Bei Vorträgen, Lesungen, Gesprächen, per Email oder auf sonstigen Wegen stellen mir die Menschen immer wieder Fragen zur Astronomie. Das ist auch gut so, denn Fragen zu beantworten gehört ja auch zu meinem Job. Einige Fragen sind dabei aber deutlich beliebter als andere und ich dachte mir es wäre eine gute Idee, diese “Standardfragen” auch mal in eigenen Blog-Artikeln zu beantworten. Also werde ich das ab jetzt in unregelmäßigen Abständen tun und gleich mit einem absoluten Favoriten unter den Fragen beginnen: “Wie groß ist das Universum?”
Eigentlich lässt sich diese Frage schnell beantworten: Wir wissen nicht, wie groß das Universum ist! Aber das ist eine ziemlich unbefriedigende Antwort. Und zum Glück können wir auch eine bessere Antwort geben, wenn wir zuerst klären, was mit “Universum” gemeint ist.
Wenn wir “das Universum” als all das definieren, was wir im Weltall sehen oder sonst irgendwie messen oder registrieren können; also als alles das, was wir beobachten können, wird die Sache einfacher. Dann lautet die Frage: “Wie groß ist das beobachtbare Universum?” und die lässt sich beantworten.
Wir können nur das sehen (und wenn ich “sehen” oder “beobachten” schreibe, dann meine ich immer auch “messen”, “registrieren” oder sonst irgendwie “wahrnehmen”), was auf die eine oder andere Art mit uns in Verbindung steht. Einen Stern können wir sehen, weil das Licht das er abgestrahlt hat, auf die Detektoren der Teleskope auf der Erde getroffen ist. Ferne Gaswolken sehen wir, wenn Radiowellen die Radioteleskope treffen. Oder Röntgenstrahlung die Röntgenteleskope. Und so weiter. Wenn wir etwas sehen wollen, müssen wir elektromagnetische Strahlung hier auf der Erde registrieren und diese Strahlung braucht Zeit, um sich auszubreiten. Sie tut das mit Lichtgeschwindigkeit und die maximale Zeit die das Licht hatte, um uns zu erreichen, ist die bisherige Lebensdauer des Universums.
Wir wissen heute ziemlich gut, wie alt das Universum ist: 13,819 Milliarden Jahre. Licht das länger braucht, um die Erde zu erreichen kann logischerweise noch nicht bei uns angekommen sein, weil das Universum dafür noch nicht alt genug ist. Die ältesten Objekte im Universum die wir beobachten können, können daher auch nicht älter sein als 13,819 Milliarden Jahre (in Wahrheit ist es ein wenig komplizierter denn erst knapp 400.000 Jahre nach dem Urknall waren die Bedingungen so, dass sich Licht ausbreiten konnte). Es erscheint daher logisch, dass von der Erde daher auch nur 13,819 Milliarden Lichtjahre in alle Richtungen blicken können. Wenn das Licht in einem Jahr eine Entfernung von genau einem Lichtjahr zurücklegen kann und das Universum 13,819 Milliarden Jahre alt ist, kann das beobachtbare Universum doch auch nur 13,819 Milliarden Lichtjahren groß sein?
Könnte man denken, ist aber nicht so. Denn dabei haben wir vergessen, dass sich das Universum beständig ausdehnt. In der Zeit, in der das Licht von einer fernen Galaxie zu uns unterwegs ist, wird das Universum immer größer. Es hat dann zwar im Extremfall wirklich 13,819 Milliarden Jahre bis zur Erde gebraucht. Aber in dieser Zeit ist das Universum gewachsen und die Entfernung ist daher größer!
Berücksichtigt man die Ausdehnung des Universums in den entsprechenden Rechnungen, dann folgt daraus, dass wir knapp 46,6 Milliarden Lichtjahre in jede Richtung blicken. Die Antwort auf die Frage “Wie groß ist das (beobachtbare) Universum?” lautet also: Es hat einen Durchmesser von etwa 93 Milliarden Lichtjahren!
(Und wer wissen will, wie groß das gesamte Universum ist, muss auf den nächsten Artikel in dieser Serie warten)
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