Die chemische Zusammensetzung eines braunen Zwergs zu kennen ist zwar toll, aber nicht das, was Crossfield hier interessiert hat. Diesmal ging es um die Veränderung der Spektren. Man kann anhand der Linien zum Beispiel erkennen, wie heiß es dort ist, wo das Licht herkommt. Je heißer es ist, desto schneller bewegen sich die Gasmoleküle die die Spektrallinien verursachen hin und her. Diese Bewegung sorgt für eine sogenannte Dopplerverschiebung der Linien. Normalerweise verursacht ein bestimmtes Element eine ganz klar definierte Linie bei einer exakt bestimmten Wellenlänge. Diese Wellenlänge hängt aber von der Geschwindigkeit ab, mit der sich das Molekül bewegt und wenn die Moleküle nun alle wegen der hohen Temperaturen wild hin und her tanzen, dann bekommt man keine klare Linie, sondern eine, die ein wenig “verschmiert” ist. Man nennt das die “Dopplerverbreiterung” und kann daraus die Temperatur des Gases berechnen.
Das allein reicht aber noch nicht, um die Oberfläche eines Himmelskörpers kartieren zu können. Dazu braucht man mehrere Spektren. Stellen wir uns vor, irgendwo auf dem braunen Zwerg gibt es einen hellen und heißen Fleck. Da der braune Zwerg rotiert, dreht sich auch dieser Fleck mit ihm herum. Ist der Fleck von uns aus gesehen gerade auf der Rückseite des Zwergs, dann merken wir natürlich nichts. Ist er auf der uns zugewandten Seite, dann sehen wir die durch die höheren Temperaturen verursachte Dopplerverbreiterung. Wir sehen aber noch mehr! Denn die Rotation des Zwergs selbst verursacht auch einen Dopplereffekt. Wenn er rotiert, dann dreht sich eine Hälfte des Zwergs auf uns zu und die andere Hälfte dreht sich von uns weg. Eine Lichtquelle, die sich auf uns zu bzw. von uns weg bewegt, erzeugt aber einen Dopplereffekt. Genau so wie sich die Tonhöhe der Sirene eines Krankenwagens verändert, wenn sich das Auto auf uns zu bzw. von uns weg bewegt, ändert sich auch die Frequenz des Lichts. Licht das auf uns zu kommt wird zu höheren Frequenzen (d.h. zur Farbe Blau) verschoben; Licht das von einer sich entfernenden Quelle kommt, ist zu niedrigeren Frequenzen (d.h. Richtung Rot) verschoben. Und jetzt kommt der wichtige Punkt: verschiedene Regionen eines braunen Zwergs bewegen sich unterschiedlich schnell! Ein brauner Zwerg ist genau so wie ein Stern keine feste Kugel, wie zum Beispiel die Erde, sondern eine große Masse aus Gas, die am Äquator schneller rotiert als an den Polen. Ein Punkt am Äquator der Sonne braucht knapp 24 Tage für eine Rotation; an den Polen dauert es knapp 31 Tage.
Die Astronomen können nun also einerseits nach der Dopplerverbreiterung der Linien schauen die ihnen etwas über die Temperatur sagt. Und sie können nachsehen, wie die Dopplerverschiebung des Spektrums aussieht und so herausfinden, wie schnell sich die heiße/kalte Region bewegt und damit auch bestimmen, wo am braunen Zwerg sie sich befindet. In Wahrheit ist das Doppler Imaging natürlich noch sehr viel komplizierter und man braucht viele Daten und noch mehr ausgeklügelte Computerprogramme die das alles zusammentüfteln – aber am Ende kann man dann tatsächlich ein Bild eines braunen Zwergs bzw. eines Sterns bekommen, dass die Verteilung von kühlen und heißen Zonen zeigt. Bei Sternen ist das eine Verteilung der Sternflecken; bei braunen Zwergen sind es wolkenartige Strukturen. Und so sieht das Ergebnis im Fall von Luhman 16B aus:
Das erste Bild zeigt eine klassische Karte mit den heißen und kühlen Zonen auf dem braunen Zwerg; das zweite zeigt den Zwerg in verschiedenen Ansichten.
Das mag auf den ersten Blick nicht enorm beeindruckend aussehen. Aber es ist enorm beeindruckend. Sterne hat man mit dieser Technik schon öfter abgebildet; bei braunen Zwergen ist in dieser Form bisher nicht gelungen. Und aus den Bildern kann man jede Menge lernen. Die dunklen Regionen auf der Karte sind Bereiche mit dicken Wolken, die heißere Schichten weiter unter verdecken während die hellen Bereiche Löcher in dieser obersten Wolkenschicht sind. Ein brauner Zwerg besteht also aus unterschiedlichen Wolkenschichten. Und natürlich haben Crossfield und seine Kollegen auch nachgesehen, wie schnell sich die Wolken verändern. Die Ergebnisse blieben nur ungefähr einen Tag lang konstant, bevor sie sich deutlich voneinander unterschieden. Das Wetter auf dem braunen Zwerg ändert sich also fast täglich! Und es ist ein dramatisches Wetter…
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