it1

Und dieses Ergebnis setzen wir nun als neuen Startwert ein:

it2

Und so weiter:

CodeCogsEqn

Ich spare mir jetzt das ausführliche Aufschreiben der Formel und zeige euch nur noch die Ergebnisse:

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Und jetzt spare ich mir auch noch das weiterrechnen, denn ich mache es derzeit so wie May damals und tippe das selbst alles händisch in den Taschenrechner. Aber man sieht deutlich, dass sich die Werte immer mehr annähern und vermutlich irgendwann in der Nähe von x=0,6 landen werden. Irgendwann werden wir einen Attraktor erreicht haben; einen Fixpunkt also, bei dem dann der neue Wert von x gleich dem alten ist, wenn man die Formel ausrechnet. Und das gilt für jeden Startwert: Hätte ich in dem Rechenbeispiel vorhin nicht mit x=0,5 sondern mit x=0,1 oder irgendeiner anderen Zahl begonnen, wäre ich am Ende trotzdem wieder in der Nähe von 0,6 gelandet.

Dieses Ergebnis war in etwa auch das, was man sich erwartet hat. Die Größe einer Population sollte sich irgendwann stabilisieren und an die äußeren Bedingungen angepasst haben. Aber ein genauerer Blick auf die Formel zeigte Komplikationen. Setzt man als Wert für den Wachstumsparameter r eine Zahl ein, die größer als 3 ist, dann gab es keinen Fixpunkt mehr. Würde man das gleiche Spiel wie vorhin mit r=3,1 spielen und alles durchrechnen, dann gäbe es keine einzige Zahl, an die sich x immer weiter annähert. Man würde beobachten, wie der Wert für x irgendwann immer zwischen zwei Zahlen hin und her springt! In der biologischen Interpretation würde das bedeuten, dass sich die Größe der Population nicht irgendwann bei einer bestimmten Zahl von Individuen einpendelt, sondern von Jahr zu Jahr zwischen zwei bestimmten Werten hin und her wechselt. Im einen Jahr wäre x ungefähr gleich 0,5; im nächsten Jahr dann ungefähr gleich 0,7. Dann folgt wieder ein Jahr mit x~0,5 und im nächsten sind es wieder 0,7. Und so weiter.

Das war schon seltsam genug. Aber als May noch mehr Werte für r ausprobiert hat, fand er, dass x irgendwann nicht mehr zwischen zwei Zahlen wechselt, sondern vier. Und dann zwischen acht. Und irgendwann gab es überhaupt kein Muster mehr und die Zahlen wechselten völlig unvorhersagbar zwischen 0 und 1 hin und her. Das ganze war enorm verwirrend – aber zumindest konnte man damit ein schönes Bild zeichnen, das in der Chaosforschung fast so berühmt ist, wie der Lorenz-Attraktor aus dem letzten Artikel. So sieht es aus:

Das ist das sogenannte “Bifurkationsdiagramm der logistischen Gleichung”. Auf der x-Achse ist der Wert für den Wachstumsparameter r aufgetragen und auf der y-Achse die Werte für x, bei denen man mit der logistischen Gleichung am Ende landet. Zuerst bekommt man für jeden Wert von r immer nur einen Fixpunkt. Dann sind es auf einmal zwei, die sich nochmal aufspalten und vier werden, dann acht, und so weiter. Die Perioden verdoppeln sich immer schneller, bis irgendwann das völlige Chaos ausbricht!

Aber wer genau schaut, wird etwas überraschendes entdecken: In der Nähe von r=3,8 scheint wieder etwas Ordnung einzukehren. Das Chaos zieht sich zurück und plötzlich kriegt man dort wieder nur eine periodische Lösung von wenigen Zahlen, zwischen denen die logistische Gleichung hin und her springt. Und tatsächlich sieht eine Vergrößerung dieses Bereichs so aus:

Die Vergrößerung des Ausschnitts sieht (fast) so aus wie das Original. Im Ausschnitt erkennen wir die gleiche Abfolge von Fixpunkten, Periodenverdoppelung und Chaos. Und im Chaos ein weiteres Fenster mit periodischen Fixpunkten… Ihr könnt euch gerne selbst ein Computerprogramm schreiben, das diese Bilder zeichnet (oder dieses Online-Programm nutzen) und werdet feststellen, dass man tatsächlich immer weiter Ausschnitt für Ausschnitt vergrößern kann und dabei immer wieder auf das gleiche Bild stoßen wird.

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Kommentare (13)

  1. #1 AP
    11. Februar 2015

    Wenn man r als Wachstumsparameter bezeichnet, kann er nicht negativ sein. Dann müsste man sagen: ist er kleiner als 1, sinkt die Population …. etc.

  2. #2 Florian Freistetter
    11. Februar 2015

    @AP: “Wenn man r als Wachstumsparameter bezeichnet, kann er nicht negativ sein.”

    Und was ist mit negativem Wachstum? So wird das Ding halt genannt…

  3. #3 Earthshaker
    11. Februar 2015

    @FF: Es ging AP bestimmt um den beschreibenden Text zur ersten Gleichung, wo steht, dass bei negativem “r” die Population kleiner würde. Dort müsste doch in der Tat stehen, dass “0 kleiner r kleiner 1 ” zu sinkender Population führt. Ein negativer Wert von r würde ja zu zu einem negativen Wert für x_neu führen, was bestimmt unsinnig ist.

  4. #4 AP
    11. Februar 2015

    Wenn man r &lt 1 als negativ bezeichnet, ist alles ok. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass das vielleicht nicht mit dem üblichen Begriff “negativ” zusammenfällt.

  5. #5 robsn
    11. Februar 2015

    Hab das ganze mal in eine Excel-Tabelle getan – mit r= 2,5 ist man ab dem 27. Zyklus tatsächlich bei glatten 0,6.

    r=4 hingegen führt zum sofortigen Weltuntergang. =)

  6. #6 Johannes
    11. Februar 2015

    Ist der Wachstumsparameter positiv, dann wächst die Population; ist sie negativ, dann sinkt die Zahl der Individuen.

    Ich denke auch, dass der Satz so nicht richtig ist. Wenn Du in der angegebenen Formel r negativ machst, bekommst Du für das nächste Jahr eine negative Population, was nicht sinnvoll ist.

    Das Problem entsteht meiner Meinung nach weil r nicht wirklich ein Wachstumsparameter ist. Man sollte r besser ersetzen durch den Ausdruck 1 – r’. Dann hättest Du tatsächlich einen Wachstumsparameter r’, der auch negativ werden kann.

    Liebe Grüße
    Johannes

    PS: Ist wie bei der Zinsrechnung: Wenn Du 5% Zinsen bekommst, musst Du Deinen Kontostand auch mit (1+5%=1,05) multiplizieren und nicht mit 0,05.

  7. #7 Florian Freistetter
    11. Februar 2015

    @AP:Sorry, das habe ich dann missverstanden und du hast recht. Ich korrigiere das.

  8. #8 Alderamin
    11. Februar 2015

    @robsn

    r=4 hingegen führt zum sofortigen Weltuntergang. =)

    Aber nur mit Startwert x0=0,5 (oder 0 oder 1,0, die bei jedem r zum Weltuntergang führen).

  9. #9 robsn
    11. Februar 2015

    @Alderamin: Hast recht – logisch. Aber so ein r wird sich wohl für jeden Startwert finden lassen(?).

    Das Phänomen an sich ist aber wirklich interessant. Macht Spaß mit den Werten zu spielen.

    Bin gespannt, wie die Serie weitergeht. Die ersten beiden Artikel waren wirklich mal wieder ein Highlight für Laien wie mich.

  10. #10 Alderamin
    11. Februar 2015

    @robsn

    Bin gespannt, wie die Serie weitergeht.

    Ich tippe mal auf Apfelmännchen 😉

    Während meiner Studienzeit waren die total hip. Wir haben unsere alten Kisten (Apple ][, Amiga, Atari) nächtelang gequält, um 200 Iterationen tiefe Bilder zu rechnen. Vor 10 Jahren habe ich mir dann ein flottes Programm für den Pentium vom Netz runtergeladen, da konnte man schon live in das Bild zoomen. Geht sicher heute zusätzlich noch in 3D.

  11. #11 kdm
    11. Februar 2015

    Ich vermisse seit geraumer Zeit die lustigen Beiträge zu spinnerten Esoterikern, kümmert sich jetzt jemand anders um die?
    …denn die werden ja ihre Religionen nicht aufgegeben haben, denn jede Generation fängt immer neu an, nichts zu wissen und man muss von einer zyklischen Verblödung ausgehen, die von Generation zu Generation wiederkehrt.
    Also, wo werden sie jetzt abgewatscht?

  12. #12 Florian Freistetter
    11. Februar 2015

    @kdm: “Also, wo werden sie jetzt abgewatscht?”

    Sorry wenn ich in nem Wissenschaftsblog auch über Wissenschaft schreibe… Und “abwatschen” muss man niemanden, auch nicht Esoteriker. Kritisieren, ja. Und das tue ich auch – aber es bringt nix, zum 100ten Mal zu erklären, das Homöopathie oder Astrologie Unsinn ist. Das habe ich schon oft genug gemacht und so viel hat sich am Status Quo nicht geändert. Aber wenn sich kritikwürdiges zuträgt, dann werde ich das mit Sicherheit auch kritisieren. In der Zwischenzeit kann ich dich auf mein Blog beim Standard verweisen, dass sich ganz der Kritik der Irrationalität widmet. Hier sind die Infos: https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2014/11/13/so-ein-schmarrn-ein-neues-blog-ueber-esoterik-und-pseudowissenschaft/

  13. #13 Hans
    26. Februar 2015

    In der Vergrösserten Version des Diagramms sind auch solche Wellenlinien erkennbar, die mich zum Teil an Schwingungen, zum Teil aber auch an ballistische Kurven erinnern, obwohl beides nicht zutrift. Aber wie kommen die zustande, bzw. was hat es damit auf sich?