Ich hätte den Tag gerne so verbracht wie die jungen Menschen, die im Laufe des Nachmittags auf die Bühne des großen Saals der ESA gebeten wurden. Es waren die Gewinner der diversen Wettbewerbe, die im Vorfeld der Landung durchgeführt worden sind. Ein junger Schüler aus Griechenland zum Beispiel, dessen Klasse ein tolles “Wake Up, Rosetta”-Video gedreht hat. Oder Alexandre Brouste, der den Vorschlag machte, die Landestelle am Komet “Agilkia” zu nennen. Diese jungen Leute fanden den Tag vermutlich noch viel aufregender als alle anderen. Im Gegensatz zu den Wissenschaftler und Medienvertretern waren sie vermutlich das erste Mal bei so einem großen Ereignis dabei und das erste Mal zu Besuch im Europäischen Raumfahrtkontrollzentrum.
In den Interviews und Vorträgen, die uns die Zeit bis zur Landung vertreiben sollte, haben danach die Vertreter der ESA immer wieder darauf hingewiesen, wie wichtig solche Ereignisse sind, um bei der Bevölkerung Begeisterung und Interesse für Wissenschaft und Technik hervorzurufen. Es wurde erklärt, wie inspirierend solche großen Momente sind und das sie bei vielen jungen Menschen der Auslöser für eine lebenslange Beschäftigung mit der Wissenschaft oder gar eine berufliche Laufbahn als Wissenschaftler sein können. Und das ist auch absolut korrekt. Wenn man sich ansieht, welche Resonanz die Landung auf dem Kometen überall auf der Welt und in den sozialen Medien des Internets ausgelöst hat, dann kann man am Begeisterungspotential kaum zweifeln. Und es ist auch enorm wichtig, dass man immer wieder probiert vor allem junge Menschen für die Wissenschaft zu begeistern! Denn die Wissenschaft hat unsere moderne Welt geprägt wie kein anderes menschliches Vorhaben bis jetzt. Alles was uns umgibt ist auf die eine oder andere Art ein Resultat von Wissenschaft und Forschung und wenn wir auf sinnvolle Art an der Gestaltung dieser Gesellschaft teilnehmen wollen, dann müssen wir auch ein wenig über Wissenschaft Bescheid wissen.
Wie wirkliche Begeisterung aussieht, konnte man dann kurz nach fünf am Nachmittag beobachten, als die Raumsonde Philae tatsächlich auf der Oberfläche des Kometen gelandet war. Im Saal saß niemand mehr auf den Stühlen. Alle standen, jubelten, schrien, klatschten, weinten, hüpften, umarmten sich und waren glücklich. Ein der Wissenschaftler neben mir konnte zu seinem Kollegen nichts anderes mehr sagen als immer wieder “We dit it! We did it! We made history today! We really did it!”. Besonders intensiv war der Jubel von Monica Grady von der Open University, die eines der Experimente auf Philae mitgebaut hatte:
In diesem Moment habe auch ich dann aufgehört zu bloggen und zu fotografieren und mich ebenfalls einfach nur gefreut. Aber die meisten Medienvertreter konnten diesen Moment vermutlich genau so wenig genießen wie zuvor. Sie standen schon lange vor der Bekanntgabe der Landung mit dem Rücken zu den Bildschirmen aus dem Kontrollraum und hatten ihre Geräte auf das wartende Publikum gerichtet um den zu erwartenden Jubel nicht zu verpassen. Und danach wollte sie natürlich möglichst schnell Interviews mit den verantwortlichen Wissenschaftlern und ESA-Vertretern führen.
Und genau das ist ja auch ihr Job! Ohne die ganzen Journalisten, Kameraleute und Fotografen wären nicht so viele Menschen über diese tolle Mission informiert worden. Ohne die Medien hätten wir berührende Videos wie das von Monica Grady nicht sehen können. Berichterstattung durch die Medien ist bei solchen Ereignissen wichtig – je mehr Berichterstattung, um so besser! Im Vergleich zu zum Beispiel Sport oder Promi-Tratsch wird über Wissenschaft sowieso viel zu wenig berichtet! Aber als ich mir die ganze Aufregung im großen Saal nach der Landung angesehen habe, habe ich mir immer wieder gedacht: Was wäre, wenn hier nicht alles von mit arbeitenden und hektischen Medienmenschen wäre? Was wäre, wenn der ganze Saal voll mit begeisterten Schülern wäre? Mit jungen Menschen aus aller Welt; mit Studentinnen und angehenden Wissenschaftlern – mit genau den Menschen also, deren Interesse und Begeisterung für die Forschung man mit solchen Ereignissen wecken will?
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