Nur dort, wo der Planet von beiden Sternen ungefähr gleich stark angezogen wird, kommt es zu Problemen. In diesem Bereich sind die Bahnen chaotisch und instabil und dort können Planeten nicht dauerhaft existieren. Auch Bahnen, die einen Planeten von einem Stern zum anderen Stern führen sind instabil. Ein Himmelskörper kann also zum Beispiel nicht dauerhaft der Form einer Acht folgend mal um den einen und dann um den anderen Stern kreisen. Stabile Bahnen gibt es nur, wenn sie von der Gravitationskraft eines Sterns dominiert werden und man den anderen vernachlässigen kann.

Es spricht also nichts dagegen, dass Planeten in Doppel- oder Mehrfachsternsystemen existieren und es ist daher auch nicht überraschend, dass man schon jede Menge von ihnen gefunden hat. Der Planet 55 Cancri b, der 1996 zu den ersten Entdeckungen überhaupt gehört, ist ein Planet vom S-Typ. Er umkreist zusammen mit vier anderen Planeten den Stern 55 Cancri A. Knapp 1000 Astronomische Einheiten von 55 Cancri A entfernt befindet sich aber noch der rote Zwergstern 55 Cancri B (der vermutlich selbst wiederum ein enges Doppelsternsystem ist). 55 Cancri B hat nur ein Zehntel der Masse von 55 Cancri A und aufgrund der großen Entfernung ist sein gravitativer Einfluss auf das Planetensystem vernachlässigbar gering.

Solche Systeme, in denen Planeten einen Stern umkreisen, der einen sehr weit entfernten Partnerstern hat, gibt es viele. Vermutlich deutlich mehr als wir bisher kennen, denn man macht sich nicht immer die Mühe und sucht bei den Sternen, die Planeten beherbergen nach eventuell vorhandenen Partnersternen. Aus astronomischer Sicht sind diese weiten Doppelsternsysteme auch nicht sonderlich interessant, denn die Planeten verhalten sich genau so, als würden sie einen Einzelstern umkreisen. Wesentlich spannender sind die engen Systeme. Zum Beispiel der Planet Gamma Cephei Ab. Er wurde schon 1988 von einem Team kanadischer Astronomen beobachtet; die Daten waren aber nicht ausreichend um seine Existenz zweifelsfrei zu belegen und erst 2002 konnte die Entdeckung offiziell bekannt gegeben werden.

Gamma Cephei A ist ein Stern der fast fünfmal so groß wie unsere Sonne ist und sein Partnerstern Gamma Cephei B ist nur 20 Astronomische Einheiten von ihm entfernt; also ungefähr so weit wie der Uranus von unserer Sonne. Der Planet quetscht sich zwischen die beiden Sterne und umkreist Gamma Cephei A in einem Abstand von 2 Astronomischen Einheiten. Hier spielt der Einfluss des nahen Partnersterns eine deutlich wichtigere Rolle als bei den weiten Doppelsternsystemen und es gibt nur wenige Bereiche in der Nähe von Gamma Cephei A, in denen sich Planeten auf stabilen Bahnen bewegen können. Neben dem schon bekannten Planeten ist dort nicht mehr allzu viel Platz und es ist nicht damit zu rechnen, dass sich dort ein großes Planetensystem mit vielen Himmelskörpern befindet, so wie bei 55 Cancri A.

Würde man sich auf der Oberfläche eines Planeten vom S-Typ aufhalten, würde der Himmel wahrscheinlich nicht viel anders aussehen als auch hier auf der Erde. Es gäbe eine helle Sonne am Tag und der zweite Stern des Systems würde nicht weiter auffallen. Je nach Konfiguration wäre er einfach nur ein mehr oder weniger heller Lichtpunkt am Nachthimmel. S-Typ-Planeten müssen sich weit genug entfernt vom Einfluss des zweiten Sterns befinden um eine stabile Bahn haben zu können und an ihrem Himmel ist daher nicht mit dem Anblick von Science-Fiction-Doppelsonnen zu rechnen.

Dazu braucht man einen P-Typ-Planeten – aber die waren schwer zu finden. Bis zum Jahr 2011 gab es kaum brauchbare Kandidaten. Man fand 2003 einen Planeten, der ein aus einem weißen Zwerg und einem Neutronenstern bestehendes Paar umkreiste und 2009 beziehungsweise 2010 Planeten, die sich um Paare aus einem Stern und einem weißen Zwerg bewegten. Aber Neutronensternen und weiße Zwerge sind keine echten Sterne mehr; es sind die Überreste die am Ende eines Sternenlebens übrige bleiben. Das heißt natürlich nicht, dass diese Objekte nicht interessant wären! Die 2010 entdeckten Planeten umkreist zum Beispiel das System NN Serpentis. Es besteht aus einem kleinen roten Zwergstern der in nur 600.000 Kilometer Entfernung von einem weißen Zwerg umkreist wird. Der war früher aber auch mal ein normaler Stern und bevor er ein weißer Zwerg wurde, musste er sich erst zu einem roten Riesen aufblähen. Dabei hat er den roten Zwergstern regelrecht verschluckt und der eine Stern bewegte sich eine Zeit lang in der Atmosphäre des anderen bevor der rote Riese schließlich zum weißen Zwerg schrumpfte. Die beiden Planeten die dieses seltsame Sternenpaar umkreisen haben sich vermutlich erst nach dem Tod des einen Sterns aus dessen Überresten gebildet; so wie man es auch bei den Pulsarplaneten vermutet.

1 / 2 / 3 / 4

Kommentare (21)

  1. #1 Alderamin
    23. Juni 2014

    @Florian

    Wenn so eine Wolke kollabiert und sich das Gas zusammenballt, dann hat man Ende meistens eine ganze Gruppe junger Sterne, die sich gegenseitig durch ihre Gravitationskraft beeinflussen. Je nachdem wie nahe bei einander sie entstanden sind, können sich zwei Sterne dann auch umkreisen.

    Nach meinem bisherigen Verständnis entstehen (zumindest die engen) Doppelsterne, wenn die protoplanetare Scheibe so schnell rotiert, dass sie zwei große Akkretionszentren ausbildet, um Drehimpuls loszuwerden. Bei der gemeinsamen Entstehung von Sternen aus der gleichen Gaswolke bilden sich die Sterne im allgemeinen unabhängig voneinander mit eigenen protoplanetaren Wolken in verschiedenen Globulen. So entstehen dann offene Sternhaufen und vielleicht ein paar sehr weite Doppelsterne. War meine bisherige Vorstellung da unkorrekt?

  2. #2 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Alderamin: “So entstehen dann offene Sternhaufen und vielleicht ein paar sehr weite Doppelsterne. War meine bisherige Vorstellung da unkorrekt?”

    Nein – ich spreche die sehr weiten Doppelstern ja im Text auch direkt an. Wäre das Kapitel ins endgültige Buch übernommen worden, hätte ich aber sicher auch noch einen Absatz/eine Fussnote zur Entstehung enger Doppelsterne eingefügt.

  3. #3 Christian
    23. Juni 2014

    Nach Deinen Erfahrungen im Magazinbereich… hätte es da nicht “Das geheime Kapitel…” heißen müssen? 😉

  4. #4 Zhar The Mad
    23. Juni 2014

    Danke für diesen “Bonus-Content!!”
    Ich bin auch immer dafür, Dinge die noch gut sind nicht wegzuschmeißen, der Nachhaltigkeit zu liebe 😉
    Und so bekommen wir (die noch keins deiner Bücher haben – oh diese schande!) eine vortreffliche Leseprobe 🙂
    Danke sehr

  5. #5 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Zhar: “eine vortreffliche Leseprobe”

    Naja, als Leseprobe würde ich das nicht nutzen (ich glaube, es gibt bei amazon eine “offizielle”). Der Text hier ist ja noch auf Manuskriptniveau und hätte vor Veröffentlichung im Buch noch mal überarbeitet und an den Rest des Buches angepasst werden müssen; der Lektor hätte nochmal die diversen sprachlichen Fehler korrigiert; ich hätte noch ein paar Bezüge zum Rest des Buches hergestellt, usw.

  6. #6 Till
    23. Juni 2014

    Von den Daten her klingt so ein potentieller Mond um den Planeten von Kepler-16 ja auch gar nicht so ungemütlich. Die Sterne sind beide kleiner als die Sonne und der Planet ist etwas näher dran. Zumindest die Strahlungsmenge steht flüssigem Wasser und potentiellem Leben also nicht entgegen. Jetzt muss es den Mond nur noch geben und all die anderen (bekannten und unbekannten) Parameter (Masse, Vulkanismus, Atmosphäre, etc.) müssen stimmen aber dann könnte es dort noch cooler als bei Pandora aus Avatar aussehen – nicht nur ein großer Gasplanet am Himmel sondern auch noch zwei Sonnen ;-).

    Zu schade dass Kepler-16 200 Lichtjahre entfernt ist – da werden wir wohl in absehbarer Zukunft nicht selbst vorbei schauen können…

  7. #7 Till
    23. Juni 2014

    @Florian: Naja, als Leseprobe würde ich das nicht nutzen (ich glaube, es gibt bei amazon eine “offizielle”). Der Text hier ist ja noch auf Manuskriptniveau und hätte vor Veröffentlichung im Buch noch mal überarbeitet und an den Rest des Buches angepasst werden müssen; der Lektor hätte nochmal die diversen sprachlichen Fehler korrigiert; ich hätte noch ein paar Bezüge zum Rest des Buches hergestellt, usw.

    Ja, der Unterschied zwischen Buch und diesem Kapitel ist mir aufgefallen. Damit will ich nicht sagen, dass dieses Kapitel schlecht geschrieben ist (ganz im Gegenteil es hat mir sehr gut gefallen) aber man merkt die ganze zusätzliche Arbeit die noch in das Buch eingeflossen ist schon (es hat sich also gelohnt 🙂 ).

  8. #8 Zhar The Mad
    23. Juni 2014

    @Florian Freistetter

    Nun, das war mir bewusst (ist sogar lesbar, dass es noch ungeschliffen ist). ich war nur etwas euphorisch und gespannt einen längeren Text mal zu lesen. Vielleicht zeigt mir das auch, dass es wirklich mal an der zeit ist, mal wieder ein ordentliches Buch zu lesen 😉

  9. #9 Batti1896
    23. Juni 2014

    Macht auf jedenfall Lust auf mehr das Kapitel. Bin leider erst bei deinem “Weltuntergangsbuch”von 2012 😉 und hab vorher das Buch (weiß den Namen jetzt gerade nicht, da wo du leider nur einen recht kurzen Text beigetragen hast von Anfang des Jahres) … gelesen was bis auf das erste Kapitel und deinem kurzen Kapitel aber mir nicht so zugesagt hat.
    Werde mich aber nach dem 2012 Buch Chronologisch durch deine Bücher Arbeiten weil ich deinen Schreibstil sehr mag.
    Also danke nochmal für dieses zusätzliche Kapitel.

  10. #10 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Till: Naja, so ein Mond wäre bei Kepler-16 nicht unbedingt das, was man lebensfreundlich nennt: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2011/09/15/entdeckt-der-sciencefictionplanet-mit-den-zwei-sonnen/ Dort hätte es wenigstens -70 Grad…

  11. #11 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Batti1896: “weiß den Namen jetzt gerade nicht, da wo du leider nur einen recht kurzen Text beigetragen hast von Anfang des Jahres”

    ? Von so einem Buch weiß ich nix. Entweder das ist etwas, was schon länger her ist und ich vergessen habe – oder jemand hat einen meiner Texte ungefragt kopiert.

  12. #12 bikerdet
    23. Juni 2014

    @ Florian :
    Zuerst einmal vielen Dank, das Du uns noch in den Genuss des Zusatzkapitels kommen lässt ! Auch wenn es es nicht in’s Buch geschafft hat, ist es mMn doch ganz toll von solchen ‘Exoten’ zu lesen.

    Und welch epische (SF-) Geschichten lassen sich daraus machen. Doppelsysteme mit getrennten Zivilisationen. Um wieviel ausgeprägter wäre der Wunsch in’s All zu fliegen, wenn man in relativ kurzer Zeit die Anderen besuchen könnte. Im ‘Sperling’ sitzen die Aliens ja auf Alpha Centaurie. Aber eine Sonne in ein paar 1000 AU wäre dagegen ja ein nur Katzensprung…

  13. #13 Batti1896
    23. Juni 2014

    @Florian na das wollen wir mal nicht hoffen.
    Kann dir leider keinen Link schicken weil ich nur mit dem Handy online bin aber hab gerade in meine Kindle app geschaut. Das Buch heißt Astacus Astacus und kostet im Kindle Shop 0,89 cent. Kannst es auch unter deinem Namen im Kindle Shop oder bei Amazon direkt finden. Ich bin der Meinung da stand als Erscheinungsdatum irgend was von Februar 2014. Ist eine Ansammlung von Gesellschaftskritischen Texten von verschiedenen Wissenschaftlern/Autoren.
    Falls ich da was aufgedeckt habe kannst ja gerne mal schreibenwwas bei raus gekommen ist 😉
    Hoffe aber das es nur bei dir in vergessenheit geraten ist ^^

  14. #14 rolak
    23. Juni 2014

    keinen Link

    Kein Thema, Batti1896, Dein Wunsch soll in Erfüllung gehen: Hier gehts zum Edelkrebs.

  15. #15 Florian Freistetter
    23. Juni 2014

    @Batti: ” Das Buch heißt Astacus Astacus “

    Ach so, das. Das ist aber schon wesentlich älter und nicht erst Anfang des Jahres erschienen, oder? Ja, da hat irgendwann mal wer nen Text von mir aus dem Blog (mit meiner Erlaubnis) übernommen. K.A. was da sonst noch so in dem Buch drin steht…

  16. #16 Batti1896
    23. Juni 2014

    Achso na dann ist ja gut. Ja wie gesagt ich fand es jetzt nicht wirklich lesenswert und wenn dein Text auch noch aus dem Blog ist dann kann man nur den ersten Autor noch empfehlen. Der rest war ziemlicher Schrott 😉

  17. #17 Till
    24. Juni 2014

    @FF: Zitat aus Deinem Verlinkten Artikel: “Aber es wäre wohl auf ein jeden Fall ein ziemlich cooler Anblick und ich bin sicher, dass die NASA bald passende Simulationen dazu veröffentlichen wird.”

    Weißt Du ob diese Simulationen inzwischen veröffentlicht sind?

    Was ich dazu gefunden habe ist dieser national geographic Artikel in dem es Simulationen gibt, die andeuten Kepler-16 AB b könnte einen Erdgroßen Gesteinsplaneten eingefangen haben und laut deren Daten läge dieser Mond am äußeren Rand der habitablen Zone (Ähnlich wie der Mars in unserem Sonnensystem)… Zugegeben, das klingt ziemlich weit hergeholt, und ob sich ein großer Mond um den Planeten bilden könnte war sich die entsprechende Gruppe laut dem Artikel noch nicht sicher.

    Bezüglich der angegebenen Oberflächentemperaturen: Wie werden die eigentlich berechnet? Wir wissen ja von der Erde, der Venus und dem Mars, dass die Temperaturen stark von der Atmosphäre abhängen. Was nimmt man denn da für eine Atmosphäre an um die Temperaturen zu berechnen?

  18. #18 Florian Freistetter
    24. Juni 2014

    @Till: “Weißt Du ob diese Simulationen inzwischen veröffentlicht sind?”

    Nein, da weiß ich leider nichts.

  19. #19 Christian Berger
    26. Juni 2014

    Ich möchte mich dafür bedanken, dass Du hier diesen Text hier für uns alle gratis zugänglich machst. Vielleicht wäre das auch mal eine Option für Deine Bücher falls sie mal nicht mehr aufgelegt werden und der Verlag die Rechte nicht mehr haben möchte. Auch wenn “Die Neuentdeckung des Himmels” sicherlich mal veraltet sein wird, so ist es doch eine Momentaufnahme einer spannenden Zeit.

  20. #20 Positron
    2. Juli 2014

    Mal nen kleinen Aufreger zwischen durch: https://www.daserste.de/information/wirtschaft-boerse/plusminus/sendung/ndr/2014/raumfahrt-100.html

    Offenbar will man sich aus der bemanten Raumfahrt zurückziehen. Angeblich werden Kostengründe vorgeschoben, um zu verschleiern, dass die Russen damit gedroht hätten die ISS Abstürzen zu lassen. Glaub zumindest mein Vater.

  21. […] ich dann zum Beispiel vom gigantisch großen Stern VV Cephei im Sternbild Cepheus erzähle, von den faszinierenden Planeten des Doppelsterns “Gamma Cephei” oder meine Instagram-Serie zu Sternbildern fortführe, dann steckt die bedrohliche Assoziation mit […]