Ich habe ja kürzlich schon mal über den gelungenen Versuch geschrieben, die Serie “Game of Thrones” zur Wissenschaftsvermittlung zu nutzen. Die höchst erfolgreiche Bücher- und Fernsehserie eignet sich aber auch für jede Menge anderweitige wissenschaftliche Diskussionen. Da wäre zum Beispiel die Frage, nach den seltsamen Jahreszeiten, die in der Fantasywelt von Westeros herrschen. Die Jahreszeiten sind essentiell für die Handlung, denn wie wir alle wissen: Winter is coming! Und zwar nicht irgendein Winter, sondern offensichtlich ein ganz fieser Mega-Winter.
Hier bei uns auf der Erde laufen die Jahreszeiten halbwegs regelmäßig ab. Es ist zwar immer wieder mal ein bisschen länger sommerlich warm oder winterlich kalt. Aber im großen und ganzen dauert eine Jahreszeit ein Vierteljahr und wir müssen nicht damit rechnen, dass plötzlich ein Winter 10 Jahre dauert. In Westeros ist es aber genau so: Hier folgen die Jahreszeiten völlig unregelmäßig aufeinander; es gibt lange Sommerperioden auf die lange oder kurze Winter folgen können und umgekehrt (und die Sommer können auch noch von “Zwischenwintern” unterbrochen werden). In einer Fantasywelt mit Drachen, Zauberern und Eiszombies ist natürlich alles möglich, auch völlig seltsame Jahreszeiten. Aber es macht trotzdem Spaß, sich Gedanken zu machen, welche realen astronomischen bzw. geophysikalischen Phänomene dafür verantwortlich sein könnten.
Astronomie-Professor Mike Merrifield von der Universität Nottingham tut das in der aktuellen Folge von “Deep Sky Videos” sehr ausführlich und wenn ich mit den Erklärungen auch nicht absolut einverstanden bin, solltet ihr euch das Video trotzdem ansehen:
Das sind viele verschiedene Erklärungen für die seltsamen Jahreszeiten, aber nicht die richtigen. Schauen wir sie uns der Reihe nach an:
Veränderungen in den Luft/Meeresströmungen
Diese Erklärung gefällt mir eigentlich ziemlich gut, vor allem weil ich sie vorher noch nie irgendwo gehört habe. Wir wissen ja von unserer Erde, dass das Klima unter anderem stark von Meereströmungen wie dem Golfstrom bestimmt wird. Ohne ihn wäre es bei uns in Europa deutlich kälter als es jetzt ist und wenn sich dieser Strom irgendwie verändern würde, könnte das dramatische Folgen haben. Es ist nicht unplausibel, dass irgendwelche Meeresengen immer wieder zufrieren oder sich öffnen und dadurch das Klima auf Westeros verändern. Aber dann müsste man auch erklären, warum Meeresengen dort manchmal zufrieren und wieder auftauen. Und dann sind da ja noch die Seefahrer von den Iron Islands, die ständig durch Weltgeschichte reisen. Wenn da andauernd irgendwelche Seewege zufrieren und sich die Meeresströmungen ändern, dann hätten die das wohl irgendwann mal bemerkt und einen Zusammenhang mit den Jahreszeiten festgestellt.
Vulkanausbrüche
Auch eine nette Möglichkeit; vor allem in einer Welt, in der “Eis und Feuer” so im Mittelpunkt stehen wie in Westeros. Vulkanausbrüche können das Klima tatsächlich verändern und Jahreszeiten durcheinanderbringen. Als 1815 zum Beispiel ein großer Vulkan in Indonesien ausbrach, sorgten Asche und Schwefel in der Atmosphäre dafür, dass das Sonnenlicht schon hoch in der Atmosphäre zurück ins All reflektiert wurde und die Temperatur am Boden sank. 1816 ging als das Jahr ohne Sommer in die Geschichte ein und es dauerte bis 1819, bevor sich das Klima wieder normalisiert hatte. Und entsprechend größere Vulkane können entsprechend längere “vulkanische Winter” verursachen. Vulkanausbrüche sind aber auch nicht unbedingt Ereignisse, die unbemerkt von statten gehen. Wenn auf Westeros ständig irgendwelche gigantischen Vulkane ausbrechen würden, dann hätte man davon vermutlich irgendwann gehört.
Wackelnde Planetenachse
Die Jahreszeiten auf der Erde existieren, weil die Rotationsachse unseres Planeten nicht exakt senkrecht auf die Bahnebene der Erde steht sondern um knapp 23,5 Grad daraus geneigt ist. Während eines Umlaufs um die Sonne ist also eine Hemisphäre mal der Sonne zugewandt; mal ist sie abgewandt und das beeinflusst den Zeitraum, in dem die Sonne jeden Tag am Himmel steht und die Intensität der Sonnenstrahlung. Unsere Jahreszeiten sind deswegen stabil, weil die Neigung der Erdachse stabil ist (was wir dem Mond verdanken zu haben). Würde die sich ständig ändern, hätten wir auch keine konstanten Jahreszeiten. Die Neigung ändert sich zwar trotzdem, aber nur sehr langsam und nicht stark (siehe auch hier). In Westeros müsste die Achse des Planeten aber innerhalb weniger Jahre enorm stark schwanken und das bräuchte enorm viel Energie, die nicht einfach aus dem Nichts kommen kann. Wenn da irgendwas wäre, dass diese Energie bereit stellt – zum Beispiel ein sehr naher großer Planet, würde man das bemerken…
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