Planck hat nun (unter anderem) die E-Moden so detailliert beobachtet wie nie zuvor. E-Moden entstehen, wenn die kosmische Hintergrundstrahlung durch Atome in heißem Plasma polarisiert werden. Also genau die Situation, die bei der Entstehung der Hintergrundstrahlung geherrscht hat: Die damals noch freien Elektronen haben das Licht beeinflusst und ihm eine Polarisation aufgeprägt. Danach war aber erst mal Ruhe; die freien Elektronen haben sich mit den Atomkernen verbunden und das Licht sich ausbreiten lassen. Das dunkle Zeitalter hatte begonnen und irgendwann lange später sind die ersten Sterne entstanden. Aber wann? Genau das ist die kritische Frage! Bis jetzt dachte man, dass das etwa 450 Millionen Jahre nach dem Urknall der Fall war. Es exakter zu bestimmen, ist schwierig – es sei denn, man hat die detaillierten Polarisationsdaten, die Planck nun geliefert hat!
Denn als die ersten Sterne entstanden waren, konnte deren energiereiche Strahlung die freien Atome im Universum wieder in Atomkerne und Elektronen aufspalten! Es gab nun also wieder freie Elektronen, an denen die kosmische Hintergrundstrahlung nun ein zweites Mal polarisiert werden konnte! Nicht mehr im gleichen Ausmaß wie zuvor, aber immer noch so, dass es in späteren Analysen auffällt. Genau diese Analysen haben die Wissenschaftler des Planck-Teams durchgeführt und dabei festgestellt, dass das dunkle Zeitalter etwa 100 Millionen Jahre länger gedauert hat, als bisher angenommen! Die ersten Sterne des Universums haben ihr Licht ungefähr 550 Millionen Jahre nach dem Urknall angeknipst.
Damit konnten nun auch einige Unklarheiten über den Zustand des frühen Universums geklärt werden, die Astronomen bisher verwirrt haben. Aus optischen Beobachtungen mit großen Teleskopen hatte man schon einen groben Überblick über die frühesten Galaxien im Kosmos gewonnen. Aber die Daten zeigten, dass es damals eigentlich noch nicht genug Strahlung der Sterne geben hätte können, um das dunkle Zeitalter schon nach 450 Millionen Jahren zu beenden, was ja aus den alten Untersuchungen früherer Vermessungen der Hintergrundstrahlung gefolgt war. Mit den neuen Planck-Daten passt nun alles wieder zusammen!
Die neuen Polarisationsmessungen sind aber bei weitem nicht das alles, was Planck geliefert hat. Aus einer Untersuchung des schon weiter oben erwähnten Gravitationslinseneffekts konnte man die Verteilung der Materie im frühen Universum bestimmen und so eine Karte erstellen, die zeigt, wo es im frühen Universum dunkle Materie gab; man hat den Effekt der dunklen Energie vermessen und den Einfluss von Magnetfeldern im Kosmos. Man hat den Staub in unserer eigenen Galaxie katalogisiert, was zukünftige Beobachtungen viel einfacher machen wird, weil man nun genau weiß, wo viel und wo wenig störender Staub zu finden ist.
Planck hat außerdem einen großen Katalog von fernen Galaxien erstellt, die aus der Analyse des sogennanten Sunyaev-Zel’dovich-Effekts (den ich hier ausführlich erklärt habe) stammen. Auch hier geht es darum, wie die kosmische Hintergrundstrahlung bei ihrer Ausbreitung durch die Anwesenheit großer Mengen von Materie beeinflusst wird.
Es ist kaum möglich, alle Erkenntnisse von Planck in einen einzigen Artikel zu packen. Die Wissenschaftler haben gleich 28 wissenschaftliche Fachartikel veröffentlicht (bzw. werden das in den nächsten Wochen noch tun) und sie sind alle vollgepackt mit Zahlen, Daten und Diagrammen.
“Die Ernte unserer Entdeckungen hat gerade erst begonnen”, sagt der Planck-Wissenschaftler Jan Tauber und er sagt in einem Interview noch etwas sehr interessantes:
“Was ich an dieser Mission am faszinierensten finde ist, dass man durch ein so simples Phänomen wie die kosmischen Hintergrundstrahlung so viel Informationen über den Ursprung und die Entwicklung unseres sehr komplexen Universums gewinnen kann.”
Ja, das ist allerdings enorm faszinierend! Und fast noch faszinierender ist für mich die Tatsache, dass wir Menschen überhaupt in der Lage sind, etwas über diese unvorstellbar weit in der Vergangenheit liegenden Phasen des Universums herausfinden können! Ich finde das immer wieder beeindruckend. Seit Jahrtausenden blicken wir Menschen von unserem kleinen Planeten aus hinauf in den Himmel. Und jedes Mal, wenn wir das tun, lernen wir dabei etwas über die grandiose Geschichte des komplexen Universums in dem wir leben! Der Blick in den Himmel hat Religionen begründet und vergehen lassen, hat Weltbilder entstehen lassen und wieder gestürzt. Der Blick in den Himmel hat uns gezeigt, woher wir kommen, wohin wir gehen und welche Rolle wir im Universum einnehmen. Der Blick in den Himmel hat sich gelohnt und wird sich auch in Zukunft lohnen!
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