Die letzten zwei Wochen haben ich mich ja hauptsächlich mit Asteroiden beschäftigt. Aber in der Zwischenzeit hat sich natürlich auch anderswo in der Astronomie einiges getan. Zum Beispiel bei meinen zweitliebsten Himmelskörpern: den extrasolaren Planeten. Letzte Woche haben Wissenschaftler hier die Entdeckung einer “Megaerde” bekannt gegeben. Das klingt ziemlich beeindruckend. Und das ist es auch.
Unsere Erde ist der größte, schwerste und dichteste Planet mit fester Oberfläche in unserem Sonnensystem. Noch größer sind nur die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Erdähnliche Gesteinsplaneten und jupiterähnliche Gasplaneten stellen die beiden fundamentalen Arten von Planeten dar. Kleine Planeten haben eine feste Oberfläche aus Gestein. Sie sind nicht groß genug, um mit ihrer Gravitationskraft leicht flüchtige Gase wie Wasserstoff oder Helium fest zu halten und haben deswegen nur sehr dünne oder gar keine Atmosphären. Ist ein Planet aber massereich genug, dann kann er während der Phase der Planetenentstehung auch jede Menge Gase festhalten und sich eine gewaltige Atmosphäre zulegen. So wie Jupiter und seine Kollegen, die im wesentlichen nur aus Gas bestehen
Die beiden Arten von Planeten sind in unserem Sonnensystem recht gut voneinander abgegrenzt. Der Uranus als leichtester Gasplanet ist immer noch über 14 mal schwerer als die Erde, der schwerste Gesteinsplanet. Bei anderen Sternen haben wir aber mittlerweile Planeten gefunden, die diese Lücke füllen. Das sind die “Supererden”, also Gesteinsplaneten mit fester Oberfläche, die aber ein vielfaches des Gewichts der Erde haben und auch größer sein können.
Beliebig groß kann so eine Supererde aber nicht werden, denn irgendwann ist die Grenze erreicht, wo der Planet sich zu einem Gasplaneten wandelt. Der Astronom Xavier Dumusque von der Harvard-Universität und seine Kollegen haben nun einen Himmelskörper entdeckt, der sich genau an dieser Grenze zwischen Gesteins- und Gasplanet befindet (“The Kepler-10 planetary system revisited by HARPS-N: A hot rocky world and a solid Neptune-mass planet”). Der Planet heißt Kepler-10c, ist 17 mal so schwer wie die Erde, hat aber nur den 2,3fachen Radius unseres Planeten. Daraus folgt eine Dichte von 7,1 Gramm pro Kubikzentimeter – deutlich dichter als die Erde und VIEL zu dicht, um ein Gasplanet sein zu können.
Dieses Diagramm gibt einen Überblick über die bisherigen Gesteinsplaneten, bei denen man Größe und Masse messen konnte (was auch nicht selbstverständlich ist; bei vielen Planeten die in letzter Zeit entdeckt worden sind, kennt man nur die Größe, aber nicht ihre Masse und damit auch nicht ihre Dichte. Es braucht, wie im Fall von Kepler-10c, erst langwierige Nachbeobachtungen, um auch die Masse halbwegs genau zu bestimmen):
Das Bild zeigt auf der x-Achse die Masse der Planeten in Einheiten der Erdmasse; auf der y-Achse den Radius in Einheiten des Erdradius. Man sieht alle Planeten die höchstens viermal größer sind als die Erde und deren Masse mit einer Genauigkeit von mindestens 30 Prozent gemessen wurde. Die verschiedenen Farben und Symbole der Datenpunkte kennzeichnen unterschiedliche Messmethoden und Genauigkeiten; Kepler-10c (und der zweite Planet in diesem System, Kepler-10b) sind als rote Rechtecke eingezeichnet. Die Linien geben an, aus welchen Materialien entsprechende Planeten bestehen müssten und Kepler-10c liegt ziemlich genau dort, wo Gesteinsplaneten zu erwarten sind (unterhalb der Linie die mit “Collisional Stripping” bezeichnet ist, kann es vermutlich keine erdähnliche Planeten geben, da die durch die Kollisionen mit anderen Himmelskörpern während der Entstehungsphase wieder zerstört worden wären).
Kepler-10c kann auch schon deswegen keine große Atmosphäre haben, weil er seinem Stern sehr nahe ist (näher als der Merkur der Sonne) und der Stern der Sonne ähnlich ist. Dort ist es also enorm heiß – über 500 Grad – und bei solchen Temperaturen kann ein Planet mit der Masse von Kepler-10c keine Wasserstoff-Helium-Atmosphäre halten.
Der Planet ist keine “Bedrohung” für die vorherrschenden Theorien der Exoplaneten, wie in manchen aufgeregten Medien zu lesen war. Aber es ist ein wichtiger Fund, weil sich der Himmelskörper mit seinen Eigenschaften genau im Grenzbereich der Planetenentstehungsmodelle befindet. Und die Grenzen sind es ja meistens, die man besser verstehen will. Dort kann man noch neue Dinge entdecken und vor allem neue Dinge lernen! Kepler-10c liegt genau am Übergang zwischen Gesteinsplaneten und Gasplaneten und wenn wir noch mehr Objekte in dieser Grenzregion finden, dann können wir die Planetenentstehung viel besser verstehen als es jetzt der Fall ist.
Ich bin gespannt, welche seltsamen Welten wir in den nächsten Jahren noch finden werden. Eine noch größere “Hypererde” wird vermutlich nicht darunter sein. Aber wer weiß, welche Überraschungen das Universum noch auf Lager hat…
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