Aber es gibt sehr viel mehr Manager und Börsenheinis als Bill Miller; und es gibt sehr viel mehr Intervalle als das zwischen 1991 und 2006. Man muss eher fragen: Wenn tausende Leute jedes Jahr eine Münze werfen und das mehrer Jahrzehnte lang tun, wie wahrscheinlich ist es, dass eine Person irgendwann einmal 15 Mal hintereinander “Kopf” wirft? Die Wahrscheinlichkeit ist viel größer und im Fall von Miller liegt sie bei 75% (berechnet für einen Zeitraum von 40 Jahren). Es wäre also eher unwahrscheinlich, dass im Laufe von ein paar Jahrzehnten nicht irgendwo ein Manager auftaucht, der 15 Jahre lang hintereinander Glück hat. Aber das erscheint uns intuitiv unwahrscheinlich und wenn wir von Fällen wie Miller hören neigen wir deshalb dazu, die zufällige Glückssträhne seiner “Leistung” zuzuschreiben.

Wir wollen eben nicht die Kontrolle verlieren. Wir fühlen uns besser, wenn wir ein Muster hinter den Dingen zu erkennen glauben und auch das zeigen jede Menge Experimente. Eines dieser Experimente (durchgeführt von Ellen Langer) bestand aus einer Lotterie: Jeder Teilnehmer bekam eine Karte mit dem Bild eines Sportlers. Ein Beutel enthielt eine Mischung aus allen Bildern die im Spiel waren und eines davon wurde gezogen. Wer das gleiche Bild besaß, hatte gewonnen. Die Hälfte der Teilnehmer bekam einfach ein Bild zugeteilt, die andere Hälfte durfte es sich selbst aussuchen. Danach durften alle Teilnehmer ihr Bilder verkaufen, wenn sie wollten. Und obwohl es natürlich egal war, ob man ein selbst gewähltes oder zufälliges Bild hat, wollten diejenigen die es selbst ausgesucht hatten, viel mehr Geld dafür haben als die anderen, denen es ziemlich egal war. Die Leute wussten zwar alle, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Gewinn nicht davon abhing, ob man sich die Karte vorher selbst ausgesucht hatte. Aber sie verhielten sich genau so, als hätte es einen Einfluss.

Es gibt noch jede Menge andere kognitive Verzerrungen, die unser Verhalten auf diese Weise beeinflussen und uns Muster sehen lassen, wo keine sind. Der Bestätigungsfehler (Confirmation Bias) lässt uns Informationen immer dann als relevant ansehen, wenn sie ein Muster bestätigen, dass wir uns schon vorher gebildet haben. Ein Beispiel: Welche Regel liegt dieser Zahlenreihe zugrunde und wie könnte sie weitergehen: 2,4,6, ? Klar, werden jetzt die meisten sagen, jetzt kommt 8, 10, 12 und so weiter. Wir erkennen ein Muster und akzeptieren es sofort. Und dann fällt es uns schwer, davon wieder abzulassen. Auch das wurde in einem Experiment überprüft. Selbst wenn die Versuchspersonen Vermutungen über die nachfolgenden Zahlen abgeben dürfen und der Versuchsleiter ihnen sagt ob sie richtig sind oder nicht, probieren die meisten immer nur, ihre Vermutung zu bestätigen, aber nie, sie zu widerlegen. Die wenigen, die das machen und nicht dem confirmation bias unterliegen fragen dann zum Beispiel, ob die Reihe mit 7,8,9 fortgesetzt werden kann oder mit 101,102,103 und finden so heraus, dass es einfach nur darum geht, immer größere Zahlen zu bilden und nicht, alle geraden Zahlen aufzulisten. Wer nur Bestätigung für die Vermutung sucht fragt nur nach “8,10,12” und übersieht so das wesentliche…

Dem Bestätigungsfehler verdanken wir auch die vielen Vorurteile die über bestimmte Menschengruppen in Umlauf sind und er ist für jede Menge irrationalen Unsinns und sinnloser Diskussionen verantwortlich. Da jeder sich immer nur die Argumente aus vorhanden Daten raussucht, die die eigenen Denkmuster unterstützen und den Rest ignoriert, kann der gleiche Datensatz von Menschen mit verschiedener Weltsicht völlig unterschiedlich interpretiert werden. Und leider ist niemand sicher vor all diesen kognitiven Verzerrungen; selbst wenn wir denken, wir wären klüger als der Rest der Welt (was wir insgeheim natürlich alle denken und auch nur eine kognitive Verzerrung ist). Wollen wir etwas dagegen tun, dann müssen wir uns ständig daran erinnern, dass auch der Zufall Muster produziert und nicht überall Sinn und Ordnung zu finden ist, wo wir sie sehen…

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Kommentare (16)

  1. #1 Siskin
    Wien
    4. Januar 2014

    Es war durchaus ein evolutiver Vorteil, dass unser Gehirn in Zufälligkeiten Muster erkennt! Denn ein false Positive ist in einer bedrohlichen Welt stets besser als ein false Negative!
    Wenn ich ein Raubtier im Busch nicht entdecke, weil mein Gehirn eher meint, die Muster im auge seien zufällig, wird mein evolutionärer Erfolg einfach geringer sein, als wenn ich in vielem zufälligen Windgeraschel Gespenster seh.

  2. #2 Roboterprotzkopf
    4. Januar 2014

    Wieso hast du meinen KOmmentar gelöscht?? Ich habe kein böses Wort gesagt!

  3. #3 Florian Freistetter
    4. Januar 2014

    @Roboterprotzkopf: Ich hab dir schon öfter gesagt, dass es mir auf die Nerven geht, wenn du mich hier als die neue Lichtgestalt des Atheismus anpreist. Das kann ich nicht ernst nehmen und diese Lobhudelei ist (wenn sie immer und immer wieder kommt) auch genau so nervig wie es dauernde Beleidigungen im negativen Sinn wären. Ich weiß nicht ob du das ernst nimmst oder mich tatsächlich verarscht. Aber ich bin ein Wissenschaftsblogger und nicht der nächste Papst der Atheisten. Und du musst auch nicht bei jedem Artikel dazu schreiben, dass gläubige Menschen doof sind. Das ist nämlich 1) falsch und 2) passt es selten zum Thema. Hier jedenfalls nicht.

  4. #4 naturundwirtschaft
    4. Januar 2014

    Die quasi Zufälligkeit für die Börse gilt “nur” für kurz- und mittelfristige Geschäfte und nur für einzelne Aktien, Fond, etc.. Langfristig und für die gesamte Börse sind schon Muster zu erkennen mit relativ periodischen Aufs und Abs. Diese hängt aber weniger mit der Wirtschaftsleistung der einzelnen Unternehmen ab, sondern vom Herdeneffekt. Dieser Effekt wird zusätzlich verstärkt durch die Medien.

    Man könnte hier fast schon von einer selbsterfüllenden Prophezeihung reden.

  5. #5 Berlin
    4. Januar 2014

    Warum nicht an der Börse spielen, es gibt ja auch Meteorologen;-)

  6. #6 Florian Freistetter
    4. Januar 2014

    @Berlin: Nur dass der Meteorologie ja tatsächlich exakte Naturgesetze unterliegen, die halt einfach auf zu komplexe Art und Weise zusammenspielen, um eine simple Auswertung und Vorhersage zu erlauben. Die Börse dagegen ist ein fast echter Zufallsprozess und Wirtschafts”wissenschaft” keine exakte Naturwissenschaft die exakte Gesetze wie in der Meteorologie aufstellen kann.

  7. #7 noch'n Flo
    Schoggiland
    4. Januar 2014

    Dass es langfristig mehr erfolgreiche als erfolglose Börsen”experten” gibt ist auch logisch: das gesamte Börsensystem ist auf permanentes Wachstum ausgelegt (was bei endlichen Resourcen schon einmal Unfug ist). Und dementsprechend steigen die diversen Aktienindizes ja auch seit Jahrzehnten an (kleinere Krisen mal rausgemittelt). Was nicht erfolgreich ist, wird also erfolgreich gemacht. Schon gruselig, wenn man bedenkt, was da oftmals so auf dem Spiel steht. Und da dank Tiefzinspolitik der EZB Aktien heutzutage fast die einzige Anlageform geworden sind, bei der man auf lange Sicht eine Chance hat, die Inflation auszugleichen, kann man dieser Zockergesellschaft kaum noch entgehen.

  8. […] meiner Serie über Zufall und Wahrscheinlichkeit ging es heute um das Unvermögen der Menschen, echten Zufall zu erkennen. Echter Zufall erscheint uns zu ordentlich und das was wir für Zufall halten, ist viel zu […]

  9. #9 wrdlbrmpft
    5. Januar 2014

    Eigentlich komisch, dass der Glücksspielparagraph (oder wie das Ding heißt) dann bei der Börse nicht greift. Eigentlich müsste hier doch auch zumindest eine Warnung vorgeschrieben sein, wie beim Lotto. Ich persönlich hab jedenfalls auch immer ein sehr komisches Kribbeln im Nacken, wenn ich an die Börse denke, ich finde das ein gefährliches System. Bisher konnte ich mich auch erfolgreich weigern, Aktien zu kaufen. Demnächst muss die Altersvorsorge geregelt werden, mir graut es schon…

  10. #10 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com
    5. Januar 2014

    Wenn ich dann noch von einem Bekannten höre, der ebenfalls Probleme mit dieser Firma hat, dann sind das immer noch nur zwei Datenpunkte und genau so wenig aussagekräftig. Für mich aber ist dass sofort signifikant und ich erkenne sofort ein Muster: Die Firma produziert schlechte Produkte.

    Das widerspricht aber dem eben diskutierten Phänomen von Bayes.

    Wenn ich ein Mobiltelefon, einen Staubsauger oder ein TV-Gerät kaufe erwarte ich, dass es nicht zufälligerweise funktioniert, sondern mit hoher Sicherheit. Wenn mehr als 1% der Geräte defekt sind, dann ist das ein mangelhaftes Qualitätsmanagement.

    Die Chance, dass der Defekt ein zufälliger ist, wie er immer mal auftreten kann ist bei einem Gerät noch hoch – bei 2 von 2 Geräten ist es schon rational auf ein prinzipielles Problem zurückzuschließen.

    Bei Conrad gab es vor ein paar Jahren Prepaidtelefone mit Radiofunktion für unter 15€. Das erste schaltete sich immer innerhalb von 24 Stunden selbständig aus. Immer wieder. Umgetauscht – das nächste zeigte die gleiche Symptomatik. Der Händler widersprach meiner Vermutung, dass das ein Fehler der Serie sei und behauptete ich sei der einzige Kunde der reklamiert, auch noch beim 5. Gerät mit den gleichen Symptomen, gab mir dann aber doch ein anderes Modell. Der Abverkauf der Pyramide mit den restlichen Geräten ging unverändert vonstatten.

    Im Alltag hat man es nun mal mit Anekdoten zu tun – ich kann vor dem nächsten Kauf keine wissenschaftliche Untersuchung studieren, weil zu solchen Fragen keine derartigen Studien existieren. Und wenn der Bus 2x zu spät kommt bin ich vorsichtig, und rechne damit, dass er beim dritten Mal auch zu spät kommt. Nicht so, dass ich mich drauf verlasse, aber so dass ich mich nicht drauf verlasse, er werde schon pünktlich sein.

  11. #11 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com
    5. Januar 2014

    @naturundwirtschaft: Nicht fast von selbsterfüllender Prophezeiung ist zu reden, sondern ausschließlich von solcher.

    Wenn die US-Notenbank A sagt, dann führte das angeblich zur Kurssteigerung bei Aktienwert m – bei Aktienwert n aber seltsamerweise nicht – ohne Begründung. Beim nächsten Mal, wenn die Fed A sagt und der Kurs steigt bei m nicht, dann war es bereits eingepreist, weil die Aktionäre schon längst damit rechneten – ungeachtet der Frage, ob nicht beim letzten Anstieg eine solche Einpreisung auch hätte gegeben sein müssen. Und auch nächste Woche gibt es wieder An- und Abstiege die auch zuvor schon hätten eingepreist sein können.

    Auch reden die Börsen gerne von Widerstandslinien, die Kurse bei glatten Werten wie einem Kurs von 4000 angeblich haben. Bei einem Wert ist dies durch selbsterfüllende Prophezeiung noch plausibel – bei aggregierten Werten wie dem DAX dagegen erscheint es doch arg an den Haaren herbeigezogen.

  12. #12 Florian Freistetter
    5. Januar 2014

    @Stefan W: “Im Alltag hat man es nun mal mit Anekdoten zu tun “

    Und Anekdoten sind eben keine Daten und nicht verlässlich. Genau darum geht es ja. Wenn einmal ein Türke unfreundlich zu dir ist, folgt daraus ja auch nicht, dass alle Türken unfreundlch sind – oder das es angebracht wäre, in Zukunft beim Umgang mit Türken “vorsichtig” zu sein. Nur weil DU ein Muster in deinem persönlichen Erleben zu erkennen meinst heißt das nicht, dass das Muster auch tatsächlich da wäre.

  13. #13 knorke
    6. Januar 2014

    @Stefan W.

    Dazu zwei Dinge:
    Erstens sollte man nicht dem Fehlschluss unterliegen, dass derartige Erfahrungen immer nur dem Zufall geschuldet sind, es kann natrürlich da auch mal was dran sein :-).

    Im von Dir geschilderten Fall kommt ja noch die Kommunikationslücke dazu – woher will der Verkäufer wissen, dass es nie solche Reklamationen gäbe? Was wenn es bloß Zufall ist, dass von 10-15% derart spinnerten Geräten nie eines bei ihm reklamiert wurde? Und wer sagt, dass der Verkäufer die Wahrheit sagt? Der Mann hat Eigeninteressen bzw. Firmeninteressen zu wahren und taugt nicht oder jedenfalls kaum als Objektivierungsmaß.

    Zweitens: In Zeiten des Internets ist es nahezu unmöglich, bei einem x-beliebigen technischen Gerät nicht mindestens eine Handvoll Leute mit dem selben Problem ganz einfach zu finden. Selbst, wenn nur eines von 20.000 Geräten einen Defekt hat. man bekommt solche Leute ja auch quasi auf dem Silbertablett serviert, indem man nach dem Gerätedefekt suchen kann und dann immer auch in den Nischen landet, wo die Betroffenen sich sammeln. Von den 19999 zufriedenen Kunden die auf einen Unzufriedenen wird man dort sicher nicht die gleiche Intensität der Berichterstattung finden – auch da wieder ein Kommunikationsbias: Wer zufrieden ist, kommuniziert das weniger intensiv als der Unzufriedene.

    Naja, ich handhabe es so: Wenn etwas defekt ist, dann hängt es vom Wert ab wie ich verfahre: Zweite Chance oder gleich Tonne und dann was vom Wettbewerber. Ich mache mir nicht die Mühe, meine Entscheidung noch zu objektivieren – selbst wenn es möglich wäre, dies mittels Mängelstatistiken etc. zu tun. Warum auch? In der Abwägung von finanziellen und kognitiven Kosten und Nutzen ist das bei vielen Alltagsdingen sowieso ineffizient. Das hat sich wohl auch evolutionär erwiesen, sonst würde das Wildschwein im Wald erst einen Persönlichkeitstest und Motiv-test machen mit dem Gallier der da durchs Unterholz bricht 🙂
    Peinlich wird es für das Wildschwein erst, wenn es seine anekdotische Erfahrung dann als einzig wahre Wahrheit verkauft und Gegenbelegen gegenüber taub und blind ist.

  14. #14 Murkel
    Halle (Saale)
    6. Januar 2014

    Herr Freistetter, Ihre scienceblogs finde ich als alter, absoluter Laie einfach toll. Dafür möchte ich einmal danke sagen.
    Hinsichtlich “Alltag und Anekdote” fiel mir die Anekdote ein, bei der ein englischer Journalist Anfang des vorigen Jahrhunderts bei seiner Landung in Hamburg einen rothaarigen Hotelportier erlebte. Darauf stand in seinem Artikel: “Alle Hotelportiers in Hamburg sind rothaarig.”. Ob er es selbst glaubte?

  15. #15 Tyrone
    Wien
    7. Januar 2014

    @knorke …

    Danke. Was noch fehlt ist m.E. der Umstand, dass der Mensch im allgemeinen wohl eher eine Wortspende abgibt, wenn etwas NICHT wie erwartet funktioniert. Und daher die 19.999 zufriedenen Benutzer des Gerätes zwar die schweigende Mehrheit darstellen, dem 20.001. Anwender aber nur der eine auffällt, der eben das gleich Problem hatte.

    Das behaupte ich jetzt mal ohne entsprechende Studie. So rein aus dem subjektiven Gefühl heraus und aus der Beobachtung (des beschränkten Samples) von Feedbackkommentaren auf Shopseiten.

    🙂

  16. #16 definition
    11. Januar 2014

    Diese Aussage:

    “Der Mathematiker George Spencer Brown hat zum Beispiel einmal ausgerechnet, dass in einer zufälligen Zahlenreihe die aus 10^1000007 Nullen oder Einsen besteht mindestens 10 Abschnitte zu finden sind, in denen eine Million Nullen direkt aufeinander folgen.” ist etwas ungünstig formuliert. Also ein ‘typischerweise’ oder ‘im Mittel’ hätte dem Satz ganz gut getan. Garantiert ist es ja nicht.

    Das mit den psychologischen Tests hat mich übrigens zum Einen an die Grenzen von IQ-Tests erinnert, in denen man ja nicht nach der ‘einen’ Lösung sucht, sondern nach dem ‘einfachsten’ Algorithmus die Zahlenreihe fortzusetzen, zum anderen aber auch an ein anderes psychologisches Experiment. Dort hat man beobachtet, dass Lottespieler nicht gerne andere Spieler ihre Zahlen abschreiben lassen. Man kann natürlich begründen, dass ,sollte man tatsächlich gewinnen, was ja sehr unwahrscheinlich ist, man sich das Geld ja teilen müsse, aber man denkt doch unbewusst wohl sowas, wie, dass der Abschreiber es nicht aus eigener Leistung geschafft habe.