Ich werde oft um Rat gefragt, wenn es darum geht, ein passendes Teleskop zu kaufen. Leider kann ich da wenig weiterhelfen. Ich bin zwar Astronom, aber war selbst nie ein Hobby-Astronom und habe auch nie selbst ein Teleskop besessen. Meine berufliche Erfahrung mit der beobachtenden Astronomie beschränkt sich auf die Arbeit mit professionellen Großteleskopen an Sternwarten und da laufen die Dinge ganz anders, als bei der privaten Hobby-Astronomie. Außerdem ist es enorm schwierig, allgemeine Hinweise zum Teleskop-Kauf zu geben. Es kommt dabei sehr stark darauf an, wie viel Geld man ausgeben will; was man beobachten möchte; wo man beobachten möchte; ob man mobil bleiben oder sich eine eigene kleine Sternwarte einrichten will – und so weiter. Ich verweise daher meistens immer auf eine ausführliche und persönliche Beratung im Fachhandel. Damit man sich aber trotzdem voran schon ein wenig informieren kann, hat Blog-Leser Alderamin netterweise eine sehr ausführlichen Gastbeitrag in fünf Teilen verfasst, der in den nächsten Tagen hier im Blog veröffentlicht wird. Teil w, Teil 2, Teil 3 und Teil 4 sind schon erschienen. Heute folgt der fünfte und letzte Teil. Vielen Dank nochmal an Alderamin für diese sehr informative Serie!
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Mein erstes Teleskop – Teil 5
Nachdem wir in den vorangegangenen 4 Teilen die wichtigsten Komponenten und Bauformen von Teleskopen kennengelernt haben, nun eine abschließende Bewertung, was man sonst noch so braucht und woher man alles bekommt.
Auswahlkriterien – welches Teleskop für wen?
Die im Teil 3 beschriebenen verschiedenen Teleskoparten haben alle ihre Vor- und Nachteile und keine ist absolut besser als alle anderen.
Linsenfernrohre sind einfach in der Anwendung, teuer in der Anschaffung (pro Zoll Öffnung) und damit kleiner und lichtschwächer als preisgleiche Spiegelteleskope, es gibt sie in günstiger (Achromat), anspruchsvoller (Semi-Apo) und High-End-Ausführung (Apochromat), und sie sind aufwändiger zu montieren (schwere Deutsche Montierung). Sie taugen aber auch problemlos für die Tagesbeobachtung – ein Zenitspiegel liefert ein aufrechtes, seitenverkehrtes Bild, ein Dachkant- oder Porro-Prisma als Zubehör liefern sogar ein aufrechtes, seitenrichtiges Bild. Für den Anfänger empfiehlt sich wenigstens eine Öffnung von 80-100 mm, damit man alle Messier-Objekte aufspüren kann und ein wenig Detail auf den Planeten Mars und Jupiter erkennen. Für die Jagd nach schwachen Nebeln wäre das eher zu klein, da sind 150 mm – 200 mm gefragt.
Newton-Teleskope sind günstige Einstiegsgeräte, an denen man eine Menge lernen kann (z.B. die Kollimation). Man bekommt beim Newton die meiste Öffnung für’s Geld – sei es als kleines Gerät von 120 mm auf Deutscher Montierung oder als 200 mm Dobson. Sie eignen sich am besten für die Jagd nach lichtschwachen Objekten, benötigen dafür aber einen dunklen Himmel, weit außerhalb großer Städte. Wer das Glück hat, einen dunklen Garten benutzen zu können, für den ist der Newton die richtige Wahl. Ein Newton taugt auch zur Planetenbeobachtung, wenn er gut kollimiert ist. Allerdings ist er für die Tageslichtbeobachtung nicht gut geeignet, denn man blickt mit dem Okular auch am Fang- und Hauptspiegel vorbei auf die gegenüberliegende Tubuswand und den Lüftungsschlitz um den Hauptspiegel herum, so dass unfokussiertes Tageslicht ins Blickfeld gelangt, das man als unscharfen Nebel dem Bild überlagert sieht (Tagblindheit des Newton). Beim fotografischen Einsatz muss der Newton parallaktisch montiert werden, und da große Newtons mit Volltubus schwer sind, verlangen sie nach einer massiven Montierung, die teuer und schwer zu transportieren ist. Außerdem haben sie nur einen kurzen Fokussierweg, so dass Spiegelreflexkameras, bei denen der Brennpunkt tief innen auf dem Sensor liegt, nicht immer den Fokus erreichen. Werden zusätzlich Filter oder ein Off-Axis-Guider eingesetzt, kommen noch einmal einige cm Weglänge hinzu. Diese Probleme hat man beim Refraktor nicht. Binokularsätze fürs zweiäugige Beobachten kann man im Allgemeinen auch nicht am Newton verwenden.
Der vielseitigste Allrounder für den Anfänger ist der Cassegrain, im Kleinen idealerweise als Maksutov, im Großen als Schmidt-Cassegrain. Der Cassegrain ist an Portabilität kaum zu schlagen. Es bietet mehr Öffnung als ein Refraktor des gleichen Preises, kann günstig auf einer Gabelmontierung ohne schweres Gegengewicht montiert werden und verträgt Transporte gut, ohne kollimiert werden zu müssen. Für Anfänger empfehlenswert ist eine Öffnung von 4-5 Zoll oder ab 8 Zoll für den ernsthaften Amateur. Die Variante kleines Maksutov mit azimutaler Goto-Montierung bietet sich an, wenn man ein besonders leichtes Gerät wünscht, das man im Rucksack in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Reisen mitnehmen möchte. Man kann das Gerät auch später, wenn man schon ein größeres erworben hat, weiterhin als Reiseteleskop verwenden.
Wer später einmal fotografieren möchte, sollte sich ein äquatorial montiertes Teleskop mit 2-Zoll-Okularanschluss zulegen. Es gibt hier, ebenso wie beim Refraktor, normalerweise keine Probleme mit dem Fokusweg.
Sinnvolles und notwendiges Zubehör
Nun hat man sein Teleskop, bei dem meistens im Lieferumfang ein oder zwei Okulare mit dabei sind, und eine Montierung. Was braucht man noch?
Auf jeden Fall einen Sucher (im Englischen wesentlich optimistischer als finder bezeichnet), sonst wird das Aufsuchen von Objekten zum Frust, selbst mit Goto – man muss ja zunächst die Referenzsterne einstellen. Es gibt einfache Sucher, die nur über eine beleuchtete, ins Blickfeld eingespiegelte Peilvorrichtung verfügen, was zum grob Ausrichten bei Goto reicht – man hat den Stern dann im Blickfeld des Teleskops bei der geringsten Vergrößerung und stellt ihn dort mittig ein, bevor man die Vergrößerung erhöht. Wer auf Goto verzichtet, sollte sich hingegen ein Sucherfernrohr mit 50 mm Öffnung zu legen, damit man die Deep-Sky-Objekte, die man im Teleskop näher betrachten möchte, auch im Sucher findet. 30 mm und weniger sind zu wenig.
Außerdem benötigt man weitere Okulare. Idealerweise staffelt man die Okulare mit einer Brennweitenabstufung von 1:2 oder besser 1:1,5 zwischen der optimalen und der lichtstärksten Vergrößerung. Angenommen, man hat ein Teleskop mit 1,5 m Brennweite und 5 Zoll (125 mm) Öffnung, dann möchte man als optimale Vergrößerung den Durchmesser des Objektivs in mm, das wäre 125-fach. Dazu benötigt man ein Okular mit 12 mm Brennweite, denn Objektivbrennweite / Vergrößerung = Okularbrennweite (also 1500 mm / 125 = 12 mm). Man kann nun staffeln 12 mm – 24 mm – 48 mm oder aber 12 mm – 18mm – 27 mm – 40 mm. Dies ergänzt man noch mit einer günstigen 2-fach Barlow-Linse; eine solche verdoppelt die Brennweite des Teleskops und damit die Vergrößerung, dann kann man auch die extreme Vergrößerung von 2x Öffnung erreichen und hat bei der 1,5er-Staffelung zusätzlich die Zwischenwerte 6 mm – 9 mm – 13,5 mm – 20 mm, bei der 2er-Staffelung kann man sich das 24 mm sparen und hat dann 6 mm – 12 mm – 24 mm – 48 mm.
Am besten kauft man Okulare einer Serie des gleichen Herstellers. Deren Hülsen sind dann meist so bemessen, dass sie alle etwa im gleichen Punkt scharf sind und man muss beim Wechsel kaum nachfokussieren (homofokale Okulare). Wer es sich leisten kann, sollte Weitwinkelokulare kaufen, denn der Anblick durch sie ist spektakulär, ansonsten sind Plössl-Okulare gut und günstig und insbesondere für die Fotografie später zu gebrauchen („afokal” oder „Okularprojektion” – Planetenfotografie benötigt Brennweiten von 4 m und mehr, die man erreichen kann, wenn man zwischen Objektiv und Kamera noch ein Okular einsetzt)
Ein Satz Farbfilter ist empfehlenswert, um mehr Details auf den Planeten erkennen zu können. Diese werden in das normierte Gewinde der Okularhülse geschraubt. Ein Rotfilter zeigt z.B. mehr von der Marsoberfläche, ein Blaufilter zeigt eher die Atmosphäre und, wenn man Glück hat, Wolken des Mars, und er verstärkt den Kontrast der Wolkenbänder des Jupiter. Ein Neutral-Grau-Filter erleichtert das Betrachten des blendend hellen Mondes. Gasnebel profitieren stark von sogenannten Nebelfiltern (LPR, UHC, OIII), die nur diejenigen Lichtwellenlänge durchlassen, in denen solche Nebel leuchten, das Licht der Straßenlaternen jedoch stark abschwächen. Ein solches Filter ist relativ teuer, aber für Städter unbedingt zu empfehlen.
Man sollte allerdings tunlichst die Finger von Okular-Sonnenfiltern lassen, da diese platzen können und man erblinden kann. Jedoch kann man für ein paar Euro im Internet die Baader-Planetarium-Sonnenfilterfolie erwerben, die man mit geringen Bastelkenntnissen in einen Ring aus Pappe spannen kann, der stramm über die Teleskopöffnung gesteckt wird. Die Baader-Folie (Stärke 5 für visuelle Beobachtung) beeinträchtigt kaum die Bildqualität und ist vor dem Teleskop angebracht absolut sicher, selbst mit kleinen Punktierungen, die man problemlos mit einem Stückchen Isolierband abkleben kann.
Besitzer von Refraktoren oder Cassegrains werden sich einen Zenitspiegel zulegen wollen, falls das Teleskop nicht bereits einen im Lieferumfang hatte. Damit wird neben der Schonung des Nackens auch die Tagbeobachtung möglich, weil das Bild aufgerichtet wird (allerdings bleibt es seitenverkehrt).
Wer einen Newton sein Eigen nennt, benötigt Kollimations-Tools. Man kann sie selbst basteln oder kaufen. Im einfachsten Fall reichen ein Röhrchen, das genau in den Okularauszug passt und ein zentrisches Einblickloch hat und ein Taschenspiegel, in den von hinten ein Guckloch eingeritzt wird. Es gibt kommerzielle Kollimationssätze, die mehrere Tools enthalten: ein Rohr mit einem zentralen Guckloch auf der einen und einem Fadenkreuz auf der anderen Seite (Sight Tube) zur Grobjustierung, ein Cheshire-Okular, das einen hellen Ring auf den Hauptspiegel projiziert (beide gibt es oft kombiniert in einem Gerät) und einen Autokollimator, der innen einen kleinen Spiegel senkrecht zur Blickrichtung enthält, zur Feinjustierung. Man braucht nicht unbedingt alle, aber wenigstens das Cheshire-Okular ist empfehlenswert. Weiterhin gibt es Kollimations-Laser, bei denen man die Spiegel so ausrichtet, dass der Lichtpunkt des Lasers im Okularauszug nach der Reflexion an Fang- und Hauptspiegel über den Fangspiegel wieder zur Mitte des Lasers zurückreflektiert wird. Der Laserkollimator ist in der Handhabung am einfachsten, aber man kann mit ihm alleine nicht den Fangspiegel zentrieren und ausrichten. Wenn der Fangspiegel verkippt und verschoben ist, dann ist es am Ende der ganze Strahlengang, auch wenn der Laser wieder perfekt zurückreflektiert wird, deswegen sollte der Laser nur eine zusätzliche Hilfe sein.
Für die Okulare und Filter empfiehlt sich ein Tragekoffer. In Foto-Fachgeschäften findet man Alu-Koffer mit Schaumgummifüllung aus kleinen Würfelchen, die man beliebig herauszupfen kann, um seine Ausrüstung gut gepolstert unterzubringen.
In den Koffer hinein sollte eine Rotlichtlampe. Rotes Licht blendet weniger als weißes. Man kann damit Karten lesen oder Filterbeschriftungen, oder nach auf den Boden gefallenen Kleinteilen suchen. Mit einer normalen Taschenlampe ruiniert man sich hingegen für wenigstens 10 Minuten die Dunkeladaption des Auges.
Vor allem Cassegrains neigen in unseren Breiten zum Beschlagen oder gar Überfrieren, und so sollte man sich eine Taukappe basteln, die über das Teleskop gestülpt wird. Eine Moosgummimatte, etwas Klettband mit Klebestreifen und fertig ist die Taukappe. Sie sollte mindesten 1,5-mal so lang sein wie die Öffnung des Teleskops durchmisst. Praktisch vor allem im Winter, aber nicht unbedingt vonnöten ist eine Teleskopheizung, ein Heizkabel, das man vorne um das Teleskop (oder beim Newton hinten um den Hauptspiegel) herum wickelt. Dieses erwärmt die Optik gerade so weit, dass sie nicht beschlägt. Man sollte dabei auf eine geregelte Heizung achten, die nicht in kürzester Zeit die Batterie leer saugt und damit die Beobachtungsnacht vorzeitig beendet.
Apropos Batterie: Wenn man nicht nur im elektrifizierten Garten beobachten möchte oder den Zigarettenanzünder des Autos anzapfen, dann bieten sich Bleigel-Akkus an. Diese können (anders als günstigere Blei-Säure-Akkus) nicht aus- oder überlaufen (was beim Laden passieren kann) und man verätzt sich nicht seinen Teppich. Es gibt sie mit recht hoher Kapazität (10-15 Ah sollten es schon sein). Dazu benötigt man ein geregeltes Ladegerät, welches das Laden am Ende abbricht, bevor der Akku überhitzt. Man muss dann nur noch eine 12V-Auto-Anschlussbuchse mit Kabeln an den Batteriekontakten anklemmen oder -löten. Und schon ist man von der Steckdose unabhängig. Meistens sind die elektrischen Teile des Teleskops bereits mit Zigarettenanzünder-Steckern ausgestattet.
Schließlich sollte man sich unbedingt Kartenmaterial besorgen, um sich am Himmel zurecht zu finden und ein grobe Idee zu haben, wo man Referenzsterne findet oder welches Objekt ungefähr wo steht. Für den Anfang zu empfehlen ist eine drehbare Sternkarte, die einem ganz grob den gerade sichtbaren Himmel zeigt. Dazu muss man eine drehbare Horizontscheibe so verdrehen, dass an der Seitenskala die aktuelle Uhrzeit auf das jeweilige Datum gestellt wird. Damit findet man die wichtigsten Sternbilder. Um Objekte wie Nebel oder Galaxien innerhalb der Sternbilder zu finden, empfiehlt sich ein Himmelsatlas, ein Astronomie-Jahrbuch oder neuerdings eine Astronomie-App für das Smartphone oder Tablet.
Woher nehmen und nicht stehlen?
Bevor man kauft, sollte man sich zunächst schlau machen.
Es gibt viele Optiker, die Brillen und gelegentlich auch Feldstecher anbieten, aber nur wenige, die sich mit Teleskopen auskennen und auch diese verkaufen. Wer einen solchen in der Nähe hat, kann sich dort beraten lassen. Ansonsten ist es empfehlenswert, den lokalen Astronomie-Verein zu besuchen oder gleich Mitglied zu werden. Man kann dort sehr viel Erfahrung mitnehmen und bei Beobachtungsabenden auch mal durch das eine oder andere Teleskop schauen.
Wer keinen Verein in der Nähe hat, kann seine Fragen in ein Internet-Forum wie Astronomie.de oder Astrotreff.de stellen und dort eine Menge über Teleskope lernen.
Ebenfalls empfehlenswert sind Verkaufsmessen, beispielsweise der Amateur-Tausch-Treff, der jeden Mai in Essen stattfindet. Man kann dort die unterschiedlichsten Geräte begutachten, mit erfahrenen Händlern oder Amateuren reden, oder Schnäppchen machen.
Wenn man genau weiß, was man haben möchte, dann kann man sein Gerät beim Online-Händler im Internet bestellen. Dort erzielt man oft den geringsten Preis und dank 14tägigem Rückgaberecht bei Internetgeschäften ist das Risiko gering.
Es muss aber nicht immer „neu” sein. Optik verschleißt nicht, wenn man sie sorgsam behandelt. Teleskope halten ein Leben lang. Im Astronomie.de Biete-Forum oder beim Astrotreff-Markt werden immer wieder Teleskope und Zubehör für 2/3 des Neupreises oder weniger angeboten. Dort findet man übrigens auch Inserate von Online-Händlern. Wer Geduld hat, kann sich dort seine Traumausrüstung zusammenstellen – und wieder loswerden, falls der innere Schweinehund am Ende doch lieber den Abend auf dem Sofa verbringen möchte…!
So, nun verbleibt mir nur noch, den interessierten Neu-Astronomen viel Spaß beim Shoppen und „Clear Skies” beim Beobachten zu wünschen!
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