Es kann gut sein, dass die Lage in den USA anders ist. Dort hat man als junger Wissenschaftler wesentlich bessere Aufstiegsmöglichkeiten als in Deutschland und es gibt viele Möglichkeiten, um schon nach vergleichsweise kurzer Zeit eine Festanstellung an einer Universität zu bekommen. Da die Astronomen in den USA also tendenziell früher einen festen und besser bezahlten Job kriegen kann ich mir durchaus vorstellen, dass dabei insgesamt ein höheres Durchschnittsgehalt raus kommt. Aber der Arbeitseinsatz ist dort nicht anders als hier und “stressfrei” ist der Job als Wissenschaftler mit Sicherheit nicht. Es ist schwierig, eine vernünftige Work-Life-Balance hinzubekommen, man zieht viel öfter und weiter um als in anderen Berufen und das schafft Schwierigkeiten bei der Familienplanung, man hat selten echte geregelte Arbeitszeiten, und so weiter. Natürlich ist Wissenschaftler ein klassischer “Traumjob” und eine Arbeit, die man durchaus sehr gerne macht; so gerne, dass man sich dann eben leider auch gerne ausnutzen lässt bzw. die Unannehmlichkeiten in Kauf nimmt, um Wissenschaft treiben zu können.
Aber es ist mit Sicherheit kein schneller Weg zu Reichtum. Das gilt vermutlich auch für diverse andere Einträge in der Liste (Mathematiker, Statistiker, Ernährungswissenshaftler, Physiker, etc). Wie sehr diese Liste der realen Situation in den USA entspricht, kann ich nicht sagen. Aber dass sie nicht der Situation in Deutschland entspricht ist absolut klar und das hätte den Medien, die sie so prominent veröffentlichen, eigentlich auffallen sollen. Es hätte ihnen auffallen müssen. Wenn man aus dieser Liste eine vernünftige Geschichte machen hätte wollen, dann hätte man zum Beispiel Vertreter der jeweiligen Berufe in Deutschland nach ihrer Meinung fragen können. Man hätte feststellen können, wie die Situation hierzulande aussieht und wie sie sich von der US-Liste unterscheidet. Warum sie sich unterscheidet. Und so weiter. Es hätte durchaus eine interessante Story werden können.
Aber wer braucht schon eine interessante Story, wenn man stattdessen auch eine lange Klickstrecke mit verlockenden Schlagzeilen machen kann? Denn dafür eignet sich diese Liste perfekt. Jeder will einen Job haben, der viel Geld bei wenig Arbeit bringt. Da klickt man schon mal auf eine entsprechende Schlagzeile und natürlich klickt man sich dann auch durch die komplette Liste um zu sehen, welche Jobs hier angepriesen werden. Leichter kann man als Online-Medium seine Klicks kaum sammeln (wenn man nicht gerade ein paar Oben-Ohne-Paparazzifotos von irgendwelchen Promis parat hat). Dass die “Informationen” dieser Liste nicht nur generell ziemlich zweifelhaft sind sondern auch nicht im geringsten auf die Situation in Deutschland angewandt werden können, interessiert da offensichtlich niemanden. Und dann wundert man sich in der Medienbranche, dass es mit dem Journalismus bergab geht…
Mehr “Schlechte Schlagzeilen” gibt es hier.
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