Damit ist nicht unbedingt die “Steady-State-Theorie” gemeint, die Hoyle gemeinsam mit Hermann Bondi und Thomas Gold in den 1940er Jahren als Alternative zur damals langsam immer populäreren Urknalltheorie entwickelte. Hoyles Vorstellung eines Universum, das keinen einzigen Anfang in der Vergangenheit hat, sondern in einem ständigen, unendlichen Wandel begriffen ist, der ist es immer wieder gleich aussehen lässt, war für die damalige Zeit eine durchaus plausible Hypothese, die dann aber eben später aufgrund von Beobachtungen (zum Beispiel der Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung) widerlegt wurde.
Hoyle hatte aber noch andere unkonventionelle Ideen und zu den unkonventionellsten gehört sicherlich die Hypothese, dass das Leben im Weltall entstanden ist. Das ist an sich noch nicht sonderlich aufsehenerregend (zumindestens heute, damals war es vielleicht noch anders). Mittlerweile wissen wir von vielen Planeten, die auch andere Sterne umkreisen; wir wissen von flüssigem Wasser das sich auf anderen Himmelskörpern unseres eigenen Sonnensystems befindet und wir wissen von Kometen und Asteroiden, die durch die Gegend fliegen und dabei auch Material von einem Himmelskörper zum anderen transportieren können. Es ist nicht unmöglich, das Leben zum Beispiel zuerst auf dem Mars entstand und dann durch Meteoriten auf die Erde gebracht wurde. Es ist auch möglich, dass die Erde ihr Leben ins All exportiert hat. Es ist zwar schwer, so etwas direkt nachzuweisen aber die Wissenschaftler nehmen die Hypothese der “Panspermie” durchaus ernst. Die Experimente, die derzeit zum Beispiel von der Raumsonde Rosetta beim Kometen 67P durchgeführt werden, dienen unter anderem dazu, die Frage zu beantworten, ob das Leben auf der Erde auch wirklich auf der Erde entstand oder anderswo (ich habe hier mehr dazu geschrieben).
Aber Hoyle ging noch einen Schritt weiter. Er war der Meinung, es würde im Weltall geradezu von Leben wimmeln. Nicht auf der Oberfläche anderer Planeten, sondern direkt im All. Er ging davon aus, dass der kosmische Staub, den wir überall zwischen den Planeten und Sternen beobachten, kein “Staub” ist, sondern im wesentlich aus gefriergetrockneten Viren und Bakterien besteht. Um Hinweise zur Unterstützung dieser Hypothese zu finden, beschäftigte er sich mit seinen Kollegen unter anderem mit der Infrarotstrahlung, die aus verschiedensten kosmischen Quellen gemessen werden konnte.
Infrarotlicht ist ein besonders guter Weg, um Staub im Weltall zu identifizieren. Die Staubkörnchen werden vom Licht der Sterne angestrahlt, nehmen die Energie auf und geben sie in Form von Wärmestrahlung wieder. Da die vielen Staubteilchen zusammengenommen eine sehr große Oberfläche besitzen, kommt dabei jede Menge Infrarotstrahlung zusammen die sich auch aus großer Entfernung noch beobachten lässt. Wir haben mittlerweile viele Staubscheiben bei anderen Sternen beobachtet und auch den Staub auch sonst überall im Universum gefunden (sehr zum Leidwesen der Wissenschaftler, die eigentlich was anderes sehen wollen und denen der Staub im Weg steht). Hoyle war aber der Meinung, die Infrarotstrahlung aus dem Weltall würde sich auch durch die Anwesenheit von Polysacchariden erklären lassen. Dazu hat er viele Arbeiten veröffentlicht; zum Beispiel “Polysaccharides and the infrared spectrum of OH 26.5+0.6” im Jahr 1977.
In vielen Details hat Hoyle sogar recht behalten. Komplexe organische Moleküle finden sich überall in den großen Staub- und Gaswolken im Universum. Sie finden sich auch auf Kometen und Asteroiden und es wird immer plausibler, dass diese Himmelskörper tatsächlich die ersten Bausteine für das Leben aus dem All auf die Erde gebracht haben. Aber die Bakterien aus dem Weltall waren dann doch ein bisschen zu viel. Hoyle und sein Kollege Chandra Wickramasinghe gingen sogar so weit zu behaupten, dass die große Grippeepidemie des Jahres 1918 durch außerirdische Bakterien verursacht wurde, die von vorbeifliegenden bzw. einschlagenden Meteoriten in der Atmosphäre der Erde ausgesetzt wurden. Einen außerirdischen Ursprung postulierten sie auch für Polio-Ausbrüche, den Rinderwahnsinn und sogar für das Auftreten von AIDS (und Wickramasinghe fällt heute leider immer noch regelmäßig durch seltsame Veröffentlichungen zu Mikroorganismen im All auf). Hoyle vermutete sogar, dass die Evolution den Menschen deswegen Nasenlöcher an der Unterseite der Nase gegeben hat, um uns vor den Bakterien zu schützen, die aus der Atmosphäre nach unten rieseln…
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