Ich bin in Darmstadt angekommen und warte gespannt dass es endlich mit der Kometenlandung los geht. Morgen ist es soweit und die Landeeinheit Philae wird sich am Vormittag von der Raumsonde Rosetta lösen und den Abstieg zur Kometenoberfläche beginnen. Wenn alles klappt, wird sie dort am frühen Abend ankommen und mit der wissenschaftlichen Arbeit beginnen. Aber was, wenn nicht alles klappt?

Diese Bildmontage soll bald Realität werden. Oder auch nicht – wer weiß. (Bild: Spacecraft: ESA–J. Huart, 2014; Comet image: ESA/Rosetta/MPS for OSIRIS Team MPS/UPD/LAM/IAA/SSO/INTA/UPM/DASP/IDA)
Ok, es ist vielleicht ein bisschen defätistisch, am Vorabend der spektakulären Kometenlandung darüber zu spekulieren, was passiert wenn alles schief geht. Aber man muss sich bei all der (gerechtfertigten) Begeisterung und Aufregung immer bewusst sein, dass ein Misserfolg durchaus im Bereich des Möglichen liegt!
Wenn man sich die detaillierten Zeitpläne ansieht, in denen alles auf die Sekunde genau geplant ist, dann kann es so erscheinen, als wäre sich die ESA eines Erfolgs ziemlich sicher. Für morgen Abend, um exakt 17:39:39 MEZ sieht das Programm zum Beispiel den Punkt “Lander completes SDL operations; upload of science data” vor; gefolgt um 18:49:07 von “Lander begins First Science Sequence (FSS) Block 1; runs about 7 hours”.
Aber natürlich muss die Planung so exakt sein. Einmal, weil es bei so komplexen Weltraummissionen nicht anders geht. Wenn man da nicht jedes kleinste Detail exzessiv plant braucht man gar nicht erst anzufangen. Und außerdem findet die ganze Aktion ja weit von der Erde entfernt statt und jedes Signal braucht knapp eine halbe Stunde um die Strecke zwischen Sonde und Kontrollzentrum zurückzulegen. Da muss vorher jedes Kommando und jede Aktion geplant werden, damit Philae und Rosetta dieses Programm danach autonom abarbeiten können.
Die Exaktheit des Zeitplans sollte also nicht mit der Sicherheit verwechselt werden, dass tatsächlich alles nach Plan läuft. Denn das, was die Europäische Weltraumagentur hier macht, hat noch niemand zuvor probiert. Und wenn man etwas zum ersten Mal macht, dann muss man damit rechnen, dass es schief gehen kann. Es kommt dann allerdings darauf an, ob es auf die richtige Art und Weise schief geht.
Bis morgen Vormittag stehen ja noch vier kritische GO/NOGO-Entscheidungen auf dem Programm. Bei jeder davon könnte die Landung frühzeitig abgebrochen werden. Zum Beispiel wenn die Bahn von Rosetta plötzlich von der geplanten Bahn abweichen sollte. Oder es Probleme mit dem Computer oder Signalübermittlung auftreten. Oder der Komet überraschend viel Aktivität zeigt und Gas und Staub eine Landung behindern. In dem Fall wären zwar all die Gäste und Medienvertreter umsonst nach Darmstadt gereist – aber die Mission würde vermutlich weitergehen. Man würde die Bahn korrigieren; die Software reparieren oder auf ein Abklingen der Aktivität warten und die Landung in ein paar Tagen nochmal probieren.
Sollte es bei allen vier kritischen Entscheidungen grünes Licht geben, steht für ca. 10 Uhr die Trennung zwischen Rosetta und Philae an. Auch die kann schief gehen. Vielleicht lösen sich die beiden nicht voneinander. Dann würde man vermutlich ebenfalls ein klein wenig Pause machen, die Software checken und nach ein paar Tagen eine neue Landung probieren. Sollte die Trennung aber klappen, dann wird es spannend. Jetzt sinkt Philae dem Kometen entgegen. Und es gibt jede Menge Möglichkeiten für Fehlschläge.

Philae hat viel vor auf der Oberfläche (anklicken für eine große Version) – aber kommt sie überhaupt bis zum Kometen? (Bild: ESA)
Die Sonde könnte zu schnell und hart landen und beschädigt werden. Sie könnte an der falschen Stelle landen. Sie könnte gegen ein Hindernis auf der Oberfläche prallen. Die Verankerung in der Kometenoberfläche durch die mitgebrachten Harpunen könnte schief gehen. Staub von der Oberfläche könnte die Instrumente beschädigen. Oder es passiert etwas, mit dem bis jetzt noch niemand gerechnet hat. Wie gesagt: Wenn man etwas das erste Mal macht, ist Erfolg nicht garantiert.
Kommentare (9)