Und wenn man dann bei der Erforschung von einer Skala zu einer anderen wechselt, kann es vorkommen, dass Weltbilder gestürzt und Theorien über den Haufen geworfen werden. Aber auf der alten Skala behalten die alten Theorien weiterhin ihre Gültigkeit. Also Newton sich überlegte, wie die Gravitation funktioniert, kam er zu einem Ergebnis, das bei bestimmten Skalen sehr gut funktioniert. Als Albert Einstein dann andere Skalen betrachtete, höhere Geschwindigkeiten und größere Massen untersuchte als Newton, kam er zu einem anderen Ergebnis. Aber wenn man sich auf die Skalen beschränkt, die Newton erforscht hat, funktionieren Newtons Ergebnisse immer noch wunderbar und werden immer noch eingesetzt.
Randall schreibt
“Scientific theories grow and expand to absorb increased knowledge, while retaining the reliable parts of ideas that came before.”
und das ist ein sehr wichtiger Aspekt. Dazu auch mein Diskussionsvorschlag Nummer 2:
- 2) Wird bei der Kommunikation von Wissenschaft zu sehr auf die reinen Fakten und Ergebnisse geachtet? Ist das Wechselspiel zwischen den Skalen und gleichzeitige Beibehaltung alter Erkenntnisse und neuer Modifikationen in der breiten Bevölkerung ausreichend bekannt? Oder herrscht hier noch die “Wissenschaft ändert dauernd die Meinung und weiß deswegen nichts sicher”-Meinung vor? Und wenn ja, was kann man dagegen tun?
Randall spricht auch über ein weiteres weit verbreitetes Vorurteil: “Weil die Wissenschaft noch nicht alles weiß, kann sie auch nicht mit Sicherheit sagen, das manche Dinge unmöglich sind”. Diese Einstellung findet man ja in der Esoterik sehr oft. “Weil die Quantenmechanik komisch ist und weil die Wissenschaft sie noch nicht komplett verstanden hat, kann es seltsame Effekte geben, die dazu führen das Homöopathie wirkt!”, wird da oft behauptet. Aber verkennen die Leute dann die Auswirkung der Skalen. WENN Homöopathie wirkt, dann wirkt sie. D.h. sie hat relevante Auswirkungen auf den Gesundheitsszustand von Menschen und das sind Effekte, die wir heute relativ leicht messen können. Die Skalen um die es geht, sind menschliche Skalen und die haben wir in den letzten paar Jahrhunderten der Wissenschaft gut verstanden. Natürlich kann es sein, dass bei der Untersuchung sehr kleiner Skalen noch diverse seltsame und völlig neue Effekte auftauchen. Dinge, die wir noch nicht verstanden haben und die unser Weltbild komplett umwerfen werden. Aber WENN diese Effekte so stark sind, dass Auswirkungen auf die menschliche Skala haben, dann würden wir sie JETZT schon sehen und bemerken können. Aber da wir das nicht tun, können wir davon ausgehen, dass diese neuen, noch zu entdeckenden Effekte eben nur Auswirkungen auf entsprechend kleinen Skalen haben, aber nicht das beeinflussen, was wir jetzt schon wissen.
Die seltsame Welt der Quantenmechanik ist tatsächlich seltsam. Aber die seltsamen Effekte beschränken sich auf die Größenordnungen der Mikrowelt, der Atome und subatomaren Teilchen. Die Quantenmechanik ist nicht geeignet um Gespenster, Telepathie, Homöopathie oder diversen anderen esoterischen Kram zu erklären – obwohl die Vertreter der Pseudowissenschaft uns das gerne glauben machen wollen.
“‘Impossible’ things can happen – but only in environments that we have not yet observed.”
schreibt Randall und meint damit, dass in der Physik noch jede Menge Überraschungen auf uns warten, wir diese Überraschungen aber nicht dort suchen dürfen, wo wir schon jahrzehntelang geforscht haben. Große Forschungsanlangen wie der LHC in CERN oder neue Weltraumteleskope müssen sich in den Augen der Öffentlichkeit ja oft rechtfertigen. “Wozu braucht man solche riesigen Maschinen, nur um ein paar Atome noch ein bisschen genauer anzusehen oder noch ein paar Galaxien mehr zu betrachten?”, fragt da die Öffentlichkeit oft. Und die Antwort lautet: Wenn wir neue “unmögliche” Dinge sehen wollen, dann müssen wir dorthin schauen, wo wir bis jetzt noch nicht hin geschaut haben. Dann müssen wir weiter hinaus ins All blicken als je zuvor. Oder größere Energien in Teilchenbeschleunigern untersuchen. Wir müssen die Welt auf anderen Skalen betrachten! Vielleicht gibt es irgendwelche Zusatzdimensionen oder andere schräge Effekte. Aber in unserer Alltagswelt werden wir sie nicht finden…
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