Die Entdeckung von Planeten bei anderen Sternen ist mittlerweile schon normal geworden. Das alleine ist schon erstaunlich genug, wenn man bedenkt, dass der erste dieser extrasolaren Planeten erst vor 20 Jahren entdeckt worden ist! Mittlerweile finden die Astronomen sie aber fast täglich und wir wissen, das Planeten ein völlig normaler Bestandteil des Universums sind. Aber je mehr Planeten wir tatsächlich finden, desto größer ist auch die Chance, dass ein paar wirklich interessante Exemplare darunter sind. Die Entdeckung einer echten “zweiten Erde” steht zwar immer noch aus, aber das, was Wissenschaftler kürzlich gefunden haben, ist nicht weniger spektakulär: Einen Stern mit fünf Planeten, die 11 Milliarden Jahre alt sind!
Gefunden hat diese Planeten das Weltraumteleskop Kepler und deswegen heißt der Stern auch Kepler-444. Er ist 117 Lichtjahre von der Sonne entfernt und damit quasi in unserer Nachbarschaft. Die Planeten haben die Namen Kepler-444b, Kepler-444c, Kepler-444d, Kepler-444e und Kepler-444f und sind alle kleiner als die Erde. Sind sind auch alle weit davon entfernt, in irgendeiner Form tatsächlich erdähnlich zu sein: Sie umkreisen ihren Stern in sehr geringer Distanz. In unserem Sonnensystem würden sich alle fünf weit innerhalb der Bahn des sonnennächsten Planeten Merkur befinden. Eine Umkreisung ihres Sterns schaffen die neu entdeckten Planeten alle in weniger als 10 Tagen.
Diese Nähe bedeutet natürlich auch, dass auf ihnen sehr hohe Temperaturen herrschen. Lebensfreundliche Bedingungen wie auf der Erde herrschen dort also definitiv nicht. Der Stern selbst ist ein sogenannter K-Zwerg und ein wenig kleiner und kühler als die Sonne. Dafür ist er aber deutlich älter! Unsere Sonne ist knapp 4,5 Milliarden Jahre alt; Kepler-444 dagegen hat schon 11 Milliarden Jahre auf dem Buckel. Das hat man mit einer Technik namens Asteroseismologie herausgefunden, die ich hier genauer erklärt habe. Im Wesentlichen geht es dabei darum, die Schwingungen eines Sterns zu beobachten. Der ist ja kein Festkörper, sondern eine große Kugel aus Gas und all die Materieströme und Kernreaktionen in seinem Inneren bringen den Stern zum Schwingen. Die Art und Weise der Schwingungen hängen unter anderem davon ab, wie heiß der Stern ist, wie groß er ist, wie er zusammengesetzt ist, wie schwer er ist und auch davon, wie alt er ist. Es ist ziemlich schwierig, die Schwingungen eines Sterns genau genug zu beobachten, um all diese Eigenschaften daraus abzuleiten und man muss lange und viele Daten sammeln. Deswegen macht man das auch nicht bei allen Sternen – in diesem Fall aber hat es sich gelohnt und man herausgefunden, dass Kepler-444 11 Milliarden Jahre alt ist. Mehr als doppelt so alt wie unsere Sonne ist er nur 3 Milliarden Jahre nach dem Urknall selbst entstanden.
Planeten entstehen nach allem was wir bis jetzt wissen immer gemeinsam mit ihren Sternen und es ist daher davon auszugehen, dass auch sie so alt sind. Was kann man aus dieser Entdeckung folgern? Viel – und vor allem kann man sehr viel spekulieren. Zuerst einmal zeigt diese Beobachtung, dass Planeten nicht nur jetzt sehr häufig im Universum sind, sondern es schon immer gewesen sein müssen. Wenn Kepler-444 so alte Planeten haben kann, dann gibt es keinen Grund anzunehmen, warum andere alte Sterne das nicht auch können. Das Universum war also schon recht früh nach seiner Entstehung in der Lage, Planeten hervorzubringen. Das ist nicht unplausibel, denn wir wissen ja, dass die allerersten Sterne enorm groß waren und darum auch enorm heiß waren. Sie haben ihren Brennstoff schnell verbraucht und ihr Leben schnell beendet. Und da die schweren Elemente, aus denen kleine, felsige Planeten wie die von Kepler-444 bestehen in genau diesen ersten Sternen erzeugt wurden, waren sie auch schon früh im Universum vorhanden. Aber je älter das Universum, desto mehr schwere Elemente und desto größer die Chance auf die Entstehung entsprechender Planeten. Kepler-444 zeigt uns nun aber, dass die Bedingungen auch früher schon ausgereicht haben müssen, um solchen Planeten hervorzubringen.
Natürlich werden sich nun alle fragen, was das für Auswirkungen auf die Suche nach außerirdischem Leben hat. Das kommt darauf an, wie man argumentieren möchte… Wenn Planeten nicht nur überall im Universum zu finden sind, sondern auch immer schon überall zu finden waren, dann erhöht das natürlich rein statistisch die Chancen, dass sie auf einem davon Leben entwickeln kann. Da wir aber immer noch nicht wissen, wie hoch die Chancen überhaupt sind, damit irgendwo Leben entstehen kann, hilft uns das leider momentan nicht weiter. Noch schlechter sieht es aus, wenn man die Frage auf die Existenz von intelligentem Leben einschränkt. Hier bekommt man wieder einmal Schwierigkeiten mit dem “Fermi-Paradoxon” (siehe hier), also der Frage, warum wir nichts davon bemerken, wenn die Milchstraße voll mit intelligenten Lebewesen ist. Diese Frage wird nur noch verschärft, wenn wir nun berücksichtigen müssen, dass etwaige intelligente Aliens auch schon ein paar Milliarden Jahre lang Vorsprung haben können. Wo sind sie alle und wieso bemerken wir nichts von ihnen, wenn sie angeblich überall sind und nun auch noch immer schon überall waren? Die Entdeckung der alten Planeten von Kepler-444 scheint eher darauf hinzudeuten, dass die Entwicklung von intelligentem nicht sehr häufig ist.
Aber das sind vorerst nur Spekulationen. Wir müssen noch mehr Planeten suchen und mehr Daten sammeln. Und bei Kepler-444 gibt es noch jede Menge zu erforschen. Die Planeten könnten zum Beispiel aus einer anderen Galaxie stammen! Ich habe früher schon über die Möglichkeit von extragalaktischen Planeten geschrieben (zum Beispiel hier, und vor allem hier). Kepler-444 ist Teil eines sogenannten “Sternstroms”, also einer Gruppe von Sternen, die Überreste einer ehemaligen kleinen Galaxie sind, die vor langer Zeit mit unserer Milchstraße verschmolzen ist. Die starken Gravitationskräfte bei der Begegnung der beiden Galaxien haben die kleinere der beiden auseinander gerissen und ihre Sterne bilden nun nur noch eine langezogene Gruppe innerhalb der Milchstraße. Kepler-444 ist Teil des Arkturus-Sternstroms entstand mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in unserer Milchstraße sondern in der Zwerggalaxie, die vor langer Zeit bei der Kollision mit unserer Galaxis zerstört wurde.
Die fünf alten Planeten von Kepler-444 sind eine faszinierende Entdeckung. Der mit Sicherheit aber noch viele weitere noch faszinierendere Entdeckungen folgen werden! Wir haben gerade erst angefangen, die extrasolaren Planeten zu verstehen und die zukünftigen Weltraumteleskope und die geplanten Riesenteleskope auf der Erde werden noch viel mehr von ihnen finden und sie viel besser verstehen. Ich habe keine Ahnung, welche beeindruckenden Eigenschaften das nächste spektakuläre Planetensystem haben wird, das die Astronomen entdecken. Aber sie WERDEN beeindruckend und spektakulär sein und uns erlauben, das Universum und unsere Rolle darin besser zu verstehen als zuvor.
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