Das liegt an Plutos Atmosphäre. Es mag vielleicht überraschend erscheinen, das ein kleiner Himmelskörper wie Pluto überhaupt eine Atmosphäre hat. Aber natürlich darf man dabei nicht an eine “Lufthülle” wie auf der Erde denken. Plutos Atmosphäre ist enorm dünn und der Druck am Boden beträgt dort nur etwa 1 Pascal; ist also mehr als hunderttausend Mal schwächer als auf der Erde. Und dann ist Plutos Oberfläche nicht nur von Eis bedeckt. Pluto besteht zu einem Großteil aus Eis! Er besitzt einen Kern aus Fels, der von einem dicken Mantel aus Wassereis bedeckt ist über den sich eine dünnere Kruste aus gefrorenem Stickstoff legt. Und dieses gefrorene Eis kann teilweise ausgasen: Es entkommen also ständig Stickstoffmoleküle (und auch Kohlemonoxid) und bilden die Atmosphäre des Pluto. Da Pluto so klein ist, kann er diese Atmosphäre aber nicht dauerhaft halten und sie entweicht langsam ins All.
Wissenschaftler schätzen, dass Pluto so im Laufe seines Lebens schon eine Schicht aus Sticktstoffeis verloren hat, die einige Kilometer dick ist. Dadurch sind aber logischerweise auch viele Krater verschwunden, die Asteroiden in dieser Eisschicht geschlagen haben. Dazu kommen die speziellen Eigenschaften von Stickstoffeis, das bei weitem nicht so fest ist, wie zum Beispiel Felsgestein. Das Eis fließt und die Krater füllen sich dort im Laufe der Zeit von selbst wieder an. Sie werden kleiner und weniger tief und täuschen so einen kleineren Einschlag vor, als tatsächlich stattgefunden hat.
Alan Stern und seine Kollegen haben all diese Effekte in ihrer Arbeit berücksichtigt und gezeigt, dass die Verteilung der Krater auf Pluto kein gutes Maß zur Bestimmung der Größenverteilung der Kuiper-Asteroiden sein kann. Das verschwindende Eis und die sich langsam wieder auffüllenden Krater verzerren das Bild zu stark. Man würde nur dann gute Informationen daraus ableiten können, wenn das Stickstoffeis nicht mehr als eine wirklich sehr dünne Schicht über dem darunterliegenden Wassereismantel ist. Aber ob das so ist, weiß man noch nicht. Glücklicherweise zeigen die Astronomen das Problem nicht nur auf, sondern liefern auch gleich eine mögliche Lösung. Denn New Horizons wird nicht nur Pluto beobachten, sondern auch seinen Mond Charon.
Charon ist kleiner als Pluto und die Beobachtungen zeigen im Gegensatz zu Pluto keine Anzeichen für eine Atmosphäre. Seine Oberfläche besteht vermutlich auch hauptsächlich aus Wassereis und nicht aus Stickstoffeis wie bei Pluto. Es gibt dort also keine Erosion durch atmosphärisches Ausgasen und es ist auch nicht damit zu rechnen, dass fließendes Eis die Krater wieder auffüllt. Die Krater auf Charon geben also (hoffentlich) ein unverfälschtes Bild der im Laufe der Zeit stattgefundenen Einschläge wieder. Vergleicht man die Verteilung der Krater auf Charon mit der auf Pluto, kann man herausfinden, wie die Größenverteilung der Kuipergürtel-Asteroiden wirklich aussieht und aus dem Ausmaß der Unterschiede auch Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der oberen Schichten des Plutos ziehen.
Am 6. Dezember 2014 ist New Horizons aus ihrer Hibernationsphase aufgewacht. Im Juli 2015 wird sie in wenigen tausend Kilometern Entfernung an Pluto und Charon vorbeifliegen. Wir werden endlich Bilder bekommen; schöne Bilder! Aber eben nicht nur schöne Bilder, sondern auch Unmengen an wissenschaftlichen Informationen, die uns die Geschichte unseres Sonnensystems besser verstehen werden lassen!
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