Vorgestern habe ich über das destruktive Ende der Raumsonde “Venus Express” in der Atmosphäre unseres Nachbarplaneten berichtet. Aber nicht jedes Raumfahrzeug wird am Ende seiner Karriere zerstört. Manche bekommen eine zweite Chance – zum Beispiel der Wide-Field Infrared Survey Explorer (WISE). 2009 und 2010 hat dieses Weltraumteleskop der NASA den Himmel im Infrarotlicht durchsucht und dabei jede Menge wichtige Daten gesammelt. Aber um Infrarot-Strahlung registrieren zu können, muss das Teleskop selbst sehr kühl sein. Und wenn das Kühlmittel aufgebraucht ist, dann ist die Mission zu Ende. Zumindest, was die Infrarotbeobachtung angeht; bei anderen Wellenlängen können unter Umständen immer noch brauchbare Daten gesammelt werden. Deswegen hat WISE im Oktober 2010 seine zweite Karriere als NEOWISE (“Near-Earth Object WISE”) begonnen; mit der speziellen Aufgabe, das Sonnensystem nach erdnahen Asteroiden und Kometen zu durchsuchen. Auch das hat das Teleskop wunderbar erledigt und uns viel Neues über die Felsbrocken im All beigebracht. Im Februar 2011 war aber dann nicht nur das Kühlmittel verbraucht, sondern auch das für die Mission zur Verfügung stehende Geld. NEOWISE wurde in einen Ruhezustand geschickt – und im August 2013 wieder aufgeweckt! Es stand nun Geld für weiter drei Jahre Asteroidenforschung zur Verfügung und nach dem alle Vorbereitungen abgeschlossen wurden, begann diese dritte Leben des Weltraumteleskops im Dezember 2013. Kürzlich wurden nun die Ergebnisse des ersten Jahres der re-reaktivierten Mission zusammengefasst.
NEOWISE hat im letzten Jahr 40 neue erdnahe Objekt entdeckt (darunter auch drei Kometen) und untersucht. Außerdem hat man 245 schon vorher bekannte erdnahe Objekte untersucht (darunter 32 Kometen, inklusive 2014 Q2 Lovejoy). Auch das ist eine wichtige Aufgabe, denn je mehr Beobachtungen zur Verfügung stehen, desto besser kann man die Bahn bestimmen und herausfinden, ob einer der kleinen Himmelskörper in der Zukunft mit einem der Planeten kollidieren wird. Außerdem will man ja nicht nur wissen, WO die Asteroiden herumfliegen, sondern auch WAS das für Objekte sind. Dazu muss man nicht nur ihre Position bestimmen, sondern auch zum Beispiel ihre Helligkeit und deren Veränderung untersuchen (was Rückschlüsse auf ihre Größe und Form zu lässt).
Die Arbeit von NEOWISE wurde auch in einem Video zusammengefasst:
Die Punkte in dem Video zeigen alle Asteroiden und Kometen, die NEOWISE beobachtet hat. Grün sind Asteroiden und Kometen, die der Sonne bis auf den 1,3fachen Abstand zwischen Erde und Sonne nahe kommen. Kometen sind gelb und die restlichen, schon bekannten Asteroiden sind grau. Außerdem sind die Bahnen von Merkur, Venus, Erde und Mars eingezeichnet.
Im Video sieht man schön, dass NEOWISE immer genau in die Richtung blickt, die im rechten Winkel zur Linie Erde-Sonne steht. Das ermöglicht es dem Teleskop, Himmelskörper zu entdecken, die besonders nahe an unserem Planeten vorbei fliegen. So ein Vorbeiflug steht demnächst wieder an; der Asteroid der sich am 26. Januar 2015 der Erde nähern wird, wurde aber in diesem Fall nicht von NEOWISE entdeckt, sondern schon im Jahr 2004 vom Suchprogramm LINEAR.
2004 BL86 ist vergleichsweise groß: Sein Durchmesser liegt zwischen 440 und 1000 Metern (und das man es nicht genauer weiß, zeigt wieder einmal, wie wichtig eine genaue Beobachtung der Asteroiden ist). Würde er auf der Erde einschlagen, gäbe es auf jeden Fall eine große Katastrophe und wenn der Asteroid wirklich einen vollen Kilometer groß ist, könnte es durchaus auch eine globale Katastrophe sein. Aber es gibt keinen Grund, in Panik zu verfallen: 2004 BL86 wird in einem komfortablen Sicherheitsabstand an der Erde vorbei fliegen. Wenn er am 26. Januar 2015 um 17:20 MEZ seinen erdnächsten Punkt erreicht, wird er immer noch 1,2 Millionen Kilometer entfernt sein (das ist mehr als der dreifache Abstand des Mondes von unserem Planeten). Sehen wird man aber auch dann nichts von ihm. Nicht mit bloßem Auge und auch nicht mit einem normalen Fernglas. Man braucht schon ein halbwegs gutes Teleskop und muss genau wissen, wann und wo man es auf den Himmel richten muss, um den schnell vorbeihuschenden Lichtpunkt sehen zu können.
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