Das aktionistische Künstlerkollektiv Peng! hat die Leute bei Astro TV verarscht. Verkleidet als Clown hat ein Mitglied des Kollektivs die Live-Sendung “Leichter Leben” des Esoterik-Senders besucht und sich dort als “Astroheiler” ausgegeben. Beraten von Hamburgern Skeptikern hat er die richtigen esoterischen Buzzwords verwendet um bei der Erklärung seiner Tätigkeit nicht weiter aufzufallen. So lange zumindest, bis er seine Fähigkeiten live demonstrieren sollte. Bei dieser Demonstration handelte es sich um eine “Karmareinigung”, bei der ein fiktives Ei über dem Kopf des Moderators zerschlagen werden sollte. Nur war dieses Ei dann doch eben nicht fiktiv sondern echt, und während ihm die Glibsche über das Gesicht lief, rief der falsch Astroheiler “Wir finden, Astro TV sollte die Sendelinzenz entzogen werden!” und nannte die Internetadresse der Aktion.
Ich bin mir nicht absolut sicher, was ich von dieser Aktion halten soll. Ich stimme den Aktionisten auf jeden Fall zu: Astro TV ist nicht so harmlos, wie man denken möchte. Esoterik und Astrologie sind nicht einfach nur harmlose Spielereien, die niemandem schaden. Es steht natürlich jedem frei, sich nach Belieben verarschen zu lassen und wer sein Geld unbedingt bei Astrologen & Co ausgeben will, soll das tun. Aber einerseits sind es ja nicht nur die Esoteriker selbst, die hier ihr eigenes Geld auf ihren eigenen Wunsch hin ausgeben. Der Esoterik-Unsinn macht sich überall in der Gesellschaft breit und wenn dann zum Beispiel das Arbeitsamt Astrologiekurse finanziert, Personalchefs nach astrologischen Kriterien entscheiden oder Esoterik an öffentlich geförderten Volkshochschulen und Bildungseinrichtungen unkritisch propagiert wird, dann sind alle betroffen und nicht nur die, die sich selbst dafür entschieden haben.
Und andererseits werden hier direkt mit dem Leid der Menschen Geschäfte gemacht. Viele Leute, die bei esoterischen Hotlines anrufen oder sich in esoterischen Fernsehsendungen beraten lassen, haben ernsthafte Probleme mit oder in ihrem Leben und würden entsprechend ernsthafte und seriöse Hilfe brauchen. Hilfe von vernünftig ausgebildeten (und auch medizinisch/psychologisch ausgebildeten!) Personen und nicht von selbsternannten “Heilern” aus der Esoterikbranche. Aber genau die “beraten” dann an den Hotlines, bei denen man für teures Geld anrufen muss und suggerieren den Menschen mit nichtssagenden Buzzwords, für ihre Probleme würden ganz einfache Lösungen existieren. Lösungen, die dann meistens darauf basieren, noch mehr Geld für esoterische “Beratung” auszugeben.
Diese esoterische Praxis muss kritisiert werden und es ist gut, dass das Peng-Kollektiv genau das gemacht hat. Weniger gut ist meiner Meinung nach die Art und Weise in der diese Kritik stattgefunden hat. Wenn man sich auf so direkte Weise mit den Esoterikern anlegt, dann sollte man unbedingt den Fehler vermeiden, sich selbst angreifbar zu machen. Aber genau das hat man hier eben leider nicht getan.
Astro TV ist ja nicht irgendwer, sondern eine große Firma mit viel Geld die ihr Geschäftsmodell natürlich gegen Kritik verteidigen möchte und das auch tut. Daher sollte man umso mehr darauf achten, ihnen keine Angriffspunkt zu bieten. Wenn man dann aber live auf Sendung im Studio über dem Kopf eines Moderators ein Ei zerdeppert und dann überall im Internet lange Ausschnitte aus genau dieser Sendung verbreitet, dann macht man genau das nicht.
Und darum können die Anwälte von Astro TV jetzt dem Peng-Kollektiv auch Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch vorwerfen, Unterlassungserklärungen verschicken und fordern aus Urheberrechtsgründen die Verbreitung des Videos der Aktion zu unterlassen. Das ist übrigens auch der Grund, warum ich das Video hier im Blog nicht eingebunden habe: Die Rechte an den Bildern der Fernsehsendungen liegen eben nunmal bei Astro TV. Und man kann sie nicht ohne deren Genehmigung verbreiten, egal wie gut man die Aktion findet. Ich will ja auch nicht, dass Leute meine Texte oder Podcasts ohne Genehmigung für ihre Zwecke verwenden; meine Bücher einfach kopieren oder ähnliches. Und muss akzeptieren, dass die Regelungen die das verhindern sollen, eben nicht nur für mich gelten, sondern für alle, auch dann, wenn es mir nicht passt.
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