Sind radiometrische Methoden überprüfbar?
Wie oben erwähnt, behaupten einige Kritiker, radiometrische Altersbestimmun-
gen sei angeblich nicht überprüfbar. Sie meinen, geochronologische Altersanga-
ben stünden im luftleeren Raum. Tatsächlich aber gibt es zahlreiche Methoden,
um die Größenordnungen geologischer Zeiträume unabhängig von radiometri-
schen Datierungen zu bestätigen.
Beginnen wir mit ein paar einfachen Beispielen: Die Kontinentaldrift liegt bei
wenigen Zentimetern pro Jahr. Damit sich Kontinente um Tausende von Kilome-
tern verschieben und ganze Gebirge auffalten können, braucht es sehr viel Zeit:
Hunderte von Jahrmillionen. Ein Mechanismus, der dies auch „kataklysmisch“ –
im Rahmen weniger Tausend Jahre – erklären könnte, ist nicht bekannt.
Ein besonders schönes Beispiel ist die Bremsung der Erdrotation durch den
Mond. Anhand mancher Sedimente lässt sich nachweisen, dass ein Jahr früher
deutlich mehr Tage hatte als heute bzw., dass die Tage kürzer waren. Als „Ta-
geszähler“ dienen Fossilien Kalk ausscheidender Organismen wie Korallen, Mu-
scheln und Stromatolithen. Interessant dabei ist, dass die Rate der Kalkfällung
bei Korallen täglichen und jährlichen Schwankungen unterliegt. Bei Muscheln er-
folgt die Kalkabscheidung nur während der Öffnung; sie variiert täglich und
halbmonatlich. Es ergibt sich demnach ein periodisches Muster; die Anzahl der
Tagesringe pro Jahr können in fossilen Korallen und Muscheln einfach ausgezählt
werden. Zählt man beispielsweise die Tagesringe von Fossilien aus dem Devon,
findet man, dass ein Jahr damals etwa 400 Tage hatte, ein Tag somit 22 Stunden
(Abb. 4). Zu Beginn des Kambriums zählt man im Mittel 428 Tagesringe pro Jahr
(LÖTHER 2004, 78), was einer Tageslänge von 20,5 Stunden entsprach.
Abb. 4: Anzahl der Tagesringe pro Jahr in fossilen Korallen und Muscheln.
Bild: © Thomas KLÜGEL (2006), geodätisches Informationszentrum Wettzel.
www.giz.wettzell.de/Vortraege/Erdrotation/Rotation_Erde.pdf
Wie ermittelt man daraus das Alter der Sedimente? Durch Auswertung zahlrei-
cher Beobachtungen aus den letzten 3000 Jahren sowie durch Bestimmung der
Zunahme der Mondentfernung (3,8 cm pro Jahr) mittels Laser und Reflektoren
lässt sich berechnen, wie stark die Verzögerung der Erdrotation durch Gezeiten-
reibung ungefähr ist: Im Durchschnitt werden die Tage pro Jahrhundert um rund
2 Millisekunden länger (STEPHENSON 2007, 44). Berechnet man anhand dieses
Werts, wieviel Zeit verstrichen ist, seit der Tag nur 20,5 bzw. 22 Stunden hatte,
erhält man bis auf 15 Prozent genau den allgemein akzeptierten Zeitpunkt des
Kambrium-Beginns von vor 545 Millionen Jahren sowie das Alter der Sedimente
des Devons von 350 bis 400 Millionen Jahren. Was zu belegen war.
Um die Zuverlässigkeit der Größenordnungen zu beurteilen, die geochronologi-
sche Datierungsmethoden durch Isotopenzerfall liefern, kann man sich auch ast-
ronomischer und kosmologischer Methoden bedienen. Das Alter von Sternen bei-
spielsweise ermittelt man üblicherweise über ihren thermonuklearen Zyklus, das
heißt über die nukleare Energieerzeugung. Die Berechnungen sind kompliziert,
man benötigt dafür Massen- und Druckgleichungen, Gleichungen über den Ener-
gietransport usw. Anhand physikalischer Modelle lässt sich allerdings klar ermit-
teln, wie lange es dauert, bis ein Stern (in Abhängigkeit von seiner Masse) seinen
Wasserstoffvorrat aufgebraucht hat.
Nach HERTZSPRUNG und RUSSELL besteht für die meisten Sterne eine mathema-
tisch präzise Beziehung zwischen ihrer absoluten Helligkeit, Masse und Oberflä-
chentemperatur (Spektraltyp): Je massereicher ein Stern ist, desto höher ist sei-
ne Oberflächentemperatur. Und je höher seine Temperatur ist, desto höher ist
sein Energieumsatz und desto heller leuchtet er. Trägt man in einem Diagramm
die absolute Helligkeit (in Magnituden) gegen die Oberflächentemperatur bzw.
den Spektraltyp auf, liegen die meisten Sterne entlang eines schmalen Ban-
des, der so genannten „Hauptreihe“. Dort verweilt der Stern die meiste Zeit und
fusioniert Wasserstoff in Helium. Anschließend verlässt er die Hauptreihe und
entwickelt sich zu einem so genannten Roten Riesen. Dieser Sterntyp entsteht,
wenn „Normalsterne“ einen bestimmten Teil ihres nuklearen Brennstoffs ver-
braucht haben und auf das so genannte Heliumbrennen umsteigen. Dieser Punkt
wird umso schneller erreicht, je größer die Anfangsmasse des Sterns war. Physi-
kalischen Berechnungen zufolge entwickeln sich Sterne mit der Masse unserer
Sonne nach etwa 11 Milliarden Jahren zu einem roten Riesen. Folglich sind
Sternhaufen, die masseärmere Sterne dieses Typs enthalten, entsprechend äl-
ter.
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