Die letzten zwei Wochen haben ich mich ja hauptsächlich mit Asteroiden beschäftigt. Aber in der Zwischenzeit hat sich natürlich auch anderswo in der Astronomie einiges getan. Zum Beispiel bei meinen zweitliebsten Himmelskörpern: den extrasolaren Planeten. Letzte Woche haben Wissenschaftler hier die Entdeckung einer “Megaerde” bekannt gegeben. Das klingt ziemlich beeindruckend. Und das ist es auch.

Unsere Erde ist der größte, schwerste und dichteste Planet mit fester Oberfläche in unserem Sonnensystem. Noch größer sind nur die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun. Erdähnliche Gesteinsplaneten und jupiterähnliche Gasplaneten stellen die beiden fundamentalen Arten von Planeten dar. Kleine Planeten haben eine feste Oberfläche aus Gestein. Sie sind nicht groß genug, um mit ihrer Gravitationskraft leicht flüchtige Gase wie Wasserstoff oder Helium fest zu halten und haben deswegen nur sehr dünne oder gar keine Atmosphären. Ist ein Planet aber massereich genug, dann kann er während der Phase der Planetenentstehung auch jede Menge Gase festhalten und sich eine gewaltige Atmosphäre zulegen. So wie Jupiter und seine Kollegen, die im wesentlichen nur aus Gas bestehen

Die beiden Arten von Planeten sind in unserem Sonnensystem recht gut voneinander abgegrenzt. Der Uranus als leichtester Gasplanet ist immer noch über 14 mal schwerer als die Erde, der schwerste Gesteinsplanet. Bei anderen Sternen haben wir aber mittlerweile Planeten gefunden, die diese Lücke füllen. Das sind die “Supererden”, also Gesteinsplaneten mit fester Oberfläche, die aber ein vielfaches des Gewichts der Erde haben und auch größer sein können.

Bild: David A. Aguilar (CfA)

Künstlerische Darstellung von Kepler-10c (Bild: David A. Aguilar (CfA))

Beliebig groß kann so eine Supererde aber nicht werden, denn irgendwann ist die Grenze erreicht, wo der Planet sich zu einem Gasplaneten wandelt. Der Astronom Xavier Dumusque von der Harvard-Universität und seine Kollegen haben nun einen Himmelskörper entdeckt, der sich genau an dieser Grenze zwischen Gesteins- und Gasplanet befindet (“The Kepler-10 planetary system revisited by HARPS-N: A hot rocky world and a solid Neptune-mass planet”). Der Planet heißt Kepler-10c, ist 17 mal so schwer wie die Erde, hat aber nur den 2,3fachen Radius unseres Planeten. Daraus folgt eine Dichte von 7,1 Gramm pro Kubikzentimeter – deutlich dichter als die Erde und VIEL zu dicht, um ein Gasplanet sein zu können.

Dieses Diagramm gibt einen Überblick über die bisherigen Gesteinsplaneten, bei denen man Größe und Masse messen konnte (was auch nicht selbstverständlich ist; bei vielen Planeten die in letzter Zeit entdeckt worden sind, kennt man nur die Größe, aber nicht ihre Masse und damit auch nicht ihre Dichte. Es braucht, wie im Fall von Kepler-10c, erst langwierige Nachbeobachtungen, um auch die Masse halbwegs genau zu bestimmen):

Bild: Dumusque et al, 2014)

Bild: Dumusque et al, 2014)

Das Bild zeigt auf der x-Achse die Masse der Planeten in Einheiten der Erdmasse; auf der y-Achse den Radius in Einheiten des Erdradius. Man sieht alle Planeten die höchstens viermal größer sind als die Erde und deren Masse mit einer Genauigkeit von mindestens 30 Prozent gemessen wurde. Die verschiedenen Farben und Symbole der Datenpunkte kennzeichnen unterschiedliche Messmethoden und Genauigkeiten; Kepler-10c (und der zweite Planet in diesem System, Kepler-10b) sind als rote Rechtecke eingezeichnet. Die Linien geben an, aus welchen Materialien entsprechende Planeten bestehen müssten und Kepler-10c liegt ziemlich genau dort, wo Gesteinsplaneten zu erwarten sind (unterhalb der Linie die mit “Collisional Stripping” bezeichnet ist, kann es vermutlich keine erdähnliche Planeten geben, da die durch die Kollisionen mit anderen Himmelskörpern während der Entstehungsphase wieder zerstört worden wären).

Kepler-10c kann auch schon deswegen keine große Atmosphäre haben, weil er seinem Stern sehr nahe ist (näher als der Merkur der Sonne) und der Stern der Sonne ähnlich ist. Dort ist es also enorm heiß – über 500 Grad – und bei solchen Temperaturen kann ein Planet mit der Masse von Kepler-10c keine Wasserstoff-Helium-Atmosphäre halten.

Der Planet ist keine “Bedrohung” für die vorherrschenden Theorien der Exoplaneten, wie in manchen aufgeregten Medien zu lesen war. Aber es ist ein wichtiger Fund, weil sich der Himmelskörper mit seinen Eigenschaften genau im Grenzbereich der Planetenentstehungsmodelle befindet. Und die Grenzen sind es ja meistens, die man besser verstehen will. Dort kann man noch neue Dinge entdecken und vor allem neue Dinge lernen! Kepler-10c liegt genau am Übergang zwischen Gesteinsplaneten und Gasplaneten und wenn wir noch mehr Objekte in dieser Grenzregion finden, dann können wir die Planetenentstehung viel besser verstehen als es jetzt der Fall ist.

Ich bin gespannt, welche seltsamen Welten wir in den nächsten Jahren noch finden werden. Eine noch größere “Hypererde” wird vermutlich nicht darunter sein. Aber wer weiß, welche Überraschungen das Universum noch auf Lager hat…

Kommentare (32)

  1. #1 tina
    10. Juni 2014

    Könnte Kepler-10c eigentlich anfangs eine Wasserstoff-Helium-Atmosphäre gehabt haben, die dann aufgrund der großen Nähe zu seinem Stern abhanden kam? Ich meine, falls der Planet entsprechend mit der Zeit von außen nach innen in seinem System gewandert ist?

  2. #2 Manuel
    Laupheim
    10. Juni 2014

    Moin. Wieso wandelt sich ein Gesteinsplanet ab einer gewissen Masse zu einem Gasplaneten?

  3. #3 Alderamin
    10. Juni 2014

    @Manuel

    Die Gase, die ein Planet halten kann, hängen von der Schwerkraft des Planeten sowie der Temperatur der Gase ab. Wenn die Geschwindigkeit der Teilchen bei der jeweiligen Temperatur des Gases zu einem signifikanten Teil größer wird als die Fluchtgeschwindigkeit des Planeten, die von dessen Schwerkraft abhängt, dann verflüchtigt sich die Atmosphäre allmählich ins All.

    Die weitaus häufigsten Elemente im All sind Wasserstoff und Helium. Die Erde kann diese Gase nicht halten, weil sie bei irdischen Temperaturen nach einer gewissen Zeit ins All entweichen (aus dem gleichen Grund hat der Mond überhaupt keine Atmosphäre, er kann gar keine Gase halten). Planeten ab einer gewissen Masse können diese Gase jedoch halten, und da es so viel davon gibt, können sie auch leicht bei der Planetenentstehung große Mengen dieser Gase in der protoplanetaren Scheibe einsammeln. Das ist eine Art Schneeballeffekt. Dann werden sie zu Gasriesen.

  4. #4 noch'n Flo
    Schoggiland
    10. Juni 2014

    Ist die Grenze zwischen Gesteins- und Gasplaneten eigentlich eher “scharf”, oder gibt es sowas wie eine “Übergangszone” (beispielsweise 15-19 Erdmassen) innerhalb derer beide Dormen von Planeten möglich sind?

    Oder kann man das heute noch nicht genau sagen?

  5. #5 Hoffmann
    10. Juni 2014

    Sehr interessanter Beitrag! 🙂

    Nur eine kleine Ungenauigkeit ist mir aufgefallen. Der leichteste Gasplanet im Sonnensystem ist nicht Neptun, sondern Uranus mit etwa 14 Erdmassen.

  6. #6 Florian Freistetter
    10. Juni 2014

    @Hoffmann: Ah ja – natürlich hast du Recht. Die beiden habe ich durcheinander gebracht…

    @noch’n Flo: “Ist die Grenze zwischen Gesteins- und Gasplaneten eigentlich eher “scharf”, oder gibt es sowas wie eine “Übergangszone” (beispielsweise 15-19 Erdmassen) innerhalb derer beide Dormen von Planeten möglich sind?”

    Tja – genau das findet man gerade heraus…

  7. #7 bikerdet
    10. Juni 2014

    @ noch’n Flo :
    Das hat Alderamin doch schon geschrieben, es hängt von der Masse und der Temperatur der Gase ab. Uranus hat 14 Erdmassen, ist aber weit von der Sonne weg, hinter der Eislinie. Wäre Uranus an Stelle der Erde, wäre das Gas zu warm und würde verloren gehen. Der eigendliche Kern des Uranus wird auf etwa Erdgröße geschätzt.
    Eine offene Frage ist u.A., wie schnell geht das Gas verloren und wie schnell kann ein Planet auf engere Bahnen emigrieren ohne direkt in die Sonne zu stürzen. In anderen Sonnensystemen sind ja Super-Jupiter auf sehr engen Umlaufbahnen gefunden worden, obwohl sie dort nicht entstanden sein können. (Jedenfalls wenn unsere Modelle zur Planetenentstehung korrekt und vollständig sind).

  8. #8 Steffmann
    10. Juni 2014

    @all
    Es kommt natürlich immer auf die Definition an. Über Jupiter und Saturn wird postuliert, dass diese einen “harten” Kern haben, während die beiden Aussenseiter einen flüssigen haben sollen.
    Ist also ein Planet mit einer Äonen-dichten Athmosphäre ein Gesteinsplanet, wenn er einen festen Kern besitzt ? No. Aber ein Regelwerk dazu gibt es noch nicht, zumindest keines, dass ich gefunden hätte…..

    Nur mal so in den Raum gestellt 😉

  9. #9 Alderamin
    10. Juni 2014

    @Steffmann

    Von einer Definition wüsste ich auch nicht aber…

    Bei den Gasriesen im Sonnensystem steigt der Atmosphärendruck mit der Tiefe an, so dass das Gas in der Tiefe allmählich flüssig und schließlich fest bzw. metallisch wird. Bei Gesteinsplaneten wie der Erde gibt’s eine feste Grenze zwischen Atmosphäre und Kruste bzw. Ozean. Das könnte ich mir als Unterscheidungskriterium vorstellen.

  10. #10 DasKleineTeilchen
    11. Juni 2014

    wieso zum geier wird überall eigentlich von einer mega”erde” geschrieben? von habitabler zone kann ja gerade in dem fall überhaupt nicht gesprochen werden.

  11. #11 Franz
    11. Juni 2014

    Dichte 7,1 ? Abgesehen von den Umweltbedingungen dürfte das ein idealer Planet für Metallabbau sein. 🙂

  12. #12 Florian Freistetter
    11. Juni 2014

    @DasKleineTeilchen: “on habitabler zone kann ja gerade in dem fall überhaupt nicht gesprochen werden.”

    Weil das ein “erdähnlicher Planet” ist und die Astronomen nicht so “aliengeil” sind wie die Medien und ein großer Teil der Öffentlichkeit und sich durchaus auch für Planeten interessieren, die nicht lebensfreundlich sind. Man unterscheidet die jupiterähnlichen Gasplaneten und erdähnlichen Gesteinsplaneten. Weil die Erde eben ein Gesteinsplanet mit fester Kruste ist – genau so wie Mars und Venus die ebenfalls erdähnliche Gesteinsplaneten sind. Oder eben Kepler-10c – das ist ein erdähnlicher Gesteinsplanet mit fester Oberfläche, nur eben größer. Also eine “Megaerde”. “Erde” heißt nicht “dort schaut alles so aus wie bei uns”… Gibt ja auch die “Hot Jupiters”, die auch nicht alle Kopien unseres Jupiters sind.

  13. #13 SonnenKlar
    11. Juni 2014

    Endlich mal ein guter Artikel über Kepler-10c. Die Artikel der Medien und noch viel mehr die Kommentare der Masse darunter sind schon beängstigend. Besonders schlimm fand ich die Kommentare beim entsprechenden Artikel der Süddeutschen: https://www.sueddeutsche.de/wissen/astronomie-ein-monster-von-planet-1.1983733

    Zum heulen.

  14. #14 DasKleineTeilchen
    12. Juni 2014

    @FF: got it, danke dir.

  15. #15 tomW
    13. Juni 2014

    Hallo Florian,

    Du schreibst, dass es eine Obergrenze im Gewicht von Gesteinsplaneten gibt, oberhalb dieser sich “der Planet zum Gasplaneten wandelt”. Heisst das das sich so ein Planet, der sich an dieser kritischen Grenze befindet bei Zufuhr von Materie zu einem Gasriesen umwandelt – falls ja, wie soll das funktionieren- oder meinst Du dass oberhalb einer gewissen Gewichtsgrenze nur Gasplaneten existieren bzw. entdeckt wurden?

  16. #16 Florian Freistetter
    13. Juni 2014

    @tomW: ” Heisst das das sich so ein Planet, der sich an dieser kritischen Grenze befindet bei Zufuhr von Materie zu einem Gasriesen umwandelt”

    Hm. Ich dachte, ich hätte das im Artikel ausführlich erklärt… Es geht nicht um eine “Verwandlung” im magischen Sinn. Aber damit ein Gasplanet entstehen kann, muss er ausreichend Gas in der Atmosphäre haben. Dazu muss er in der Lage sein, dieses Gas mit seiner Gravitationskraft auch festhalten zu können. Und dazu braucht er eben eine gewisse Mindestmasse. Man könnte zum Beispiel noch so viel Helium und Wasserstoff auf die Erde werfen: aus ihr würde kein Gasriese wie Jupiter werden, weil sie mit ihrer geringen Masse das leicht flüchtige Gas nicht halten kann.

  17. #17 tomW
    13. Juni 2014

    Oh, danke für die prompte Antwort.
    Ich hatte Deinen Text auch so verstanden, mich dann aber gefragt, was passieren würde wenn einem Gesteinsplaneten in großem Maßstab Materie zugeführt wird (keine Ahnung ob ein solcher Mechanismus existiert, vielleicht durch Kollisionen von Gesteinsplaneten). Ich meine, explodieren würde er wohl kaum, oder? Gibt’s da sowas wie eine kritische Masse, analog zur Bildung von schwarzen Löchern oder so? Hmmm… ich hab absolut keine Idee…

  18. #18 Alderamin
    13. Juni 2014

    @tomW

    (siehe auch oben #3)

    Da die meiste Materie im All Wasserstoff ist, wird bei fortwährender Materiezufuhr zunehmend Gas zugeführt und dann entsteht ein Gasriese, ein Brauner Zwerg oder ein Stern.

    Wenn man irgendwie erreichen könnte, dass unrealistischerweise nur Gestein und Eisen (und weder Gas noch Wasser) zugeführt würden, dann sollte irgendwann so viel Masse erreicht sein, dass in einer Schale um den Eisenkern die halbwegs leichten Elemente fusionierten und ebenfalls ein Stern entstünde, der dann als leichteste Elemente Kohlenstoff und Sauerstoff enthielte (die bei hinreichenden Temperaturen aus dem Gestein herausgelöst würden). Dürfte ein paar Sonnenmassen Gestein benötigen, die in der Praxis jedoch nicht ohne sehr viel mehr Wasserstoff daher kommen. Oder das ganze kollabiert gleich zum Neutronenstern, weil nicht genug Strahlungsdruck bei der Fusion entstünde, um die Masse zu halten, die von außen auf die fusionierende Schale drückt.

    Also rein theoretisch könnte ein Gesteinsplanet so schwer wie eine Sonne werden, aber im wahren Leben kann so etwas nicht entstehen.

  19. #19 tomW
    13. Juni 2014

    @Alderamin
    Danke für die Antwort, klingt sehr einleuchtend!

    Da ich jetzt schon dabei bin mit Fragen zu löchern: Wenn man annimmt dass extraterrestrisches Leben kohlenstoffbasiert und ähnlich dem irischen ist (H.Lesch hatte da glaube ich mal eine Sendung drüber gemacht), gibt es dann eine gewisse Grenze in Größe und Masse von Planeten, ab der Leben nicht mehr möglich ist?

  20. #20 tomW
    13. Juni 2014

    Ach ja, etwas OT, war schon einmal jemand der geschätzten Blogger oder Kommentatoren im Berliner Planetarium (Prenzlauer Allee)? Ist ein Besuch zu empfehlen?

  21. #21 Theres
    13. Juni 2014

    @tomW
    Auf jeden Fall — wenn es wieder offen ist. Das Planetarium wird gerade saniert/renoviert und du müsstest auf die Wilhelm- Foerster- Sternwarte nebst Planetarium ausweichen.
    Je nach Programm fand ich beide klasse.
    https://www.planetarium-berlin.de/Start

  22. #22 tomW
    14. Juni 2014

    Hallo Florian und Co!
    Wünsche einen guten Morgen und ein schönes Wochenende!

    Könnte mir vielleicht noch jemand eine Antwort auf meine Frage #19 geben?

  23. #23 Alderamin
    14. Juni 2014

    @tomW

    Zu #19:

    Wir wissen noch gar nicht, wie unter welchen Umständen Leben entstehen kann, deswegen ist die Frage nicht zu beantworten. Carl Sagan hat einmal darüber spekuliert, dass Lebewesen in der Atmosphäre von Jupiter schweben könnten und neuerdings las ich mal eine nicht besonders ernst gemeinte Spekulation, dass ähnliches auch bei den kühlsten Braunen Zwergsternen denkbar wäre (die haben nur Zimmertemperatur in der obersten Atmosphäre), aber nach dem, was wir so über das Leben auf der Erde wissen wird es wohl eines Ozeans mit Kontakt zu einer festen Kruste bedürfen, um Leben entstehen zu lassen.

    Wie gesagt, wir wissen darüber nicht viel, das ist alles sehr spekulativ.

  24. #24 tomW
    14. Juni 2014

    Vielen Dank!

  25. #25 Hartmut
    14. Juni 2014

    @Alderamin

  26. #26 Hartmut
    14. Juni 2014

    @Alderamin

    Wie gesagt, wir wissen darüber nicht viel, das ist alles sehr spekulativ.

    Ist das ihr Ernst?
    Oder besser gefragt, ab wann wäre es für sie denn nicht mehr spekulativ?

  27. #27 Alderamin
    14. Juni 2014

    @Hartmut

    Wenn ein Konsenz in der Forschung darüber herrschen würde, wie die chemische Evolution in Gang kommt. Das Nachvollziehen einzelner Schritte im Labor, beispielsweise.

  28. #28 Hoffmann
    14. Juni 2014

    @ tomW:

    Eine maximale Obergrenze würde ich dort ziehen, wo Ozeane mit Inseln nicht mehr möglich sind. Ich vermute, dass bereits Supererden mit zwei und mehr Erdmassen dieses Limit überschreiten, weil infolge vulkanischer Aktivitäten mehr Wasserdampf aus dem Silikatmantel ausgestoßen wird als anteilig auf der Erde (mehr Gesteinsmagma = mehr Dampfbildung = mehr Ozeanwasser).

    Der Wassergehalt der Erde beträgt etwa 0,24 Promille der Gesamtmasse. Bei einem Wassergehalt von exakt 1 Promille wären die Ozeane hier bereits im Durchschnitt 12 km tief! Und da mit steigender Planetenmasse zugleich auch mehr Wasser gebunden wird, werden mit zunehmendem Planetenradius die Ozeane immer schneller immer tiefer. Grund dafür ist, dass sich bei zunehmendem Radius das Volumen mit der dritten Potenz steigert und die Oberfläche nur mit der zweiten Potenz.

    Wie es scheint, ist Kepler 10c nur deshalb ein Gesteinsplanet geworden, weil sich die leichten Gase Wasserstoff und Helium aufgrund zu großer Nähe zum Stern ins Weltall verflüchtigt haben. Anderenfalls wäre es ein Mittelding zwischen Saturn und Neptun geblieben. Zumindest die Größe des Gesteinskerns legt es nahe, dass der Planet ursprünglich in der Größenordnung von Saturn gelegen haben dürfte, bevor er nach innen migrierte (wenn es denn so gewesen ist – es ist ja alles noch sehr spekulativ!).

    Über den Wassergehalt von Kepler 10c wissen wir bis jetzt noch nichts Genaues. Die Oberflächentemperaturen von ca. 500 Grad Celsius erlauben jedenfalls kein Auskondensieren des Wasserdampfs, da die kritische Temperatur von Wasser bei 374 Grad Celsius liegt. Da sich der gesamte Wasserdampf folglich in der Atmosphäre befindet, bewirkt er zudem einen Treibhauseffekt, der die wirklichen Temperaturen noch höher steigen lässt, als sich aus der Schwarzkörpertemperatur ableiten lässt. Es dürften daher gut und gern auch bis 1000 Grad auf der Oberfläche herrschen!

    Wäre die Migration im Bereich der habitablen Zone stecken geblieben, hätte der Planet seine leichten Gase behalten und wäre ein Gasriese geblieben. Wir haben hier also die Verkettung mehrerer Umstände, die den Schluss nahelegen, dass Kepler 10c mit großer Wahrscheinlichkeit niemals Lebewesen hat entstehen lassen.

  29. #29 tomW
    15. Juni 2014

    @Hoffmann

    Danke für die spannenden Ergänzungen.
    Ich bin ja schon ziemlich gespannt darauf, wann der erste richtige “Erdzwilling” gefunden wird. Hoffentlich nicht allzu weit weg damit man vielleicht genug Daten bekommt um sich ein genaueres Bild machen zu können.

  30. #30 Alderamin
    15. Juni 2014

    @Hoffmann

    Eine maximale Obergrenze würde ich dort ziehen, wo Ozeane mit Inseln nicht mehr möglich sind.

    Ich weiß, dass Du sehr stringente Anforderungen an Planeten stellst, um Zellmembranen bilden zu können, wir hatten darüber schon diskutiert.

    Zumindest hält die NASA es für denkbar, dass auch auf einer Wasserwelt wie Europa Leben entstehen könnte, wenn der Ozean Kontakt zur felsigen Kruste hat. darauf hatte ich mich in #23 bezogen.

    Die maximale Planetengröße für die Entstehung von Leben hinge dann davon ab, wie tief ein Ozean bei gegebener Schwerkraft sein darf, um am Boden kein Eis zu bilden. Das hängt natürlich auch von der Wassermenge ab, die der Planet abbekommen hat. Bei der Erde kam das Wasser wohl erst nach der Abspaltung des Mondes per Asteroiden auf die Erde, da der Einschlag von Theia alles vorhandene Wasser hat entweichen lassen.

  31. #31 Hoffmann
    15. Juni 2014

    @ Alderamin:

    Die maximale Planetengröße für die Entstehung von Leben hinge dann davon ab, wie tief ein Ozean bei gegebener Schwerkraft sein darf, um am Boden kein Eis zu bilden.

    In dieser Arbeit zu Ozeanplaneten

    https://arxiv.org/ftp/astro-ph/papers/0308/0308324.pdf

    wird abgeleitet, dass ein Ozean bei einer Oberflächentemperatur von 7 Grad Celsius eine Tiefe von 72 km hat, bevor aufgrund des Drucks ein Boden aus Eis entsteht. Bei einer Oberflächentemperatur von 30 Grad Celsius erreicht die maximale Ozeantiefe etwa 133 km. Die Ergebnisse beziehen sich auf eine Supererde mit zwei Erdradien Größe und sechs Erdmassen. Bei noch massiveren Planeten reduziert sich die Ozeantiefe auf vielleicht 50 km bei einer Oberflächentemperatur von Null Grad Celsius bzw. 100 km bei höheren Temperaturen.

  32. #32 Alderamin
    15. Juni 2014

    @Hoffmann

    Danke, interessant. Innere Wärme des Planeten scheinen sie nicht besonders berücksichtigt zu haben, aber so hat man wenigstens eine Hausnummer.