In meiner Serie “Fragen zur Astronomie” geht es heute um die Lichtgeschwindigkeit. Denn dieses Thema ist auch ein Dauerbrenner bei den Fragestellern, die mir bei Vorträgen und anderswo begegnen. Eine häufige Frage lautet da meistens: Ist das Licht wirklich immer überall gleich schnell oder kann es vielleicht auch Gegenden im Universum geben, wo sich das Licht mit einer anderen Geschwindigkeiten bewegt?
Um das zu beantworten, muss man zuerst einmal definieren, was man mit “Lichtgeschwindigkeit” überhaupt meint. Denn natürlich kann sich das Licht mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bewegen. Dazu muss man gar nicht erst irgendwelche weit entfernten Winkel des Universums untersuchen; das passiert auch direkt hier auf der Erde. Licht breitet sich in unterschiedlichen Medien unterschiedlich schnell aus. Bewegt sich Licht durch die Atmosphäre der Erde, dann ist es 299.710 Kilometer pro Sekunde schnell. Bewegt es sich durch Wasser, dann ist es nur noch mit 225.000 Kilometer pro Sekunde unterwegs. In ganz speziellen Experimenten mit speziellen Medien ist es sogar schon gelungen, dass Licht auf 61 Kilometer pro Stunde abzubremsen. Man kann das alles auch beobachten: Jedesmal wenn sich das Licht von einem Medium zu einem anderen bewegt – zum Beispiel durch unterschiedlich dichte Luftschichten – ändert es ein wenig seine Richtung. Deswegen scheinen die Sterne am Nachthimmel zu flackern: Das Licht scheint mal aus der einen und mal aus der anderen Richtung zu kommen, weil es die unruhige Atmosphäre durchqueren muss.
Unter Umständen kann man auch den “Überschallknall” sehen, der entsteht wenn sich Objekte schneller als das Licht bewegen. In Kernkraftwerken entsteht zum Beispiel Strahlung aus geladenen Elektronen, die sich sehr schnell bewegen. Da die Brennelemente in einem wassergefüllten Ausklingbecken gelagert werden, können diese schnellen Elektronen schneller als die Lichtgeschwindigkeit im Wasser sein und geben dann die sogenannte “Tscherenkow”-Strahlung ab, ein bläuliches Leuchten.
Es ist also nicht schwer, unterschiedliche Lichtgeschwindigkeiten zu beobachten. Aber meistens geht es bei der Frage ja um etwas anderes. Da geht es um die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum. Um den Wert der Lichtgeschwindigkeit, der eine fundamentale Naturkonstante darstellt, nämlich exakt 299.792,458 Kilometer pro Sekunde. Die Geschwindigkeit, die laut Albert Einstein die absolute Obergrenze für jede Informationsübermittlung darstellt. Kann die sich ändern bzw. kann es Gegenden geben, wo diese Naturkonstante einen anderen Wert hat?
Eine gute Frage und wie üblich bei diesen Fragen ist es eine, die sich schwer konkret beantworten lässt. Zuerst muss man sich klar machen, dass die Lichtgeschwindigkeit eine wirklich fundamentale Größe ist. Es ist nicht einfach “nur” die Lichtgeschwindigkeit – es ist die Geschwindigkeit, mit der sich masselose Teilchen bewegen (müssen). Es ist die Geschwindigkeit, mit der sich alle elektromagnetischen Wellen ausbreiten. Es ist eine Geschwindigkeit, die so gut wie alles im Universum beeinflusst. Diese Zahl steckt in fast allen physikalischen Formeln und wird zur Beschreibung fast aller astronomischen Phänomene benötigt. Ein Universum mit einer anderen Lichtgeschwindigkeit würde auch ganz anders aussehen. Sterne würden anders funktionieren und strahlen (oder gar nicht mehr strahlen), die chemischen Elemente wären anders aufgebaut, die Interaktion zwischen den Elementarteilchen würde anders ablaufen, und so weiter.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten sehr weit und sehr genau ins Universum hinaus gesehen und jede Menge weit entfernte Planeten und Galaxien beobachtet. Und bis jetzt hat dort immer alles im Wesentlichen so ausgesehen wie hier bei uns. Alle physikalischen und astronomischen Prozesse die wir beobachtet haben, haben anderswo so funktioniert, wie sie hier bei uns funktionieren. Das ist ein ziemlich starker Beleg dafür, dass die Lichtgeschwindigkeit tatsächlich eine universale Naturkonstante ist.
Gleiches gilt für die Frage, ob die Lichtgeschwindigkeit vielleicht früher einmal anders war als heute; sich also zeitlich ändern kann. Da man in der Astronomie ja immer auch zurück in die Vergangenheit blickt, wenn man in die Ferne schaut, und wir auch hier keine Unterschiede zur heutigen Situation festgestellt haben, ist eine Variation auch hier unwahrscheinlich.
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