Elliptische Bahn
Dass das nicht funktionieren kann, wird auch im Video schnell klar. Ein Planet, der sich nicht auf einer (annähernd) kreisförmigen Bahn befindet sondern einer stark elliptischen, hätte tatsächlich Jahreszeiten, die nicht gleich lang dauern. Je elliptischer die Bahn ist, desto länger ist die Zeit, die der Planet fern der Sonne verbringt und desto länger sind die Winter. Aber das wären trotzdem noch regelmäßige Jahreszeiten und nicht die unvorhersagbaren Wechsel in Westeros.
Doppelsterne!
Die Möglichkeit, dass sich Westeros in einem Doppelsternsystem befindet, ist verlockend. Wenn da zwei Sterne sind, ist die Dynamik ein wenig komplizierter. Es gibt zwei unterschiedliche Möglichkeiten: Die P-Typ und die S-Typ-Bahnen (ich habe das hier ausführlich erklärt und freue mich im übrigen sehr, dass diese Notation, die in meiner ehemaligen Arbeitsgruppe in Wien entwickelt wurde, es mittlerweile bis nach Nottingham geschafft hat). Natürlich kann ein Planet auch irgendwo um beide Sterne herum sausen; mal um den einen, mal um den anderen; dann wieder ein bisschen um beide – und so weiter und das völlig ohne Muster, was dann auch zu komplett unregelmäßigen Jahreszeiten führen würde. Allerdings nur kurz, denn solche Bahnen sind völlig instabil. So ein Planet würde schon nach kurzer Zeit aus dem System fliegen oder mit einem der Sterne kollidieren und es gäbe nicht genug Zeit, damit sich dort Leben entwickeln könnte. Und noch dazu ist die Geschichte von Westeros ja ziemlich lang und die Aufzeichnungen reichen Jahrzehntausende zurück bis zu den ersten Menschen und den Kindern des Waldes. Das sind schon fast die Zeitskalen, auf denen solche Planeten instabil werden. Abgesehen davon: Eine zweite Sonne am Himmel würde vielleicht ebenfalls auffallen und irgendwo Erwähnung finden.
Veränderliche Sterne
Das ist die einzige Variante, die ich halbwegs gelten lassen würde. Die Jahreszeiten werden ultimativ natürlich von der Strahlung des Sterns bestimmt. Und wenn sich da die Intensität chaotisch ändert, laufen auch die Jahreszeiten willkürlich ab. Und Sterne mit veränderlicher Strahlungsleistung gibt es in der Realität haufenweise. Allerdings gelten solche Sterne in der Astrobiologie auch als sehr schlechte Kandidaten für lebensfreundliche Planeten. Die veränderliche Strahlung würde die Entwicklung des Lebens schwierig machen und bei solchen Sternen kommt es auch zu Veränderungen in der Aktivität; zu Ausbrüchen von Röntgen- und Gammastrahlung die das Leben auf dem Planeten zerstören könnten, und so weiter. Es wäre also unwahrscheinlich, dass sich auf so einem Planeten Leben entwickelt.
Aber hey! Vielleicht stammen die Leute ja nicht von Westeros. Wer weiß, was George R.R. Martin in den letzten beiden Bänden des Buchs noch für Geschichten erzählt. Vielleicht buddelt Jon Snow irgendwo hinter der Mauer ein paar große Raumschiffe aus und stellt fest, dass die Vorfahren der Leute eigentlich von einem anderen Planeten stammen. Und das Buch endet mit einer erfolgreichen Evakuierung Westeros’, um den beschissenen Jahreszeiten dort endgültig zu entgehen…
Dyson-Sphäre
Ok, wenn wir schon bei Science-Fiction sind, dann passt auch die letzte Möglichkeit aus dem Video. Vielleicht haben die Leute von Westeros sich eine Dyson-Sphäre um die Sonne herum gebaut. Aber da die “Hohlwelt” in den Büchern nicht vorkommt sondern nur im Fernsehvorspann, können wir das als nicht-kanonische Variante getrost ignorieren.
Sitnikov!
Leider hat auch in diesem Video (so wie bei anderen Erklärungsversuchen) niemand die einzige plausible und damit richtige Möglichkeit erkannt. Um die zu kennen muss man aber Himmelsmechaniker sein und glücklicherweise bin ich das und kann euch daher sagen, dass sich die Welt von “Game of Thrones” in einem Sitnikov-System befindet!
Damit ist ein Doppelsternsystem gemeint, bei der sich der Planet nicht um die Sterne herum bewegt, sondern senkrecht zur Ebene der Sterne auf und ab entlang einer Linie durch den Massenschwerpunkt. Das sieht so aus:
“M1” und “M2” sind die beiden Stern; “m3” ist der Planet und der bewegt sich entlang der vertikalen Linie. Man kann zeigen – und Kirill Aleksandrovich Sitnikov hat das 1960 getan – das solche Planetenbahnen tatsächlich für lange Zeiten stabil sind. Der Planet pendelt fröhlich auf und ab und die Sterne drehen ihre Runde, ohne das irgendwas miteinander kollidiert. Der Abstand zwischen den Sternen und dem Planeten ändert sich ständig und dadurch ändert sich auch seine Temperatur. Das wirklich coole aber ist: Man kann mathematisch beweisen (siehe hier), dass sich die Periode mit der der Planet auf und ab schwankt, chaotisch ändern kann. Man kann sich eine beliebige (und beliebig lange) Abfolge von Jahreszeiten ausdenken und wird immer eine Konfiguration des Sitnikov-Systems finden, das genau diese Abfolge tatsächlich zeigt. Natürlich bleibt da immer noch das Problem mit dem zweiten Stern am Himmel – aber das lässt sich leicht lösen. Wenn die beiden Sterne ursprünglich nicht gleich schwer waren, dann hat der eine sein Leben vor dem anderen beendet. Ich vermute, dass ein Stern vor einiger Zeit zu einer Supernova wurde (was auch den “Doom of Valyria” erklärt) und jetzt nur noch ein schwarzes Loch übrig ist, von dem man nichts mehr sieht.
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