Seit wir damit angefangen haben, nach Planeten außerhalb unseres Sonnensystems zu suchen, suchen wir auch nach einer Antwort auf die Frage: Ist die Erde der einzige Ort im Universum auf dem Leben existieren kann? Die Antwort darauf lautet vermutlich “Nein”. Wir wissen mittlerweile, dass sehr wahrscheinlich am jungen Mars Bedingungen herrschten, die Leben ermöglichen hätten können; wir wissen dass es auf einigen Monden von Jupiter und Saturn unterirdische Wasser-Ozeane gibt, die Leben beherbergen könnten und wir werden vermutlich auch bald Planeten bei anderen Sternen entdecken, deren Bedingungen denen auf der Erde ähneln. Das heißt natürlich noch nicht, dass es überall dort auch Leben geben muss. Nur weil irgendwo Leben entstehen kann, folgt daraus nicht dass das Leben dort auch entsteht. Das klingt zwar nach einer verlockenden These, wird aber nicht durch irgendwelche Daten gestützt. Wir kennen ja bis jetzt erst einen Planeten auf dem Leben existiert: Die Erde. Aber wir wissen immerhin, wo wir nach potentiell bewohnbaren Planeten suchen müssen: In der sogenannten “habitablen Zone”. Das ist jener Bereich um einen Stern, in dem dessen Strahlung weder zu stark noch zu schwach ist und auf der Oberfläche eines Himmelskörpers weder zu heiß noch zu warm, so dass flüssiges Wasser existieren kann. Das Konzept der habitablen Zone ist allerdings in der Realität ein wenig komplexer. Es kommt nicht nur auf die Entfernung des Planeten zum Stern an, sondern auch auf viele Eigenschaften des Planeten selbst. Außerdem verändert sich die habitable Zone im Laufe der Zeit – es ist also alles ein wenig kompliziert. Aber (wie so oft) früher war es vielleicht besser. Früher war vielleicht das gesamte Universum eine einzige habitable Zone!
Das behauptet jedenfalls der Harvard-Astronom Abraham Loeb in seiner Arbeite “The Habitable Epoch of the Early Universe”. Er sagt darin natürlich nicht, dass man damals einfach so durchs Universum spazieren konnte und überall leben konnte. Das Weltall war damals wie heute ein lebensfeindliches Vakuum. Aber es war schön kuschelig warm!
Das Universum begann ja vor 13,8 Milliarden Jahren als unvorstellbar heißes und unvorstellbar winziges und dichtes Dingens. Dann dehnte es sich aus und kühlte dabei ab. Das junge Universum war mit heißer Strahlung erfüllt, der sogenannten “Kosmischen Hintergrundstrahlung” (die ich hier und hier ausführlich beschrieben habe). Das Universum ist auch heute noch mit der kosmischen Hintergrundstrahlung erfüllt, aber weil es sich in der Zwischenzeit so sehr ausgedehnt hat, ist auch die Strahlung abgekühlt und nur noch knapp -270 Grad Celsius “warm”. Deswegen ist es im Weltall ja auch so kalt. Aber irgendwo zwischen der unvorstellbaren Hitze am Anfang und der fast absoluten Kälte von heute muss es einmal schön kuschelig warm gewesen sein. Diesen Zeitpunkt hat Loeb berechnet und er kam zu dem Schluss, dass das ungefähr 15 Millionen Jahre nach dem Urknall passiert sein muss. Für ein paar Millionen Jahre lang lag die Temperatur der kosmischen Hintergrundstrahlung zwischen 0 und 30 Grad Celsius.
Damals war also jeder Planet in der “habitablen Zone”; ganz unabhängig vom Stern den er umkreist (der könnte ihn nun höchstens zu heiß machen). Aber gab es damals überhaupt schon Planeten? Um Planeten zu bauen braucht es schwere Elemente und die wurden ja erst in den ersten Sternen produziert. Nach dem Urknall gab es nur Wasserstoff und Helium und das musste erst im Inneren von Sternen zu schwereren Elementen fusioniert werden. Und diese Sterne mussten erst sterben, explodieren und diese Elemente überall verteilen, bevor sich daraus neue Sterne mit Planeten bilden konnten. Ist das so kurz nach dem Urknall überhaupt möglich?
Ja, meint Loeb. Die allerersten Sterne waren gigantische Objekte, bis zu hundert Mal schwerer als die Sonne. Und je größer ein Stern, desto kürzer sein Leben. Die allerersten Riesensterne lebten nach Loebs Berechnungen nur ungefähr 3 Millionen Jahre lang und entstanden früh genug nach dem Urknall, um noch lange vor der “habitablen Phase” ausreichend schwere Elemente zu erzeugen. Nach Loeb wäre es also durchaus möglich, dass schon 15 Millionen Jahre nach dem Urknall Planeten existiert haben. Planeten in einem Universum das warm genug war, damit flüssiges Wasser und damit auch Leben existieren kann.
Das klingt natürlich alles enorm faszinierend! Leben, dass sich schon vor fast 14 Milliarden Jahren entwickelt hat; quasi gleich nach dem Urknall? Das klingt stark nach Science-Fiction, nach irgendwelchen gottgleichen Überwesen, die sich in Millionen und Milliarden Jahren von Evolution zu irgendwelchen Energielebensformen entwickelt oder galaktische Super-Zivilisationen aufgebaut haben. Aber wir dürfen nicht vergessen: Nur weil sich Leben entwickeln kann folgt daraus nicht, dass sich das Leben auch tatsächlich entwickelt.
Und ich bin ein bisschen skeptisch, was die Arbeit von Loeb angeht. Die ganze Geschichte wird dort auf gerade mal 4 Seiten abgehandelt und ich würde mir da doch noch eine etwas genauere Analyse der Elemententstehung in den jungen Sternen wünschen. Außerdem bezweifle ich, dass ein paar Millionen Jahre Wärme wirklich ausreichend sind, damit sich Leben entwickeln kann. Das erste Leben auf der Erde entstand knapp 1 Milliarde Jahre nach ihrer Entstehung. Das muss natürlich kein Maßstab für die Entstehung von Leben anderswo sein – aber es nutzt dem Leben ja auch nichts, wenn es auf einem angenehm warmen Planeten entstanden ist, der sich nach Ende der habitablen Phase des Universums dann immer weiter abkühlt.
Es ist gut, wenn man sich Gedanken über solche Dinge macht und es ist definitiv spannend darüber nachzudenken, ob unser Universum vielleicht von Anfang an mit Leben gefüllt war. Aber man muss dabei trotzdem immer die Grenze zwischen Wissenschaft und Science-Fiction im Blick behalten!
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