“Even if science doesn’t necessarily tell us why things happen, we do know how things move and interact. If God has no physical influence, things won’t move.”
In letzter Konsequenz ist es daher auch nicht möglich, die beiden Einflussbereiche von Religion und Wissenschaft zu trennen (“nonoverlapping magisteria”). Es ist zwar – und das sagt Randall auch ganz explizit – möglich ganz individuell religiöse UND wissenschaftliche Weltbilder zu vereinen und es gibt durchaus jede Menge religiöse Wissenschaftler. Aber die Widersprüche verschwinden deswegen nicht – man kann sie nur für sich selbst irgendwie rationalisieren bzw. ignorieren.
Ein materialistisch-wissenschaftliches Weltbild muss übrigens nicht heißen, dass man die Welt nur noch im Spiegel von Elementarteilchen und Fundamentalkräften sieht. “Aber was ist mit der Liebe! Das kann die Wissenschaft nicht erklären!” lautet ja ein oft gehörter Einwand. Aber das geht am Thema vorbei und Randall erklärt das auch im Buch. Hier muss man wieder die emergenten Phänomene und effektiven Theorien aus Kapitel 1 berücksichtigen. Musik zum Beispiel ist, auf fundamentaler Ebene, ein Wechselspiel von Atomen in der Luft; von Luft die schwingt und unser Trommelfell zum schwingen bringt; von elektrischen Strömen und Neuronen im Gehirn, und so weiter. Aber so reden wir nur sehr selten über Musik; wenn wir es tun, dann meistens im Rahmen einer effektiven Theorie, wo wir über Harmonien sprechen, über Melodien und Gefühle. Genau so ist es bei vielen anderen Themen: Wir wissen zwar, dass tief unten alles mit Elementarteilchen, Kräften und Energien zu tun hat und wissen, dass sich deren Interaktion mit diversen physikalisch-mathematischen Theorien beschreiben lässt. Aber wir wissen auch, dass wir bestimmte Phänomene eben NICHT auf diese fundamentale Art beschreiben wollen, sondern dazu effektive Theorien benutzen, die unseren menschlichen Ansprüchen besser genügen.
In der Religion funktioniert das aber nicht mehr; hier muss man irgendwann zwangsläufig den Boden des wissenschaftlichen Weltbildes verlassen (siehe auch hier):
“The religious part of your brain cannot act the same time as the scientific one. They are simply incompatible.”
Im vierten Kapitel geht es dann schließlich noch um die Frage, wer überhaupt “berechtigt” ist, sich über die fundamentalen Fragen dieser Welt Gedanken zu machen. Die Wissenschaft ist ja mittlerweile in der Lage, sich mit Fragen zu beschäftigen, die in das traditionelle Territorium der Religion eindringen: Wo kommt alles her? Wie ist alles entstanden? Warum ist da etwas und nicht nichts? Wie wird alles enden? Und so weiter. Und es ist nicht verwunderlich, dass das für die Kirchen manchmal problematisch ist, denn es geht ja bei der Frage auch um Autoritäten. Galilei, so Randall, wurde von der Kirche nicht nur verurteilt, weil seine Erkenntnisse der vorherrschenden Lehre widersprochen habe, sondern auch, weil er es überhaupt gewagt hat, selbst die Welt zu erklären und nicht auf das Urteil der Kirche zu vertrauen.
“For those in charge, God can always be invoked as the trump card that justifies their point of view. Independent inquiry of any kind is clearly a potential threat. Prying into God’s secrets might furthermore undermine the moral power of the church and the secular authority of the rulers on Earth.”
Es ist also nicht verwunderlich, wenn die religiösen Autoritäten ein Problem mit der Wissenschaft haben. Aber, und das ist eine sehr interessante Frage, warum ist das auch bei Individuen so? Randall fragt:
“But why do individuals align themselves with this point of view? The real question for me is not what the differences are between science and religion. Those can be reasonably well delineated as we argued in the previous chapter. The important question to answer are these: Why do people car so much? Why are so many people suspicious of scientists and scientific progress? And why does this conflict over authority erupt so often and even continue to this day?”
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