Wissenschaft ist die Suche nach neuen Erkenntnisse; nach Dingen und Phänomenen, die man vorher nicht kannte. Und deswegen arbeitet die Wissenschaft auch sehr oft am Rande des technisch machbaren. Man entwickelt immer neue Instrumente um die Grenze dessen, was wir beobachten können, immer weiter hinaus schieben. Immer größere Teleskope werden gebaut, um immer mehr und weiter ins All schauen zu können. Immer bessere Teilchenbeschleuniger werden gebaut, um immer tiefer in die Mikrowelt der Atome blicken zu können. Und bei all diesen Superlativen und dem Wunsch, immer mehr Neues zu finden und zu erforschen gibt es kaum etwas, das auf den ersten Blick unattraktiver ist, als alte Daten. Aber in der Wissenschaft zählt eben nicht nur der erste Blick, sondern auch der zweite, der dritte und alle danach. In alten Katalogen und Datenbanken zu stöbern mag zwar nicht so sexy sein, wie die Forschung mit den allerneuesten technischen Geräten. Aber es ist wichtig. Denn neue Erkenntnisse kommen nicht nur aus neuen Daten, sondern auch aus einem besseren Verständnis der Welt. Oft verstehen wir erst hinterher, was man mit Daten anfangen kann, die wir vor langer Zeit gesammelt haben. Und dann lohnt es sich, ein entsprechendes Archiv zu haben!
Ich habe ja mal zwei Jahre für das Virtuelle Observatorium (VO) gearbeitet und musste mich dabei genau mit solchen Fragen beschäftigen:
Welche Daten soll man überhaupt aufheben? (Alle!)
Wie bringt man die Leute dazu, ihre alten Daten nicht auf irgendwelchen Festplatten verschimmeln zu lassen sondern dem VO zu überlassen? (Schwer…)
Wie bereitet man die Daten am besten auf, so dass man vernünftig damit arbeiten kann? (Knifflig…)
Dass die Sammlung und Kuratierung (Kuration?) von Daten in Zukunft immer wichtiger werden wird, ist aber kein großes Geheimnis. Missionen wie GAIA werden uns in Zukunft mit Daten geradezu überschwemmen und dann sollten wir vorbereitet sein, damit umzugehen. Man hat zwar meistens eine sehr gute Vorstellung davon, was mit den gesammelten Daten anfangen will. Aber oft kommt man erst Jahre oder Jahrzehnte danach darauf, was man noch damit machen könnte. Und wenn das ganze Zeug dann schon längst entsorgt worden ist, hat man ein Problem.
Das Hubble-Weltraumteleskop hat die während jahrzehntelangen Beobachtungen gesammelten Daten glücklicherweise aufgehoben und deswegen konnten Rémi Soummer und seine Kollegen sie benutzen um neue Entdeckungen zu machen. Sie waren auf der Suche nach sogenannten “Trümmerscheiben”. Das sind sehr faszinierende Objekte, denn sie erlauben uns einen Blick in die Vergangenheit unseres eigenen Sonnensystems und erlauben es uns, die dynamischen Vorgänge bei anderen Sternen aus der Ferne untersuchen zu können.
In einem Planetensystem gibt es ja nicht nur Planeten, die einen Stern umkreisen sondern auch jede Menge Kleinkram: Asteroiden und Kometen. Die können wir natürlich nicht direkt beobachten; wir haben ja schon Schwierigkeiten diese Kleinkörper in unserem eigenen Sonnensystem im Detail zu sehen. Aber die Asteroiden kollidieren ab und zu miteinander und erzeugen dabei Trümmer. Sie erzeugen vor allem jede Menge Staub und dieser Staub ist zwar noch kleiner, dafür aber besser sichtbar. Denn er wird von der Strahlung des Sterns aufgeheizt und gibt diese Wärme dann in Form von Infrarotstrahlung wieder ins All ab. Beobachtet man einen Stern, der von Staub umgeben ist, dann erhält man von dort mehr Infrarotstrahlung, als man eigentlich erwarten würde. Das nennt man “Infrarotexzess” und als dieses Phänomen das erste Mal im Jahr 1983 beim Stern Wega beobachtet wurde, war das eine große Entdeckung.
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