Im Oktober habe ich noch erzählt, wie beeindruckend es ist, dass wir nach 2 Jahrzehnten Exoplanetenforschung schon über 1000 Planeten gefunden haben. Gestern haben die Astronomen des Kepler-Teams die Entdeckung von 715 neuen Planeten bekannt gegeben! Das ist eine wirklich enorm beeindruckende Zahl und zeigt, mit was wir in Zukunft zu rechnen haben. Wir wissen ja schon dass die fremden Welten überall sind, auch wenn wir noch nicht alle davon auch tatsächlich gefunden haben. Aber so wie es aussieht, wird sich das in Zukunft ändern. Die neu ausgewerteten Daten des Kepler-Weltraumteleskops haben die Anzahl der bekannten Planeten mit einem Schlag fast verdoppelt. Und das war nur der Anfang…
Das Kepler-Teleskop ist zwar schon seit fast einem Jahr defekt (obwohl es demnächst wieder mit neuen Beobachtungsaufgaben reaktiviert werden soll). Aber in seiner aktiven Zeit hat es so viele Daten gesammelt, dass an der Auswertung noch jahrelang gearbeitet werden wird. Denn Kepler liefert zuerst immer nur Planetenkandidaten, also Himmelskörper, die Planeten sein können, aber nicht müssen.
Allein in den Daten der ersten beiden Beobachtungsjahre hat man 3670 Kandidaten gefunden. Das sind Sterne, die ganz charakteristische Helligkeitsschwankungen zeigen, die darauf hindeuten, dass sie in regelmäßigen Abständen von etwas ein klein wenig verdunkelt werden. Dieses “etwas” kann ein Planet sein, der von uns aus gesehen vor dem Stern vorüber zieht. Es kann aber auch ein zweiter Stern sein – oder ein ganz anderer Effekt (zum Beispiel ein Sternfleck oder auch nur ein Fehler in der Kamera). Die Kandidaten müssen daher nachträglich nochmal genau analysiert werden und das dauert. Im Idealfall wird jeder Kandidat nochmal extra von der Erde aus mit einem Teleskop beobachtet um zweifelsfrei nachweisen zu können, ob da nun ein Planet ist oder nicht. Aber bei tausenden Sternen, die alle nicht besonders hell und schwer zu beobachten sind, kann das dauern. Beim Kepler-Team hat man deswegen eine andere Methode benutzt, die auf die Statistik setzt.
Man nutzt dabei die Tatsache aus, dass viele der Planetenkandidaten teil eines Mehrfachplanetensystems zu sein scheinen. Die NASA nutzt dafür den Vergleich mit Löwen in der afrikanischen Savanne. Wenn man dort zwei Raubkatzen beobachtet, die in der Ferne durch die Gegend laufen, dann kann es sich dabei entweder um einen Löwen (Stern) und eine Löwin (Planeten) handeln. Oder um zwei Löwen (Sterne). Sieht man aber einen ganzen Haufen Raubkatzen, dann stehen die Chancen sehr gut, dass es sich um einen Löwen mit seinem Rudel von Löwinnen handelt. Findet man also mehrere Planetenkandidaten alle beim selben Stern, dann handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um Planeten (die Details der Methode kann man im Forschungsartikel nachlesen: “Validation of Kepler’s Multiple Planet Candidates. III: Light Curve Analysis & Announcement of Hundreds of New Multi-planet Systems”). Am Ende der Auswertung stand nun jedenfalls fest: 715 neue Planeten umkreisen 305 Sterne.
Wie beeindruckend diese Zahl wirklich ist, zeigt dieses Diagramm:
Man sieht hier die Anzahl der extrasolaren Planeten die in den letzten 20 Jahren gefunden wurden. In blau sind die Entdeckungen diverser Teams und Teleskope. Rot sind die Entdeckungen, die bisher mit Kepler gemacht wurden. Und orange sind die Planeten, deren Entdeckung gestern bekannt gegeben wurde. Schon jetzt hat man also allein 2014 fast so viele Planeten entdeckt wie in all den Jahren zuvor!
Und auch die Größenverteilung der bekannten Exoplaneten hat sich deutlich verändert. In den Anfangsjahren der Exoplanetensuche hat man nur sehr große Himmelskörper gefunden; die meisten davon deutlich größer und schwerer als Jupiter. Etwas anderes war auch nicht zu erwarten; die Technik war einfach noch nicht gut genug. Aber seit Mitte des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends die ersten Weltraumteleskope auf die Suche nach fremden Welten gingen, haben wir auch immer mehr kleine Planeten gefunden und mittlerweile sind Exoplaneten so groß wie die Erde keine Sensation mehr, sondern fast schon Standard bei den Entdeckungen. So sieht die aktuelle Verteilung der Funde aus:
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