.
Solche Röntgendoppelsterne hat man schon oft beobachtet und auch den Röntgendoppelstern Circinus X-1 kennt man schon seit 1971. Die anderen Röntgendoppelsternen sind aber alle Millionen Jahre alt; bei Circinus X-1 kannte man das Alter allerdings nicht so recht. Einerseits sah er nach einer noch recht jungen Röntgenquelle aus. Die Bahnen auf denen sich Neutronenstern und normaler Stern umeinander bewegen, sind nicht ganz stabil und verändern sich im Lauf der Zeit. Das ist ein Zeichen dafür, dass das System noch nicht alt sein kann sondern die Himmelskörper immer noch dabei sind, sich auf ihren Orbits einzurichten und den dramatischen Tod des ersten Sterns noch nicht verdaut haben. Andererseits hat Circinus X-1 nur ein schwaches Magnetfeld, was für einen alten Neutronenstern spricht, der sein Feld im Laufe der Zeit abgebaut hat. Außerdem hat man dort einen sehr hellen Jet (kein Flugzeug sondern einen Strom von Materie) beobachtet und Sebastian Heinz von der Universität Wisconsin-Madison wollte wissen, warum der so hell ist. Denn normalerweise leuchten solche Jets nur kurz auf und werden dann wieder dunkler.
Es war aber gar nicht so einfach, den Röntgendoppelstern zu beobachten. Das Teil war im Röntgenlicht SO enorm hell, dass man nichts erkennen konnte. Es gab allerdings Phasen, in denen er ein bisschen schwächer leuchtete und genau auf so eine Phase warteten Heinz und sein Team, wie er in diesem Interview erzählt. Schließlich hatten sie Glück. Circinus X-1 leuchtet ein bisschen schwächer und sie konnten eine vernünftige Aufnahme des Systems machen:
Hier sind Beobachtungen im Röntgenlicht vom Chandra-Weltraumteleskop (in blau) mit Radiobeobachtungen des Australia Compact Telescope Array (rot) kombiniert worden und über ein Bild des im optischen Licht sichtbaren Bereichs gelegt. Der Röntgendoppelstern befindet sich im Zentrum der blauen Wolke. Heinz und seine Kollegen haben aber nicht nur ein schönes Foto gemacht. Sie konnten aus den Daten auch jede Menge neue Informationen gewinnen (“The Youngest Known X-ray Binary: Circinus X-1 and its Natal Supernova Remnant”). Zuerst einmal ist da die bläulich leuchtende Wolke im Röntgenlicht. Die war eine Überraschung; mit ihr hatte man nicht gerechnet. Denn sie kann eigentlich nur von den Überresten der Supernova stammen, in der der Neutronenstern entstand. Als der Vorgängerstern damals explodierte, schleuderte er jede Menge Gas ins All hinaus. Und dieses Gas wird nur durch den Röntgendoppelstern zum Leuchten angeregt. Je länger es her ist, dass eine Supernova stattgefunden hat, desto weiter haben sich ihre Reste im All verteilt. Das dauert bei einer typischen Supernova ein paar hunderttausend Jahre. Und im Röntgenlicht hören sie schon nach knapp 20.000 Jahre zu leuchten auf. Wenn man die Supernovaüberreste bei Circinus X-1 also jetzt noch im Röntgenlicht sehen kann, kann das System nicht alt sein!
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