Auch hier fehlt es natürlich noch an experimenteller Überprüfung – die aber durchaus nicht völlig utopisch ist. Randall und ihr Kollege Raman Sumdrum haben noch eine Variation dieses Extradimensionsmodells geschaffen, das ich allerdings nicht wirklich verstanden habe. Es geht darum, dass es nur eine Extradimension gibt, die wir nicht wahrnehmen können und die uns von einer anderen Brane trennt. In unserer Brane wirkt die Gravitation nur schwach, in der anderen Brane wirkt sie stärker. Aber warum das so ist und warum wir die Zusatzdimension nicht wahrnehmen können, habe ich nicht verstanden. Vielleicht weiß ja jemand aus der Mitleserschaft Bescheid und kann das erklären…

Zumindest gäbe es hier aber die Möglichkeit, das Modell durch die Experimente am CERN zu überprüfen. Das ist nicht immer so, wie Kapitel 18 (“Bottom-Up versus Top-Down”) zeigt. Randall erklärt darin die beiden grundsätzlich unterschiedlichen Zugänge zur Physik. Man kann Erklärungen entweder aus einem übergeordneten Prinzip ableiten – oder aber probieren eine Modell anhand von konkreten Beobachtungen erstellen. Die Stringtheorie ist ein Beispiel für die erste Möglichkeit. Aus dem Prinzip “Materie besteht aus eindimensionalen schwingen Strings” versucht man, Erklärungen für die Beobachtungsdaten zu gewinnen und konsistente theoretische Erklärungen zu finden. Randalls Extradimensionsmodell ist ein Beispiel für die zweite Variante. Hier hat man einen Befund: “Die Gravitation ist viel schwächer als die anderen Kräfte” und denkt sich ein Modell aus, mit dem dieser Befund erklärt werden kann. Beide Ansätze sind in der Physik wichtig und ich bin mir nicht sicher, ob es Sinn macht, einen Ansatz dem anderen vorzuziehen. Am Ende ist ja so oder so das Experiment, dass über die Gültigkeit von Theorie oder Modell entscheidet.

Und was die Experimente angeht, bin ich schon äußerst gespannt auf die Aktivierung des LHC nach der langen Wartungspause. Bis jetzt lief das Ding ja nur mit halber Kraft. Wenn es nächstes Jahr wieder eingeschaltet wird, wird wirklich Neuland betreten. Es wäre höchst überraschend, wenn man dann nichts Überraschendes findet…

Nächste Woche, am 2. Mai 2014 geht es dann hier weiter mit Kapitel 19 und 20.

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Kommentare (4)

  1. #1 Till
    25. April 2014

    Ich versuche mal zusammenzufassen, was ich von Randalls Branenmodell verstanden habe: Unsere Brane (wo die Gravitation schwach ist) und die Gravitationsbrane (wo die Gravitation stark ist) sind quasi der Start- und der Endpunkt einer weitere Dimension, in der die Stärke der Gravitation exponentiell abnimmt. Da die Gravitation exponentiell abnimmt, müssen die beiden Branen in dieser Richtung nur einige dutzend Planck-Längen (also ca. 10-33 m) voneinander entfernt sein um die Schwäche der Gravitation in unserer Brane zu erklären. Dieser Abstand ist so gering, dass wir ihn nicht messen können.
    Was ich nicht verstanden habe ist, warum die Gravitation in dieser Dimension exponentiell abnehmen soll und ich bin mir nicht sicher, ob Randall dafür überhaupt eine Erklärung hat oder ob sie das einfach nur deshalb so postuliert, weil das mathematisch dann alles so schön hinhaut.

    Was mir noch fehlt ist eine Erklärung, wie die Teilchen, die ja in unserer Brane festhängen dann die Gravitation in der Gravitationsbrane erzeugen.

    Es würde mich auch interessieren, ob die Krümmung der Raumzeit die aus der Relativitätstheorie rausspringt dann eine Krümmung in diese neue Dimension hinein bedeutet. Randall schreibt zwar, dass Ihre Theorie gut mit der Allgemeinen Relativitätstheorie und der Raumzeitkrümmung übereinstimmt, aber so richtig klar ist mir das nicht geworden.

  2. #2 ChristianS
    25. April 2014

    Man braucht keinen exponentiellen Abfall, um zwischen zwei sehr dicht benachbarten Punkten sehr unterschiedliche Werte zu haben, das bewirkt z. B. eine lineare Funktion genauso gut. In dieser Hinsicht fand ich die Darstellung im Buch fragwürdig.
    @Till: Randall schreibt (in der deutschen Ausgabe auf S. 362) gleich nach so einer zweifelhaften Formulierung: “Die Exponentialfunktion ist nicht aus der Luft gegriffen. Sie geht aus der singulären Lösung von Einsteins Gleichungen … hervor …”

  3. #3 stone1
    26. April 2014

    Wegen der leichten supersymmetrischen Teilchen und ob diese mit der dunklen Materie zusammenhängen, dazu gibt es ja später noch ein Kapitel, das ist wieder der fehlende rote Faden. Ich hätte mir auch gewünscht, dass das Randall-Sundrum-Modell etwas genauer beschrieben wird, der Abschnitt soll wohl dazu einladen, das andere Buch “Verborgene Universen” zu lesen, aber wenn dieses ähnlich chaotisch wie das aktuelle geschrieben ist, werde ich mir das wohl eher nicht antun, und falls das Kaluza-Klein-Graviton tatsächlich gefunden wird, wird hoffentlich jemand etwas darüber schreiben und diese Dinge verständlicher auf den Punkt bringen.

    Das was Florian über die Strings geschrieben hat (dass die Gravitation mittels geschlossener Strings über Branen hinweg wirken könnte) hab ich zum Beispiel so nicht aus den Buchzeilen herausgelesen, aber das klingt nach einer guten Erklärung.
    Ich nehme an das würde bedeuten, dass die Gravitation als einzige bekannte Kraft zwischen Branen wirken könnte? Und in der Gravitationsbrane wirken umgekehrt die anderen Kräfte gar nicht?
    Das Kapitel wirft irgendwie mehr Fragen auf, als es beantwortet. Bin schon sehr gespannt, was mit dem LHC ab nächstem Jahr gefunden werden wird, vor allem da es für die Supersymmetrie anscheinend auch schon etwas eng wird.
    Könnte es nicht auch sein, dass in den bisher gewonnen Daten schon Hinweise auf supersymmetrische Teilchen versteckt sind, man sie aber noch nicht richtig interpretieren konnte?

  4. #4 Florian Freistetter
    26. April 2014

    @stone1: “Das was Florian über die Strings geschrieben hat (dass die Gravitation mittels geschlossener Strings über Branen hinweg wirken könnte) hab ich zum Beispiel so nicht aus den Buchzeilen herausgelesen, aber das klingt nach einer guten Erklärung.”

    Das stand auch so nicht drin, soweit ich mich erinnere – ich habs nur des Verständnisses wegen geschrieben.