Es gibt mal wieder Asteroidenpanik… Zumindest bei Focus Online, wo heute ein Video/Artikel unter der Schlagzeile “Super-Asteroid bedroht die Erde bald alle drei Jahre” veröffentlicht worden ist. Das Wichtigste gleich vorweg: Nein, dieser Asteroid ist keine Gefahr für die Erde. Aber das ist nicht das einzige Problem mit dieser Schlagzeile…
Der Asteroid um den es geht, heißt 2014 UR116. Er wurde schon am 27. Oktober 2014 von russischen Astronomen entdeckt und ist etwa 300 bis 400 Meter groß. Damit ist er ein ziemlich typischer Asteroid und definitiv KEIN “Super-Asteroid”. Im Vergleich mit all den anderen Asteroiden die wir derzeit kennen, handelt es sich eher um ein kleines Exemplar. Würde so ein Asteroid mit der Erde zusammenstoßen (was hier aber nicht der Fall ist), dann würde es keine globale Katastrophe geben; kein Massensterben das alles Leben auf der Erde auslöscht und keine hollywood-mäßige Katastrophe. Natürlich hätte so ein Impakt dramatische Folgen, wenn er in besiedeltem Gebiet stattfinden würde (aber der Großteil der Erdoberfläche ist nicht besiedelt). Aber das Wort “Super-Asteroid” ist hier definitiv nicht angebracht. Asteroiden dieser Größe existieren zu hunderttausenden und wir haben schon tausende von ihnen entdeckt.
Besonders an 2014 UR116 ist höchstens, das es sich um einen erdnahen Asteroiden handelt. Er gehört also zu der Gruppe von Himmelskörpern, deren Bahnen die Bahnen von Mars, Erde und Venus kreuzen können, was Kollisionen prinzipiell möglich macht. Aber auch von solchen Objekten kennen wir genug; genug auf jeden Fall, damit ein Begriff wie “Super-Asteroid” völlig unangebracht ist.
Die Bahn von 2014 UR116 kreuzt tatsächlich die Bahnen von Mars, Venus und Erde. Seine Umlaufzeit beträgt etwa 3 Jahre und während dieser Zeit bewegt sich der Asteroid vom Asteroidengürtel hinter der Marsbahn hinein ins innere Sonnensystem bis hinter die Bahn der Venus. Die Bahn ist außerdem um etwa 6 Grad gegenüber der Bahnen der Planeten geneigt. Das ist auch ein Grund, warum Kollisionen in diesem Fall erschwert werden. Ob solche Zusammenstöße wirklich stattfinden oder 2014 UR116 eine “Bedrohung” darstellt, kann man relativ leicht selbst rausfinden – ich habe das schon vor Jahren ausführlich erklärt. Auf der aktuellen Liste der potentiell gefährlichen Objekte taucht 2014 UR116 nicht auf. Und sieht man sich die Daten genauer an, dann findet man – wie für erdnahe Asteroiden üblich – jede Menge Vorbeiflüge an den Planeten. Aber in den nächsten etwa 150 Jahren kommt er keinem Planeten näher als ungefähr 2 Millionen Kilometer, was dem 5,5fachen Abstand zwischen Erde und Mond entspricht. Und der Erde nähert sich der Asteroid nur auf den 11fachen Mondabstand (im April 2047). Es ist also mehr als genug Platz und der Abstand ist groß genug, um feststellen zu können, das keinerlei Gefahr von dem Objekt ausgeht. Das kann man übrigens auch seit gestern bei der NASA nachlesen. Die Mitteilung der NASA endet mit dem Vorschlag:
“Any statements about risk for impact of discovered asteroids and comets should be verified by scientists and the media by accessing NASA’ Near Earth Object (NEO) Program web site https://neo.jpl.nasa.gov/risk/ or the European equivalent, the NEO Dynamic Site at https://newton.dm.unipi.it/neodys/index.php?pc=4.1”
Das ist genau das, was ich auch in meinem Artikel zu angeblich gefährlichen Asteroiden geschrieben habe: Wenn man wissen will, ob ein Objekt gefährlich ist, dann kann man sich darüber auf zwei unabhängigen Seiten informieren: Der Sentry-Datenbank der NASA und der NEOdys-Seite der Uni Pisa. Dort findet man alle Asteroiden, die eine potentielle Gefahr darstellen könnten, aufgelistet; zusammen mit Informationen wie wahrscheinlich eine Kollision tatsächlich ist.
Der Focus hat sich hier ganz offensichtlich nicht informiert sondern stattdessen lieber die reißerischen Schlagzeilen der russischen Medien bzw. den deutschsprachigen Nachrichtendiensten aus Russland (die ich hier jetzt absichtlich nicht verlinke) reproduziert. Am zusätzlichen Arbeitsaufwand kann es kaum gelegen haben… Es hat mich heute morgen exakt eine Google-Abfrage gekostet, um die NASA-Meldung zu 2014 UR116 zu finden. Aber dann hätte man natürlich keine so dramatische Story bringen können. Im Text des Artikels wird es ja noch fast schlimmer als in der Schlagzeile. Da spricht der Focus dann sogar von einem “kosmischen Ungetüm”…
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