Ich vermute mal, dieses Video kennen mittlerweile sowieso schon alle. Rap ist ja normalerweise nicht so wirklich meine bevorzugte Musikrichtung. Aber die Epic Rap Battles of History sind da definitiv eine Ausnahme und immer wieder enorm amüsant. Besonders dann, wenn sie, so wie in der aktuellen Folge, zwei Wissenschaftler gegeneinander antreten lassen. Das sind einerseits der große Physiker und Mathematiker Isaac Newton und andererseits der Ingenieur und Fernsehmoderator Bill Nye.
Ein ungleiches Paar, und man könnte meinen es wäre nicht schwer zu entscheiden, wer der “größere” Wissenschaftler ist. Isaac Newton ist einer, wenn nicht DER größte Wissenschaftler aller Zeiten (auch wenn ich selbst Einstein noch über Newton stelle würde). Er hat die moderne Naturwissenschaft zwar nicht im Alleingang aber maßgeblich mitbegründet; mathematische und physikalische Theorien und Konzepte geschaffen die auch heute noch überall in der modernen Wissenschaft verwendet werden und die Welt ohne Zweifel revolutioniert. Bill Nye dagegen hat “nur” Maschinenbau studiert, dabei keine großen Entdeckungen gemacht oder Theorien aufgestellt und ist hauptsächlich für seine Arbeit als Fernsehmoderator bekannt.
Natürlich sind die Epic Rap Battles of History nur eine sehr gut umgesetzte humvorvolle Video-Musikreihe und kein ernsthafter Beitrag zur Wissenschaftspolitik. Aber die Episode demonstriert meiner Meinung nach wunderbar den Widerspruch zwischen (Spitzen)Forschung und Öffentlichkeitsarbeit. Newton selbst war ohne Zweifel einer der wichtigsten Forscher die es gab. Aber was die Öffentlichkeitsarbeit anging, war sein Ansatz verbesserungswürdig. Newton sprach nicht einmal mit seinen Kollegen über seine Arbeit; hielt alles so lange geheim wie es nur ging und wenn er etwas publizierte, war es so kompliziert formuliert, dass es kaum verständlich war. Bill Nye dagegen mag zwar selbst keine großen Entdeckungen gemacht haben, hat aber unzähligen Menschen die Entdeckungen anderer nahe gebracht und das ist eine Leistung, die man nicht unterschätzen darf!
Isaac Newton selbst hat über seine Arbeit gesagt:
“If I have seen further it is by standing on ye sholders of Giants” (“Wenn ich weiter sehen konnte, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stand.”)
Er erkannte zu Recht, dass man als Forscher nur ganz selten völlig isoliert große Entdeckungen macht sondern immer auf der Arbeit anderer aufbaut. Dazu ist es aber nötig, dass das Wissen um diese Arbeiten verbreitet wird! Und nicht immer sind große Wissenschaftler auch gleichzeitig gute Wissenschaftsvermittler. Genau so wie manche Forscher besser darin sind, Theorien aufzustellen und Berechnungen anzustellen, aber nicht in der Lage, entsprechende Geräte zu deren Überprüfung zu bauen (oder umgekehrt). Es braucht in der Wissenschaft Theoretiker und Praktiker/Experimentatoren. Und es braucht Vermittler! Die Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse ist ein genau so fundamentaler Bestandteil der Wissenschaft wie die Forschung selbst und deswegen ist es durchaus angebracht, Bill Nye und Isaac Newton auf eine Stufe zu stellen.
Es ist nur schade, dass die Bedeutung der Wissenschaftsvermittlung immer noch nicht ausreichend gewürdigt wird. Das betrifft nicht nur Medien, Politik und Gesellschaft sondern auch die Wissenschaft selbst. Ich habe darüber ja schon sehr oft in meinem Blog geschrieben (zum Beispiel hier) und will das nicht alles wiederholen. Aber man läuft heute als Forscher immer noch Gefahr, der eigenen Karriere zu schaden, wenn man sich zu sehr mit Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt und so lange das so bleibt und Wissensvermittlung nicht als integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Arbeit anerkannt wird, wird sich daran nichts ändern. In Österreich wurde zum Beispiel gerade der Wittgenstein-Preis an den Biologen Josef Penninger verliehen. Völlig zu Recht und die Arbeit von Penninger hat die 1,5 Millionen Euro Preisgeld auf jeden Fall verdient; genau so wie die Gewinner der START-Preise ihre 1,2 Millionen Euro verdient haben. Aber wieso gibt es keine ähnlich hoch dotierten Preise für Wissenschaftsvermittlung?
Ich befürchte, dass sich am Status Quo der Wissenschaftsvermittlung so schnell nichts ändern wird. Im deutschsprachigen Raum fehlt ja selbst so jemand wie Bill Nye. Am ehesten käme wahrscheinlich noch die “Sendung mit der Maus” in Frage, die Rolle zu spielen die Nye in den USA spielt. Aber kann sich jemand tatsächlich Armin Maiwald vorstellen, wie er öffentlich mit Kreationisten debatiert? Na ja – ich bin trotzdem optimistisch. Die Hoffnung, dass das im Fernsehen in Deutschland irgendwann mal eine Wissenschaftsvermittlung stattfindet, die diesen Namen auch verdient, habe ich zwar weitestgehend aufgegeben. Aber wer weiß, was im Internet in den nächsten Jahren so alles passiert! Kann ja nur besser werden…
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