In meinen Büchern, Texten und Vorträgen erzähle ich oft und gerne von der Suche nach fremden Planeten und fremden Leben. Ich erkläre dann, mit welchen Methoden die Wissenschaftler probieren, anderswo außerirdisches Leben zu entdecken. Und mit absoluter Sicherheit kommt dann jedesmal die Frage: “Aber wieso suchen die Astronomen denn immer nur nach Leben, dass so funktioniert wie das auf der Erde? Kann es nicht auch ganz anders sein?”. Grund genug, sie in meine Serie “Fragen zur Astronomie” aufzunehmen und einmal ausführlicher zu betrachten.
Es stimmt schon: Man konzentriert sich bei der Suche nach außerirdischem Leben auf Leben, das dem auf der Erde ähnlich ist. Als “habitabel” oder “lebensfreundlich” werden nur Planeten bezeichnet, die ungefähr so groß und schwer sind wie unsere Erde und auf der ungefähr die gleichen Temperaturen herrschen. Planeten, auf denen flüssiges Wasser existiert, so wie bei uns. Die Methoden, mit denen man dem außerirdischen Leben auf die Spur kommen will beinhalten die Suche nach Sauerstoff in der Atmosphäre, der hier bei uns auf der Erde ja von den Lebewesen erzeugt wird. Oder man sucht nach Methan; ebenfalls ein Gas, das in großen Mengen von den irdischen Lebewesen erzeugt wird. Im reflektierten Licht der Erde findet man Anzeichen der pflanzlichen Photosynthese und darum sucht man nach diesen Anzeichen auch im Licht fremder Himmelskörper.
Aber ist das nicht äußerst naiv von den Astronomen? Ist es nicht sogar dumm? Sind wir wirklich so arrogant zu glauben, das Leben überall im Universum so aussehen muss, wie hier auf der Erde?
Nein, natürlich ist den Wissenschaftlern durchaus klar, dass Leben im Prinzip auch völlig anders aussehen kann. Und es ist durchaus interessant, sich Lebensformen vorzustellen, die zum Beispiel in der Gashülle von Riesenplaneten leben oder in der Atmosphäre eines Sterns. Leben, das ohne Wasser und Kohlenstoff auskommt und stattdessen auf Silicium basiert. Leben, das nur aus Energie besteht und im Inneren von schwarzen Löchern existiert. Und so weiter. Aber das ist hauptsächlich etwas für Science-Fiction-Bücher. Wissenschaft darf zwar durchaus auch spekulieren; das darf aber nicht alles sein.
Es liegt nicht daran, dass die Astronomen keine Fantasie haben. Wahrscheinlich könnten sie sich dank ihres Fachwissens sogar absurdere und fremdere Lebensformen vorstellen, als der Durchschnittsmensch. Aber darum geht es nicht. Es geht um die ernsthafte, wissenschaftliche Suche nach diesem Leben. Wir müssen uns nicht einfach nur ausdenken, wie Leben anderswo aussehen könnte. Sondern auch Wege finden, dieses Leben auch zu entdecken, wenn es irgendwo existiert! Dazu müssen wir aber wissen, wie dieses Leben genau funktioniert, wie es mit seiner Umwelt interagiert und sie beeinflusst und welchen Einfluss es auf die Parameter haben könnte, die wir beobachten können.
Und wir kennen eben momentan nur eine Art von Leben genau genug: Das Leben auf der Erde. Diese Art von Leben haben wir gut genug verstanden, um zu wissen, wie es sich auf anderen Planeten bemerkbar machen würde, so dass wir es finden können, wenn es da ist. Es bringt nichts, sich irgendein “anderes” Leben vorzustellen, wenn wir dann keine Ahnung haben, wie man es nachweisen kann. Wir können nur nach etwas suchen, wenn wir uns auch sicher sein können, dass wir es bemerken, wenn wir es gefunden haben!
Von den Astronomen zu fordern, sie sollen doch gefälligst auch nach “anderem” Leben suchen und nicht immer nur nach erdähnlichen Lebensformen, ist also ein unfairer Vorwurf. Dass die Forscher das nicht tun liegt nicht an mangelnder Vorstellungskraft. Es liegt daran, dass die Wissenschaftler wissen, dass es ein sinnloses Unterfangen wäre, da wir solche “fremden” Lebensformen sowieso nicht finden können. Und ich spreche jetzt übrigens nicht von intelligenten Lebewesen. Ich weiß, der Gedanke liegt nahe – aber das liegt nur daran, dass dieses Thema in den Augen der Öffentlichkeit viel zu stark von Science-Fiction geprägt aus. Intelligentes Leben zu entdecken ist eine ganz andere Geschichte und es ist auch ganz anders und viel einfacher zu erkennen. Wenn plötzlich ein Raumschiff auf der Erde landen würde, aus dem ein Haufen Steine aussteigt und mit uns über Mathematik zu plaudern beginnt, dann wäre die Sache klar und wir würden erkennen, dass es sich hier um “Leben” handelt, auch wenn es völlig anders ist als das auf der Erde.
Aber darum geht es nicht. Die Suche nach intelligenten Aliens ist zwar nicht unwissenschaftlich (es gibt viele entsprechende und seriöse Projekte). Aber absolut nicht erfolgsversprechend. Wir wissen noch nicht einmal genug über das Leben an sich und darüber, wie und wie oft es im Universum entstehen kann. Wie wahrscheinlich die Existenz von intelligenten Leben ist, ist reine Spekulation. Wenn wir den einzigen Datenpunkt betrachten, den wir haben – uns selbst – dann sieht es eher schlecht aus. Auf der Erde existiert Leben seit etwa 3,5 Milliarden Jahren und die überwiegende Zeit kam das Leben wunderbar ohne Intelligenz aus. Die kam erst in den letzten paar hunderttausend Jahren und es ist nicht unwahrscheinlich, dass sie in ein paar hunderttausend Jahren wieder verschwunden ist.
Außerdem sind wir bei der Suche nach intelligenten Aliens auf deren Kooperation angewiesen. Projekte wie SETI funktionieren nur, wenn wir davon ausgehen, dass die Aliens gefunden werden wollen und entsprechende Signale ins All schicken, die wir dann entdecken können. Man kann zwar durchaus auf die Suche nach solchen Botschaften gehen – aber man sollte sich auch nicht allzu viel davon erwarten.
Wenn wir dagegen in den Atmosphären fremder Planeten Hinweise auf Sauerstoff finden, die Spuren von Photosynthese in ihrem reflektierten Licht entdecken oder andere solcher “Biomarker” beobachten können, dann sind das nicht nur gute Indizien auf die Existenz von außerirdischem Leben. Es sind vor allem Indizien, die wir selbst finden können! Das Leben, das wir damit entdecken können, hat dann vielleicht nichts mit den Aliens aus Star Wars oder Star Trek zu tun, die sich viele gerne vorstellen. Die Biomarker werden eher von Algen stammen oder irgendwelchen Bakterien. Keine grünen Männchen also, sondern grüner Schleim – aber trotzdem außerirdisches Leben! Und vor allem Leben, auf dessen Kooperation wir nicht angewiesen sind. Wenn es diese Art von Leben irgendwo in unserer kosmischen Nachbarschaft gibt, dann werden wir es mit den astronomischen Instrumenten finden können, die uns im nächsten Jahrzehnt zur Verfügung stehen werden!
Natürlich machen sich die Forscher trotzdem Gedanken über “anderes” Leben. Die Wissenschaft der “Astrobiologie” probiert auch, alternative Lebenskonzepte zu untersuchen und herauszufinden, wie Leben noch funktionieren kann. Aber solange es hier keine verlässlichen Erkenntnisse gibt und wir nicht wissen, wie solche Arten von Leben funktionieren, wissen wir auch nicht, wonach wir suchen sollten.
Mehr Antworten findet ihr auf der Übersichtsseite zu den Fragen, wo ihr selbst auch Fragen stellen könnt.
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